Es war ein Debüt, das doch einiges an Staub aufwirbelte: „Like Crazy Doves” von CATASTROPHE & CURE. Mit „Undeniable/Irresistable“ wollen die FM4-AWARD-Preisträger des Jahres 2013 nun den nächsten Schritt setzen. JOHANNES EDER (Gesang), MAXIMILIAN ATTENEDER (Keyboard) und SEBASTIAN KARGL (Cello) im Interview mit Alexander Schroeder.
Sie haben letzte Woche gemeinsam mit Bilderbuch in Graz gespielt, wie war‘s?
Johannes Eder: Super! Das war der erste Auftritt zu sechst seit einem dreiviertel Jahr, quasi ein bisschen generalprobenmäßig. Das hat sehr gut funktioniert. Vorher war natürlich die Frage: Vorband und/oder Support, interessiert sich das Publikum überhaupt dafür oder warten die sowieso nur auf Bilderbuch? Das Publikum war aber sehr wohlwollend und interessiert.
Sind Bilderbuch auf Sie zugekommen?
Max Atteneder: Sie haben uns angesprochen, ja.
Johannes Eder: Wir kannten die Typen aber auch schon.
Apropos „schon kennen“: Wie wichtig sind Connections?
Johannes Eder: Sehr wichtig. Wobei man interessanterweise bei unserem ersten Album gemerkt hat, dass es, wenn etwas zum richtigen Zeitpunkt passiert, auch irgendwie ohne Connections geht. Das war ohne Label, ohne Management, ohne irgendwas.
„Quasi in der Hoffnung, nicht auf diesem Tisch zu landen, haben wir einfach das Album zu FM4 geschickt.“
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Sie haben damals auf gut Glück ein Demo an FM4 geschickt?
Max Atteneder: Genau, so wie quasi jede unbekannte Band zu dem Zeitpunkt. Ich war, als ich ein bisschen jünger war, zu Besuch im Studio. Ich kann mich noch erinnern, dass es einen Raucherraum gab, in dem ein fünf Meter langer Tisch stand. Der war voll mit CDs, mit irgendwelchen Demo-Tapes und Kassetten, teilweise unbeschriftet. Quasi in der Hoffnung, nicht auf diesem Tisch zu landen, haben wir einfach das Album zu FM4 geschickt.
Johannes Eder: Man muss auch dazu sagen, dass FM4 einer der wenigen Radiosender ist, die sich wirklich sehr viel Zeit dafür nehmen und versuchen, das alles durchzuhören. Und so ist es ja bei uns gelaufen. Es sind halt nicht nur Connections, aber sie erleichtern natürlich vieles.
Zu „Undeniable/Irresistable“. Sie waren in Stuttgart bei Markus Birkle, mit dem Sie auch schon Ihr erstes Album produziert haben. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Johannes Eder: Wir verstehen uns mit Markus wahnsinnig gut, wir haben musikalisch sehr viele Gemeinsamkeiten. Im Proberaum haben wir an Songs getüftelt und Demos aufgenommen. Die haben wir ihm zugeschickt, damit er über den Stand der Dinge Bescheid weiß. Im Endeffekt war es aber so, dass wir sehr viele Songs auch im Studio ganz neu aufgerollt haben.
Sebastian Kargl: Und das ist eine große Vertrauensfrage. Wenn er zum Beispiel sagt: „Der Song ist zwar cool in seinen Grundzügen, aber lass uns doch mal was raushauen und dafür etwas komplett Neues versuchen“, dann können wir es von ihm relativ gut annehmen. Das ist das Interessante – wenn wir mit Markus im Studio sitzen und entscheiden, etwas Altes wegzunehmen und wieder bei null anzufangen.
Max Atteneder: Die Connection zu Markus besteht vor allem auf einer sehr freundschaftlichen, nicht auf einer Business-Ebene.
„Es war keine bewusste Entscheidung, das Album elektronischer klingen zu lassen.“
Wie haben Sie Markus Birkle ursprünglich kennengelernt?
Johannes Eder: Mein Bruder, der Musik mit The Tiller & The Tide macht, hat damals bei Markus aufgenommen. Für mich war das soundmäßig ein total geiles Album.
Sebastian Kargl: Und nachdem es beim ersten Mal so gut funktioniert hat, war es für uns einfach logisch, dass wir beim zweiten Album wieder zusammenarbeiten. Es hat sich nicht groß die Frage gestellt, bei wem wir es sonst aufnehmen.
„Undeniable/Irresistable“ klingt auf jeden Fall anders als „Like Crazy Doves“, elektronischer. Eine rein persönliche Entwicklung oder gab es einen externen Einfluss?
Johannes Eder: Es war keine bewusste Entscheidung, das Album elektronischer klingen zu lassen. Man verändert sich ja. Was man vor zwei Jahren angezogen hat, ist auch was ganz anderes als das, was man jetzt trägt. Wir wollten uns nicht wiederholen, nicht genau dasselbe nochmal abziehen. Wir haben uns einfach irgendwie treiben lassen, es ist ja immer auch Neugier dabei.
Sebastian Kargl: Wir hatten auch mehr Möglichkeiten und haben diese zugelassen. Vor allem im Studio. Max war dieses Mal auch von Anfang an einbezogen. Man hört auch, dass ein guter Keyboarder dabei ist.
Max Atteneder: Es gibt Songs auf dem Album, die genau so sind, wie sie im Proberaum entstanden sind. „Undeniable/Irresistable“ hingegen war in der Originalfassung eigentlich nur auf dem Klavier aufgehängt. Das ist jetzt eine der elektronischsten Nummern auf dem Album geworden.
Es gibt also keine Faustregel, nach der Sie Ihre Songs schreiben?
Johannes Eder: Nein, meistens ist es so, dass die Grundidee und die Grundstruktur von mir kommen. Wobei dieses Mal einige Songs wirklich originär im Proberaum entstanden sind.
Sebastian Kargl: Und beim letzten Album hatten wir keine Synthesizer. Allein diese Möglichkeit zu haben, beeinflusst den Sound.
In einem älteren Interview hieß es, dass „Like Crazy Doves“ den Prozess des Erwachsenwerdens beschreibt. Erzählt „Undeniable/Irresistable“ auch wieder eine Geschichte?
Johannes Eder: Eine Grundstory im Sinne eines Konzeptalbums gibt es nicht. Es geht schon um mehr oder weniger persönliche Dinge. Mir ist es wichtig, gewisse Dinge offenzulassen. Es ist immer spannender, wenn man selbst in Texte hineininterpretieren kann und das dann auf eigene Lebenssituationen umlegt. Ich finde es relativ langweilig, so etwas gesagt zu bekommen. Grundlegend geht es aber ein bisschen um persönlichen Schiffbruch.
„Im Englischen ist es einfacher, Emotionales zu transportieren, ohne cheesy zu wirken.“
Deutschsprachige Texte kommen für Sie nicht infrage? Geht’s rein um Sprachästhetik?
Johannes Eder: Es ist einerseits natürlich eine sprachästhetische Entscheidung. Wir mögen das Englische gesanglich und textlich mehr. Andererseits ist es eine Frage der musikalischen Sozialisierung.
Sebastian Kargl: Bei mir ist es auch eine Fokusfrage. Sobald ein Sänger auf Deutsch singt, muss ich mich sehr stark auf den Text konzentrieren und kann mich nicht mehr so stark auf die Musik einlassen.
Johannes Eder: Es haben ja beide Sprachen sehr unterschiedliche Qualitäten. Auf Deutsch kann man humoristische Sachen sehr interessant verpacken. Im Englischen ist es einfacher, Emotionales zu transportieren, ohne cheesy zu wirken.
Was hat sich zwischen „Like Crazy Doves“ 2012 und der aktuellen Platte verändert, gibt es besonders wertvolle Erfahrungen, die Sie mitgenommen haben? Dos and Don‘ts?
Johannes Eder: Na ja, es gibt gewisse Sachen, bei denen wir uns einig sind – auf die wir einfach keine Lust haben, wie zum Beispiel die Teilnahme bei einer Castingshow.
Sebastian Kargl: Oder bei politischen Veranstaltungen.
Johannes Eder: Da sehen wir uns einfach nicht. Das sind Dinge, die wir nicht gemacht haben und auch nicht machen werden. Man kann ja heute teilweise auch sehr unkonventionelle Wege bestreiten, ob die funktionieren oder nicht, ist die andere Frage.
Max Atteneder: Beim ersten Album haben wir eigentlich alles selbst gemacht. Die ganze Promotion ist aus unseren Händen gekommen. Das macht jetzt jemand für uns, der das von vornherein mit einer ganz anderen Professionalität angeht.
Diese Aufgaben werden jetzt von Ink Music übernommen, oder?
Max Atteneder: Genau, Ink Music nehmen uns viel Organisatorisches ab, was Booking und Promotion betrifft.
Johannes Eder: Die machen es mit Professionalität. Wir haben einfach die CD aufgenommen und gesagt: „Welt, hier ist sie!“
Sebastian Kargl: Auch weil wir es einfach nicht besser gewusst haben. Man gründet eine Band, man spielt, aber wie bringst du es unter die Leute?
Johannes Eder: Was ich aber total schön finde, ist, dass es so war. Die ganze Professionalität rundherum erleichtert natürlich vieles – wenn man Leute hat, die spezifisch wissen, was man wie machen kann. Andererseits holt man sich Leute mit ins Boot. Es wird über manche Sachen mehr diskutiert – was die nächste Single wird, was wir erreichen wollen etc. Das haben wir früher rein intern ausdiskutiert.
Aber Sie können einige Verantwortlichkeiten guten Gewissens abgeben?
Johannes Eder: Mir fällt es teilweise wahnsinnig schwer, Sachen aus der Hand zu geben. Aber das ist auch etwas, was man lernen muss. Und wir probieren das ja jetzt mit dem Album zum ersten Mal. Es wird sich weisen, wie das funktioniert.
Sebastian Kargl: Das ist auf jeden Fall die signifikanteste Veränderung zum ersten Album – die Maschinerie, die rundherum betrieben wird.
Wie sieht es in Ihrem Privatleben aus? Soweit ich weiß, studieren und arbeiten Sie nebenher, bekommen Sie noch alles unter einen Hut?
Sebastian Kargl: Es ist schon stressig, wir sind sechs Leute. Sechs Leute, die studieren und arbeiten. Das ist schon eine ziemliche Koordinationsfrage. Es hat aber noch keine Crashs gegeben. Jeder weiß schon, was er alles früh genug bekannt geben muss. Bandtermine haben für jeden von uns oberste Priorität.
Johannes Eder: Andererseits ist es aber auch angenehm, nicht nur ein Ass im Ärmel zu haben. Wenn das Album jetzt zum Beispiel überhaupt keinen Erfolg einfährt, ist das natürlich schade. Aber keiner von uns wäre aufgeschmissen.
Zwischen Ende März und Mitte Mai spielen Sie einige Konzerte. Gibt es schon Pläne für den Rest des Jahres?
Johannes Eder: Festivalmäßig wird ein bisschen was los sein, aber wir wissen noch nichts Genaues bzw. dürfen noch nicht so viel sagen. Im Herbst spielen wir vielleicht in Deutschland.
„Österreichische Musik ist auf einmal wieder cool.“
Stichwort Deutschland, man hat zurzeit das Gefühl, österreichische Musik wäre in Aufbruchsstimmung. Der Blick aus dem Ausland richtet sich immer häufiger auf die österreichische Musikszene. Glauben Sie, dass Sie diesen „Hype“ nutzen und auf den Zug aufspringen können? Machen Sie sich darüber Gedanken?
Johannes Eder: Ich weiß nicht so genau, ob man das selbst beeinflussen kann. Es wird ein bisschen von Wanda und Bilderbuch gezogen, weshalb sehr viel mediale Präsenz vorhanden ist. Das kommt der gesamten österreichischen Musikszene zugute. Inwiefern man die Entscheidung treffen und sagen kann: „Ich werd jetzt der nächste heiße Scheiß“, das ist die Frage. Prinzipiell ist die mediale Aufmerksamkeit aber sehr zu begrüßen und es bleibt zu hoffen, dass das weiterhin anhält.
Die österreichische Szene wird ja gerade in den höchsten Tönen gelobt.
Sebastian Kargl: Österreichische Musik ist auf einmal wieder cool. Man merkt das auch beim Publikum und daran, wie die Leute die Musik annehmen. Für mich ist es schon ein gutes Gefühl, Teil von dem Ganzen zu sein. Egal ob du willst oder nicht, du bist Teil davon und schwimmst im Kielwasser von gewissen Zugpferden wie Bilderbuch mit. Die bemühen sich auch, ihren Erfolg zu teilen.
Johannes Eder: Solche Rollen bringen Verantwortung mit sich, das wissen die ja auch.
Max Atteneder: Man hat ein stärkeres Einheitsgefühl. Nicht nur die Musikerinnen und Musiker selbst, sondern auch das Publikum. Das steht dahinter und sagt: „Das sind Österreicher, ist doch cool.“ Ich glaube, das resultiert auch daraus, dass es so etwas sehr lange nicht gegeben hat – diesen Peak, dass der gesamte deutschsprachige Raum nach Österreich schaut. Das ist einer der ausschlaggebenden Gründe, warum das gerade jetzt so einfährt, wie es einfährt. Was aber auch damit zusammenhängt, dass die Leute schon danach gesucht haben. Es gab lange dieses Gefühl: „Wann passiert wieder mal was?“
Johannes Eder: Die haben einfach den Nerv getroffen.
Max Atteneder: Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, würde ich sagen.
Johannes Kargl: Zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort das richtige gelbe Auto gehabt (lacht).
Letzte Frage: Was sagen Sie zu The Makemakes als Kandidaten beim ESC?
Sebastian Kargl: Grundsätzlich freut es mich, dass eine Bandformation gewonnen hat und keine austauschbare Sängerin beziehungsweise kein austauschbarer Sänger. Ich habe das Ganze auch nicht so stark mitverfolgt, aber das, was ich gehört habe, sind super Popsongs, die großartig funktionieren.
Max Atteneder: Eine Freundin von mir hat beim ESC viel zu tun gehabt. Die hat erzählt, dass Zoe beim ORF mehr oder weniger die Lieblingskandidatin war. So ein bisschen die Favoritin. Sie ist sehr erleichtert, dass The Makemakes gewonnen haben, weil dadurch bewiesen wurde, dass die Entscheidung nicht so stark vom ORF und den Produzentinnen und Produzenten abhängt. Ich war selbst mal Teil einer Castingshow und weiß, wie es dort abläuft, was das Voting betrifft. Insofern bin ich mit der Entscheidung total zufrieden.
Johannes Eder: Das ganze Rundherum und wie der ORF das aufgezogen hat, mit sehr unterschiedlichen Bands, ist sehr zu befürworten. Dass man darauf zurückgreift, was eigentlich da ist. Es waren auch wirklich sehr unterschiedliche und spannende Acts dabei, ob Johann Sebastian Bass, Folkshilfe oder The Makemakes. Die haben alle sehr eigene Qualitäten. The Makemakes haben mit ihren Songs dabei den internationalsten Zugang.
Vielen Dank für das Interview.
Alexander Schroeder
Catastrophe & Cure live
13.05. WUK, Wien
Fotos Catastrophe & Cure 1,2: Hannah Todt
Foto Catastrophe & Cure 3: Christian Meislinger