LUPIN mit „1 Lied gegen Sexismus“ – die Siegerband des PROTESTSONGCONTESTS 2018. Der Bandname LUPIN hat keine eigene Bedeutung, den beiden Musikerinnen hinter LUPIN, HANNAH GUANABANA und TANJA MIEZI, gefällt aber die Assoziation zu Wolf und Vollmond, die der Name auslösen kann. Seit 2013 treten die beiden miteinander auf, wie sie im Interview mit Jürgen Plank erzählen.
Wo war Ihr erster Auftritt?
Hannah Guanabana: Mein erster Auftritt war sicher gemeinsam mit Tanja. Wir haben am Anfang in irgendwelchen Beisln gespielt, wo es einfach Spaß gemacht hat, zu spielen. Unser erster Auftritt in Wien war der im Avalon und bisher haben wir zirka 10 Mal live gespielt.
Wie war es im Avalon zum aller ersten Mal live zu spielen?
Hannah Guanabana: Das war sehr cool, weil wir aus dem Bezirk Krems stammen und dort gab es das Avalon als Lokal zum Fortgehen. Dort waren wir mit 15, 16 Jahre und insofern war es cool für uns, im Avalon unseren ersten Auftritt zu machen.
Tanja Miezi: Das Avalon in Krems gibt es ja nicht mehr, das ist inzwischen nach Wien gewandert.
Wie nervös waren Sie?
Tanja Miezi: Nervös waren wir sicher, aber wir spielen immer in einem sehr persönlichen Rahmen. Wir kennen immer Leute, die im Publikum sind, dadurch ist auch viel Sicherheit da.
Wie kam es zur Teilnahme am Protestsongcontest?
Hannah Guanabana: Wir haben das Lied bei einem Auftritt live gespielt und da waren zwei Bekannte da, die beide unabhängig voneinander gemeint haben: das wäre doch etwas für den Protestsongcontest. Wir hätten sonst gar nicht darüber nachgedacht. Kurz vor dem Einsendeschluss, an einem Samstag, sind wir zusammengesessen und haben darüber geredet, ob wir das Lied einschicken wollen. Der Einsendeschluss war dann schon am Montag, wir haben uns Hilfe von einem Freund gesucht und das Lied schnell aufgenommen und gar nicht damit gerechnet, dass wir dabei sind.
Gibt es schon andere Aufnahmen und wie viele Lieder gibt es zum Beispiel beim nächsten Auftritt?
Tanja Miezi: Aufnahmen gibt es bis jetzt nur von diesem Lied. Wir spielen auch Lieder live, die jede allein geschrieben hat, es sind auch englische Lieder dabei. Insgesamt gibt es ungefähr 10 Lieder von uns.
„Wir haben uns wie in einer Hyper-Reality gefühlt“
Wie sind Sie im Rabenhof in den Wettbewerb gegangen? Welche Erwartungen haben Sie gehabt?
Hannah Guanabana: Wir haben uns wie in einer Hyper-Reality gefühlt, mit einem neuen Maß an Nervosität. Alles war irgendwie unrealistisch. Das war zumindest meine Empfindung.
Tanja Miezi: Ich hatte tatsächlich Angst vor den Fragen von Moderator Michi Ostrowski. Diese Angst hat mich nicht losgelassen.
Hatten Sie mehr Angst vor den Fragen des Moderators als vor dem Auftritt?
Tanja Miezi: Ja. [lacht]
Hannah Guanabana: Ja. Wir hatten auch sehr Angst vor der Jury-Wertung. Auch davor, dass Juror Martin Blumenau uns nicht mögen könnte.
Wie haben Sie den Abend selbst erlebt, bis zur Entscheidung?
Tanja Miezi: Nach unserem Auftritt war ich entspannt und habe mir gedacht: hat gepasst. Ich habe nicht erwartet, dass wir tatsächlich gewinnen. Ich habe den Abend genossen und habe es bis zum Ende der Wertung nicht geglaubt, dass wir gewinnen. Die Gitarre hatte ich auch schon eingepackt, unser Lied am Ende des Abends noch einmal zu spielen, war dann fast ein wenig stressig.
Hannah Guanabana: Ich war auch entspannt, als wir wieder von der Bühne herunter waren. Alle Leute, die im Rabenhof mitgearbeitet haben, waren so lieb zu uns, sodass es ein angenehmer Abend war.
Wie fandet Sie die Lieder der Konkurrenz?
Hannah Guanabana: Großteils sehr gut. Ich würde da nicht von Konkurrenz sprechen, weil es einfach schön war, mit den anderen diesen Abend zu bestreiten und sie kennen zu lernen. Unsere zwei Lieblingslieder sind auf Platz 2 und 3 gelandet: Kapa Tult und Frau Tomani. Wende Punkt auf Platz 4 finde ich auch sehr cool.
Tanja Miezi: Es war Backstage eine nette Stimmung, es wurde viel gequatscht und gescherzt.
Wie ist denn das Siegerlied „1 Lied gegen Sexismus“ entstanden?
Tanja Miezi: Das Lied ist entstanden, weil wir eingeladen waren, bei einem Punk-Konzert zu spielen. Wir haben gedacht, dass unsere englischen Lieder nicht so gut gepasst hätten und haben spontan beschlossen, drei deutsche Lieder zu schreiben. Mit dem Anspruch, dass die Lieder politische Themen aufgreifen. Feminismus ist auch ein Thema, über das Hannah und ich uns ganz viel austauschen.
„Die englischen Lieder sind viel emotionaler und persönlicher als die deutschen Lieder“
Würdet ihr euch als politische Musikerinnen sehen? Oder ist „1 Lied gegen Sexismus“ die Ausnahme in eurem Repertoire?
Hannah Guanabana: Schwierige Frage. Es soll auf jeden Fall nicht die Ausnahme bleiben. Die englischen Lieder sind viel emotionaler und persönlicher als die deutschen Lieder. aber es wäre schon eine Richtung, in die wir gerne gehen möchten: wir wollen auf sarkastische Weise politische Themen ansprechen.
Mit Protestlied verbindet man eher SängerInnen aus den 1960 oder 1970 Jahren, die gegen Kriege und Ungerechtigkeiten in der Welt gesungen haben. Wie seht ihr das Genre heute? Ist es überholt oder noch notwendig?
Hannah Guanabana: Solange es Gründe gibt, ist es auf jeden Fall notwendig. Außer die Probleme haben sich gelöst und es wäre dadurch nicht mehr notwendig.
Tanja Miezi: Das sehe ich genauso. Wenn ich jetzt an Sookee denke, eine Rapperin aus Deutschland, die hat viele politische Lieder. Die höre ich gerne und die finde ich gut.
Hannah Guanabana: Als Trump Präsident geworden ist, gab es plötzlich ganz viele Protestlieder gegen ihn.
Wie waren bisher die Reaktionen auf „1 Lied gegen Sexismus“?
Hannah Guanabana: Die Leute, die uns direkt darauf angesprochen haben, waren alle sehr nett und die Reaktionen waren sehr positiv. Die, die etwas Negatives zu sagen haben, sagen das nicht so direkt.
Tanja Miezi: Stimmt.
Die posten dann eher?
Hannah Guanabana: Genau.
Tanja Miezi: Zu diesem Lied haben wir am meisten Feedback bekommen, weil es ein Thema anspricht, über das man am meisten sprechen kann. Beim ersten Auftritt unter dem Namen Lupin sind viele hergekommen und haben das Lied gleich als ‚Scheiden-Song’ benannt. Es gab Feedback, dass es cool gefunden wurde, dass wir das Wort ‚Scheide’ singen, weil es doch schambesetzt ist. Es gab auch Feedback zum Inhalt und Austausch über Situationen, die Menschen erlebt haben, die ähnlich zu denen im Lied sind. Das sind Alltagssituationen, die manche gar nicht als sexistisch einordnen würden, die aber sexistisch sind.
In einer Strophe wird Sexismus beim Besuch eines Konzertes beschrieben. Ist das eine erfundene Situation?
Hannah Guanabana: Es werden drei Situationen beschrieben, die nicht konkret auf Personen bezogen sind.
Tanja Miezi: Diese Situation ist so nicht passiert, aber so etwas kann passieren.
„Wenn das Lied einen Diskurs schaffen kann, ist das schon etwas Schönes“
Aktuell befindet ihr euch mit „1 Lied gegen Sexismus“ inmitten der #metoo-Debatte, die aus der US-Filmbranche nach Europa gekommen ist und bei der es um sexuelle Übergriffe geht.
Tanja Miezi: Das Lied ist vor der #metoo-Debatte entstanden, ich finde es wichtig, dass dies immer mehr zum Thema wird. Man muss über alles sprechen und zum Thema machen, das Lied ist davor entstanden und hat für mich nicht so einen direkten Bezug dazu.
Hannah Guanabana: Ich finde, unser Lied passt jetzt schon sehr gut dazu, aber es ist mehr oder wenig Zufall, weil es gerade zum Glück immer öfter passiert, dass solche Übergriffe thematisiert werden und das ist total wichtig. Wenn das Lied einen Diskurs schaffen kann, ist das schon etwas Schönes. Auch wenn die Meinungen auseinandergehen. Einfach die Beschäftigung mit dem Thema ist wichtig.
Sie spielen im Duo Melodika, wie kam es dazu?
Hannah Guanabana: Das hat sich ganz zufällig ergeben. Es ist nicht bei allen Liedern so, manchmal spiele ich Gitarre und Tanja spielt Mundharmonika. Wir hatten auch schon ein Cajon dabei. Die Besetzung der Instrumente ist nicht ganz fix.
Wie geht es nun weiter? Wie sehen Ihre Pläne aus?
Hannah Guanabana: Wir haben drei Konzert-Termine, die anstehen, am 9. März spielen wir unser Protestsongcontest-Lied bei einer Veranstaltung zum Weltfrauentag.
Tanja Miezi: Wir haben überlegt, eine EP mit deutschen Liedern aufzunehmen. Vielleicht auch bei der Thematik bleibend.
Ich habe den Eindruck, Sie sind selbst noch etwas überrascht vom Sieg beim Protestsongcontest und müssen sich neu ordnen und Pläne machen.
Hannah Guanabana: Wir machen gleich nach dem Interview eine Besprechung. [lacht]
Tanja Miezi: Wir haben bisher einfach dort gespielt, wo es sich ergeben hat. Wir waren schon dahinter und haben uns immer wieder getroffen, aber Musik zu machen war nicht im Vordergrund für uns.
Ab jetzt vielleicht schon.
Tanja: Schauen wir mal, cool wäre es.
Vielen Dank für das Gespräch
Jürgen Plank
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