ZOON präsentiert BUDAPEST, WIEN, BUDAPEST 1989 und NEITHER

Das ZOON-Team rund um den (Musik-)Theatermacher Thomas Desi erhält erstmals eine 4-jährige Konzeptförderung vom Kulturamt der Stadt Wien. Für die Arbeit von ZOON sind nicht die tagespolitischen Ereignisse vorrangig, sondern die im griechischen, aristotelischen Begriff des zoon politicon, des Menschen als einem “social animal” formulierte Definition vom Menschen als einem Lebewesen in einem abgegrenzten Raum, zu einem bestimmten Moment, das sein Bedürfnis nach Gesellschaft ausdrückt. (Musik-)Theater ist die/eine Metapher dafür. Als “langsame Einleitung” in das Programm der nächsten vier Jahre gibt es bereits heuer zwei Produktionen zu begutachten: im November BUDAPEST, WIEN, BUDAPEST 1989 (Text: Imre Kertész; Musik: György Ligeti) und im Dezember NEITHER (Text: Samuel Beckett; Musik: Morton Feldman).

 
BUDAPEST, WIEN, BUDAPEST 1989Das berühmte Datum des 9. November markiert heuer nicht nur “20 Jahre Mauerfall”, sondern ist prekärerweise auch Datum der “Reichskristallnacht”, des Novemberpogroms von 1938. Neun Jahre zuvor am selben Tag, heuer vor 80 Jahren, kam in Budapest Imre Kertész zur Welt, der noch nicht 15-jährig, nach Auschwitz deportiert dem Tod entkam, im kommunistischen Ungarn als Schriftsteller überlebte und für seine Romane im Jahre 2002 mit dem Nobelpreis geehrt wurde: Für ein schriftstellerisches Werk, das die zerbrechliche Erfahrung des Einzelnen gegenüber der barbarischen Willkür der Geschichte behauptet  (Zitat aus der Preis-Begründung).

In seinem Essay “Budapest, Wien, Budapest” (geschrieben im Oktober 1989), absolviert Imre Kertész einen Wien-Besuch auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Literatur. Kertész beschreibt 13 verschiedene Orte in Wien. Nicht nur seine ironisch-lakonischen Beobachtungen von Menschen in Wien (im Herbst 1989!) sind bemerkenswert, sein individueller Blickwinkel macht diese Reise zu einer Art Initiationsgeschichte eines bis dahin in Ungarn Festsitzenden, der nun versucht, in dieser andersartigen Umgebung “inkognito” zu bleiben. Inkognito als Ungar, als Jude, als Künstler – in beliebiger Reihenfolge. Immer wieder davon bedroht, dass sein Inkognito durchbrochen wird, ist er gern in Wien gewesen, kehrt aber – wie schon nach der Befreiung aus Buchenwald 1945 – wieder nach Budapest zurück, das er letztlich als seinen ihm angemessenen Lebensort erkannt hat. Ich glaube, ich bin zu einem Leben von höherer Qualität geboren worden, als mir zu leben gegönnt war. Aber das ist eine hochmütige Feststellung, und Hochmut ist im Grunde immer Dummheit. ( Kertész).

Im Dezember wird ein weiteres Projekt mit Datumsbezügen stattfinden: NEITHER.
Am 22. Dezember 1989 starb Samuel Beckett in Paris. Dieser hatte 1976 dem New Yorker Komponisten Morton Feldman auf dessen Ersuchen einen 10-Zeiler auf einer Postkarte geschickt. Das Werk erfuhr seine erste Inszenierung durch Thomas Desi im Auftrag des Center for Contemporary Opera New York. Zwei Aufführungen sind im Brut Konzerthaus zu sehen.

BUDAPEST, WIEN, BUDAPEST 1989
(9. November, Collegium Hungaricum)
Text: Imre Kertész (* 9. November 1929); Musik: György Ligeti

NEITHER (18. & 19. Dezember, Brut Konzerthaus)
Oper in einem Akt. Text: Samuel Beckett (? 22.12.1989); Musik: Morton Feldman

 

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