Noch handelt es sich bei dieser Band um einen Geheimtipp. Doch wer „Miss Monroe“ – die Debütsingle des Wiener Vierers HIDDEN GEMZ – bereits gehört hat, wird wohl zum Schluss kommen, dass das nicht allzu lange so bleiben wird. Der von der jungen Truppe zu Gehör gebrachte Hip-Hop, ist einer, der nicht im Purismus verhaftet bleibt, sondern sich auf aufregende und auch lässige Art mit anderen Musikrichtungen verwebt. Auch merkt man, dass hier Musiker am Werken sind, die ihr Handwerk wirklich verstehen und ihre Hausaufgaben in Sachen Songwriting gemacht haben. Im Interview mit Michael Ternai erzählen die vier Köpfe der HIDDEN GEMZ – DIDIER KURAZIKUBONE (Vocals), DAVID MURG (Bass, Keys, Vocals), MATEO SCHMID (E-Gitarre) und JONAS STRONDL (Drums) – über die organische Entwicklung ihres Bandsounds, wie viel Arbeit hinter diesem steckt, und warum es jetzt an der Zeit war, mit der eigenen Musik rauszugehen.
Wann und wo hat eure Band ihren Anfang genommen?
David Murg: Mateo und ich waren in der Unterstufe in einer Klasse. Didier war in unserer Parallelklasse. Über die Schulband, der irgendwann einmal alle von uns beigetreten sind, haben wir uns dann näher kennengelernt. Mit der Zeit haben wir dann auch begonnen, außerhalb der Schule gemeinsam Musik zu machen. In der Oberstufe haben wir dann Jonas kennengelernt. Es ist uns empfohlen worden, ihn in die Band zu holen.
Jonas Strondl: Wir waren in unserer Schule alle in der Musikoberstufe und haben daher generell viel Musik gemacht. Letztlich sind wir nicht daran vorbeigekommen, gemeinsam etwas zu machen. Die Band hat sich also aus der Schule heraus entwickelt und besteht jetzt auch weiter.
Ist euer Sound das Resultat eurer gemeinsamen musikalischen Vorlieben oder hat er sich erst nach und nach organisch entwickelt?
Mateo Schmid: Der Sound ist natürlich zum Teil eine Mischung aus unseren verschiedenen Geschmäckern, aber auch ein Ergebnis unserer gemeinsamen Vorliebe für Hip-Hop. Wir hören privat alle viel Hip-Hop. Dahingehend hat sich unser Sound schon organisch entwickelt. Aber es fließen klarerweise auch Elemente aus anderen Richtungen hinein. David hört zum Beispiel auch gerne Pop, Jonas gerne Fusion. Und irgendwie kommen Elemente dieser Stile bei uns in irgendeiner Form auch vor.
Jonas Strondl: Der Sound hat sich mit der Zeit entwickelt. Uns gibt es ja schon länger und früher haben wir auch ein bissl andere Musik gemacht. Aber mit jedem Song hat sich das Ganze im Laufe der Zeit mehr und mehr Richtung Hip-Hop verschoben.
Didier Kurazikubone: Aber, wie es Mateo gesagt hat, ist dies auf sehr organischem Weg passiert. Je mehr wir miteinander gespielt und je mehr Songs wir geschrieben haben, desto mehr ist uns klar geworden, was für fühlen und wohin es uns treibt. So, kann man sagen, sind wir zu unserem Sound gekommen.
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Für eine so junge Band, wie ihr es seid, hört sich eure Musik verdammt professionell an. Inwieweit hat die Schule da einen Anteil daran?
Mateo Schmid: Also, in der Schule haben wir das nicht gelernt. [lacht]
David Murg: Ich denke, dass das viel mit der Entwicklung unserer Interessen zu tun hatte. Wir wollten damals unbedingt Musiker werden. Und uns war klar, dass, um das zu erreichen, es notwendig war, dass wir uns professionell verhalten und ständig an uns arbeiten.
Mateo Schmid: Wir haben uns viel mit Dingen wie Songwriting und Produktion auseinandergesetzt. Und es dauerte auch wirklich lange, bis wir die Produktion hatten, mit der wir zufrieden waren. Wir hatten davor schon etliche Demos aufgenommen, nur klangen die nie so, wie wir es wollten. So war es zunächst auch bei unserer Single „Miss Monroe“. Wir haben studiomäßig und produzentenmäßig viel herumprobiert.
„Bei uns herrscht der Grundsatz, dass alle Ideen – egal, von wem sie stammen – angehört werden.“
Jonas Strondl: Wir haben mit vielen Leuten gearbeitet und sind zum Schluss gekommen, dass, wenn wir selber aufnehmen und produzieren, das Ergebnis einfach cooler klingt. Der Bereich Produktion interessiert uns schon lange. Und wir haben uns auch wirklich mit dem Thema beschäftigt und uns eingearbeitet, denn wir wollten nicht einfach nur einen Song aufnehmen und den gleich rausschießen.
Didier Kurazikubone: Bei uns ist es grundsätzlich so, dass wir uns die Dinge irgendwie aufteilen. Jeder von uns hat seine eigenen Interessen. Der eine beschäftigt sich lieber mit der einen Sache, der andere mit einer anderen. Wenn bei uns jemand mehr Film mag, dann übernimmt er auch mehr Aufgaben bei den Videos, derjenige, der sich für die Produktion interessiert, beschäftigt sich dann eben mehr mit diesem Thema. Die Interessen teilen sich bei uns gut auf und das führt auch zu dem, was wir machen.
Wie kann man sich vorstellen, wie ein Song bei euch entsteht. Hat jemand die Führung inne oder ist es ein Prozess, an dem alle gleich beteiligt sind?
Jonas Strondl: Natürlich gefällt einem einmal das eine mehr und dem anderen etwas anderes. Aber bei uns ist es schon so, dass wir in solchen Fragen eigentlich immer recht schnell einen Kompromiss finden.
Mateo Schmid: Im Endeffekt ist es so, dass wir vier alle hinter unseren Songs stehen. Bei uns steht ein Song, wenn jeder von uns in dem Moment dasselbe Gefühl hat.
Didier Kurazikubone: Es tragen in unserer Band alle etwas zu einem Song bei. Bei uns herrscht der Grundsatz, dass alle Ideen – egal, von wem sie stammen – angehört werden. Wir glauben nicht, dass eine Idee per se schlecht ist. Wir versuchen schon, sie zum Funktionieren zu bringen. Und wenn sie dann wirklich gut funktioniert, arbeiten wir sie weiter aus. Aber diesen Grundsatz bzw. diesen Zugang haben wir erst erlernen müssen.
Jonas Strondl: Genau. Zu Beginn kam es nämlich schon auch vor, dass wir keinen Bock hatten, eine bestimmte Idee aufzugreifen. Das ist jetzt definitiv anders. Auch wenn jemand in der Band von einer Idee nicht ganz überzeugt ist, wird diese dennoch ausprobiert. Und nicht selten ist man dann überrascht, dass sie eigentlich sehr gut funktioniert.
Was sind eure musikalischen Einflüsse? Mit welcher Musik seid ihr aufgewachsen? Man hört in eurer Musik sehr viele unterschiedliche Stile heraus: Hip-Hop, Funk …
Mateo Schmid: Das ist interessant, da bei uns, glaube ich, eigentlich niemand viel Funk hört. Ich zumindest nicht.
David Murg: Doch ich höre schon Funk. Aber unser Funk ist jetzt nicht wirklich der klassische.
Jonas Strondl: Ich glaube, die Einflüsse kommen auch gar nicht so sehr von einzelnen Musikerinnen und Musikern, sondern eher vom Musikmachen selbst bzw. von der Zeit, in der wir unsere Instrumente gelernt haben.
David Murg: Was meine Einflüsse betrifft, habe ich schon ein wenig Funk gehört, aber auch sehr viel Pop. Dann kam halt irgendwann die Zeit, in der ich begonnen habe, Bass zu spielen, und wenn man Bass lernt, spielt man sehr viel Funk. Über den Funk bin ich dann zum Hip-Hop der 1990er Jahre gekommen, bei dem ja auch viele Funk-Basslines vorkommen.
Didier Kurazikubone: Ich glaube, David ist derjenige von uns, der am meisten Musik aus dieser Ära gehört hat. Ich fand es immer interessant, wenn er zum Beispiel mit Sachen von Tupac ankam. Da haben wir wirklich einige neue Sachen für uns entdeckt.
Groove spielt in eurer Musik auf jeden Fall eine große Rolle.
Mateo Schmid: Ja, definitiv. Groove macht bei uns sehr viel aus.
Jonas Strondl: Wir haben in der Schule viel instrumental gearbeitet, unter anderem haben wir viel Fusion gespielt. Und ich glaube, dass sich aus diesem Einfluss auch einiges in unsere Musik ableitet. Wir versuchen auch nicht immer, uns an eine vorgegebene Form zu halten, sondern brechen sie immer wieder ein wenig auf, indem wir verschiedene Effekte und Bass-Fills verwenden.
Mateo Schmid: Das ist uns schon sehr wichtig. Ein Song entsteht bei uns so, dass zunächst einmal das Instrumentale kommt. Und wir arbeiten schon sehr daran, dass diese auch funktionieren. Daher probieren wir auch vieles aus. Früher waren wir diesbezüglich vielleicht sogar noch etwas komplexer unterwegs und haben vielleicht etwas übertrieben, wenn ich da an unsere Experimente mit diversen Taktverschiebungen denke.
Jonas Strondl: [lacht] Solche Dinge haben wir mittlerweile dann doch etwas zurückgeschraubt.
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Worum geht es bei euch in den Songs?
Didier Kurazikubone: In den Texten geht es oft darum, was mir an Leuten und auch an mir auffällt, wie Menschen miteinander umgehen und sich sozial verhalten. Oder sie reflektieren, was mich gerade beschäftigt und welche Träume ich im Moment habe. Das sind die Themen, die ich anspreche. Ich bin generell eher nachdenklich veranlagt, daher macht es für mich auch Sinn, meine Sichtweise in gewisser Weise in die Songs einfließen zu lassen.
Wir achten auch darauf, dass Text und Musik gut zusammenpassen. Es ist nicht einfach so, dass da ein Instrumental ist und ich meinen Text einfach draufklatsche. Das entsteht schon gemeinsam. Wenn ich die Musik und die Akkorde höre, weiß ich bereits, in welcher Stimmung wir uns befinden. Von dort aus entwickelt sich ein Thema, über das ich sprechen möchte, und dann bauen wir es gemeinsam auf.
Ihr seid mit eurer Band bei Ink Music, einem sehr renommierten österreichischen Indielabel, untergekommen. Wie ist es dazu gekommen?
Jonas Strondl: Es war noch in der Schule bzw. nahe dem Ende dieser, als wir beschlossen haben, den nächsten Schritt in unserer Musikkarriere zu gehen. Deshalb habe ich einige Labels in Wien kontaktiert, und wir haben uns mit einigen von ihnen getroffen. Eines dieser Treffen war mit Nadja Haderer von Ink Music, die relativ schnell auf unsere Anfrage reagierte. Ich glaube, das war vor etwa zwei Jahren, als wir uns das erste Mal trafen. Wir haben den Kontakt aufrechterhalten und Nadja hat uns in verschiedenen Belangen immer wieder unterstützt. Vor etwa zwei oder drei Monaten haben wir dann den Entschluss gefasst, endlich den Schritt zu wagen und unsere erste Single zu produzieren und zu veröffentlichen. Ich denke, wir waren jetzt einfach bereit für diesen Schritt.
Didier Kurazikubone: Ich finde, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt ist. Wir sind mit der Schule fertig und haben ein Label. Die ganzen Sachen werden jetzt angegangen und Projekte geplant. Ich glaube, wir haben im Moment einen guten Flow.
Mit „Miss Monroe” wurde gerade eure erste Single veröffentlicht. Was steht als Nächstes an? Weitere Singleveröffentlichungen? Ein Album? Was habt ihr in eurer Planung?
Didier Kurazikubone: Wir haben auf jeden Fall schon genug Songs geschrieben. Wir haben ja schon während der Schule jede freie Minute darauf verwendet, an Songs zu arbeiten. Da ist schon einiges zusammengekommen. Natürlich gibt es auch ganz alte Sachen, die wir jetzt wahrscheinlich nicht produzieren würden, aber es sind dennoch immer noch genügend da. Jetzt geht es einfach darum, die Singles anzugehen und im Studio zu produzieren, damit wir unsere Musik nach draußen tragen können. Und eine EP ist auch in Planung.
Jonas Strondl: Wir waren die letzten Wochen und Monate wirklich viel im Studio und arbeiten gerade auch intensiv an unseren neuen Singles und unserer EP. Wir befinden uns also gerade im Prozess des Entstehens, aber ich denke, dass wir gut vorbereitet sind.
Herzlichen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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