Ein Duo, bestehend aus Vater und Sohn – zu schön, um wahr zu sein? Nicht bei WORRIED MAN & WORRIED BOY, denn die zwei Wiener stehen wirklich in diesem Verwandtschaftsverhältnis. Auf ihrem neuen Album „Ruhig Bleiben“ feiern sie altersübergreifende Gemeinsamkeiten mit gut gelaunten Gitarren und einer Lässigkeit, von der man sich in der hektischen Gegenwart ein gutes Scheibchen abschneiden sollte.
Und ist es nicht diese Lässigkeit, diese Mir-wurscht- Attitüde, die einen Großteil der authentischen österreichischen Musik ausmacht? Ja, es ist ein Klischee, das vor allem durch die deutschen Nachbarn gefördert wird. Österreicher seien ein bissel langsam, seien ein bissel träge. Aber wenn man sich die heimische Musikszene anschaut, dann sind gerade vor allem Bands im Kommen, die das „Passt-Schon“ zum Motto gemacht haben. Bestes und aktuellstes Beispiel ist Voodoo Jürgens, ein Musiker, der wie die Manifestation des Typs „Wiener Strizzi“ daherkommt. Mit seinen beinhart ehrlichen Texten und dieser zeitlosen Ausstrahlung erobert er zwar nicht die größten Bühnen, aber die meisten Herzen.
Österreichische Mentalität in einem Album vereint
Klischee hin oder her, in den meisten Vorurteilen steckt doch ein Fünkchen Wahrheit. Gibt es in unseren zwei deutschsprachigen Nachbarländern etwa Bands oder Musiker, die an die Mundart-Strizzis erinnern? Da fällt einem partout nichts ein. Der gekonnte Müßiggang, das Verpacken der alltäglichsten Szenarien in witzige Moritaten und das Feiern der Wirtshausgespräche – dies alles mag auch in anderen Ländern besungen werden, aber nicht auf die Art von Der Nino aus Wien, Voodoo Jürgens und Worried Man & Worried Boy.
Und hier soll es ja vor allem um das Album Letzterer gehen. Mit dem Titel „Ruhig Bleiben“ fasst das Duo die Haltung der Platte perfekt zusammen. Gesungen wird über Gartenfeste und darüber, dass es zu Hause am schönsten ist und man sich manchmal selbst ein Haxerl stellt im Leben. Charmant verfasst und gekonnt vertont haben diese zehn Lieder zwei Personen, die sich schon familiär ziemlich nahestehen: Vater und Sohn. Genauer gesagt Herbert Janata (Worried Man) und Sebastian Janata (Worried Boy).
Junior und Senior trennen Lebensjahre, aber nicht der Charme
Janata senior spielte unglaubliche 54 Jahre in der Worried Men Skiffle Group, einer Band, die sich – wie der Name schon sagt – dem Musikstil „Skiffle“ verschrieben hatte. Darunter versteht sich eine Strömung des Jazz, des Blues und der Countrymusik, die sich durch die Verwendung ungewöhnlicher Instrumente auszeichnet. Diese wären etwa ein Waschbrett und eine Waschtonne, aber auch Eimer, Tonnen und Gießkannen. Bei der Worried Men Skiffle Group gab es noch einen besonderen Faktor: Die Liedtexte waren im Wiener Dialekt verfasst.
Und wenn man Songs wie „I bin a Weh“ und „Glaubst i bin bled“ mit den Liedern von Worried Man & Worried Boy vergleicht, merkt man, dass sich die Themen kaum verändert haben. Dabei bilden die zwei Männer schöne Gegensätze auf der Platte. „Gartenfest“, „Alle Luken zu“ und „Lavendellied“ gehören zum Repertoire des Vaters. Mit viel Humor und noch mehr Lebensfreude besingt Janata senior die alltäglichsten Szenerien, ohne dabei in die Belanglosigkeit abzudriften. Man bekommt richtig Lust darauf, älter zu werden und sich den einfacheren Dingen im Leben zuzuwenden.
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Bei Janata junior, der als Bandmitglied von Ja, Panik! auch kein Unbekannter in der Musikszene ist, spielen die Probleme der heutigen jungen Leute die größere Rolle. Kein Wunder, dass Autorin und Berufsmelancholikerin Stefanie Sprengnagel das Video zu „Handkuss“ illustriert hat. Hinter all der guten Laune, dem Laissez-faire steckt halt immer ein Funken Verzweiflung, vor allem darüber, was man mit seinem Leben so alles anstellen soll.
Bestes Beispiel und eins der besten Lieder des Albums ist „Von gschissn auf oasch“. Janata junior singt von dem Leiden im Arbeitsleben, was wiederum für ein allgemeines Leid im Leben steht. Es ist das allzu bekannte Dilemma: Eigentlich stoßen einen der Kapitalismus und die harsche Arbeitswelt ab, trotzdem muss man immer weitermachen, um das Überleben zu sichern. Und da kommt dann die oben schon besprochene Mentalität zum Vorschein: Warum soll ich an etwas zerbrechen, was ich eh nicht so leicht ändern kann? Passt schon so, wie es ist. „Ruhig Bleiben“ mag vom Musikalischen her weder das aktuellste noch das aufregendste Album sein, aber wenn es um Lyrics, Charme und Produktion geht, dann ist es ein Top-Player.
Anne-Marie Darok
Worried Man & Worried Boy live
22.10. Theater am Spittelberg, Wien
27.10. Orpheum, Graz
28.10. Salonschiff Fräulein Florentine, Linz
Links:
Worried Man & Worried Boy (Facebook)
Problembär Records