Das HERBERT PIXNER PROJEKT kann man durchaus als Phänomen bezeichnen. Ohne eine große Marketingmaschinerie im Rücken, ohne große Radiohits und viel Airplay ist es dem Vierergespann rund um den aus Südtirol stammenden Musiker HERBERT PIXNER gelungen, zu der im Moment wohl erfolgreichsten Band der neuen Volksmusik zu werden. Mit „Lost Elysion“ (GECO Tonwaren) erscheint Ende Juli das neue Album des HERBERT PIXNER PROJEKTS. Der Ausnahmekönner an der Steirischen Harmonika sprach mit Michael Ternai über das Thema des neuen Albums, seinen Drang zu experimentieren, den großen Stellenwert, den Musik in seinem Leben einnimmt, und den Wunsch nach einer Welttournee, die er in Zukunft noch realisieren will.
Sie werden immer als ein Vertreter der neuen Volkmusik beschrieben. Hört man sich durch das neue Album ihres Projekts, stellt man aber fest, dass in den neuen Stücken der volksmusikalische Anteil verschwindend gering geworden ist.
Herbert Pixner: [lacht] Wir sind immer für eine Überraschung gut und haben auf dem neuen Album die Volksmusik ganz bewusst im Hintergrund gelassen. Zwar erinnert ein Teil unseres Instrumentariums mit Steirischen Harmonika und Volksharfe noch an daran, musikalisch sind wir dieses Mal aber doch in eine andere Richtung gegangen.
„Lost Elysion“ liegt ja ein Konzept zu Grunde.
Herbert Pixner: Stimmt. Die Idee, ein Konzeptalbum zu machen, beziehungsweise das komplette Album mit einem Thema zu verbinden und musikalisch zu verarbeiten, hegte ich schon länger. Mit dieser klaren Zielsetzung sind wir schließlich an die Sache herangegangen. Als Thema war bald klar, dass es das Elysium, die Insel der Seeligen sein soll. Sozusagen die Suche nach dem verlorenen Paradies und die Sehnsucht nach dieser friedvollen Welt.
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“Was auch immer, ist doch wurscht”
Wie würden Sie jemandem, der ihre Musik noch nicht kennt, beschreiben? Welchem Genre kommt ihr neues Album an nächsten?
Herbert Pixner: Welchem Genre wir, oder im speziellen das neue Album nun zugeordnet wird, ist mir eigentlich egal. Sagt jemand, dass es Neue Volksmusik ist, mein Gott, dann ist das auch in Ordnung. Ich nehme solche Kategorisierungen mittlerweile gelassen, würde uns aber, wenn es schon ein definiertes Genre sein muss, eher der progressiven Volksmusik zuordnen. Oder vielleicht Crossover, oder Weltmusik. Oder Happy Metal. Was auch immer, ist doch wurscht [lacht]. Am besten ins Konzert kommen oder ins Album reinhören und sich selbst ein Bild davon machen.
Als Beispiel für die immense Offenheit und Weiterentwicklung kann als Beispiel das dritte Stück des Albums herhalten. Es fehlt eigentlich nur noch ein Schlagzeug und die Nummer ginge als eine Art richtig lässige Iron Maiden-Nummer durch.
Herbert Pixner: Oh, danke für das Kompliment [lacht]. Nun ja, bei dem Stück „Toccata from another world“ durfte nicht nur die Steirische Harmonika, sondern auch die Klarinette an die Effektgeräte. Manuel Randi ist bekanntlich ein unglaublich vielseitiger Gitarrist und hat bei diesem Stück die Stratocaster angeworfen. Er kommt ja ursprünglich aus dem Metal und hat als Jugendlicher in verschiedenen Speed-Metal-Bands gespielt. Im Laufe der Zeit ist er in diverse andere Stilrichtungen tief eingetaucht. So hatte er eine Phase, in der er nur Flamenco spielte und viel in Andalusien unterwegs war, in einer anderen hat er sich vorwiegend mit Django Reinhardt beschäftigt. Seine musikalische Vielseitigkeit kommt mir natürlich zugute. Mit dem Wissen über seine Fähigkeiten kann ich die Stücke auch dementsprechend schreiben und arrangieren.
Was man ebenfalls sehr stark raus hört, ist, dass Sie dieses Mal sehr viel mit dem Klang der Harmonika experimentiert haben.
Herbert Pixner: Obwohl die Steirische Harmonika ja von Haus aus schon sehr interessant klingt, habe ich mich seit einiger Zeit auch mit externen Effektengeräten in Verbindung mit der Harmonika beschäftigt. Aufgrund dessen, dass die Steirische ja diatonisch ist und man, was die Tonarten betrifft, sehr eingeschränkt ist, suchte ich nach neuen Klangfarben. Auch im Hinblick auf die Möglichkeiten, die sich uns mittlerweile eröffnen. Wir spielen in immer größeren Häusern und kommen im Gegensatz zu früher nicht mehr ohne elektronische Verstärkung aus. Die Kompositionen entwickeln sich immer mehr zu geschichtenerzählenden Klangbilder und so versuchte ich auch den Sound an diese Gegebenheiten anzupassen. Die Herausforderung bestand darin, genau die Effekte zu finden, die nicht programmiert klingen. Zudem wollte ich nicht erst im Nachhinein – wenn alles bereits fertig aufgenommen ist – die Effekte drüberlegen. So spielte ich die Stücke und Solis in Kombination mit den Effekten ein. Großteils mit Leslie und Oktaver-Effekten. Die Grundvoraussetzung war, dass die Stücke dann auch live zu viert spielbar sind, so wie sie im Studio aufgenommen wurden.
Wie entstehen Ihre Stücke? Welchen Anteil haben ihre Mitmusiker Manuel Randi, ihre Schwester Heidi Pixner und Werner Unterlechner an diesen?
Herbert Pixner: Eigentlich bringe ich die Stücke schon in ziemlich fertiger Form mit. Die Themen, Akkordfolgen, die Improvisationsteile stehen im Grunde genommen schon fest. Der Rest passiert dann in Zusammenarbeit. Wir entscheiden gemeinsam, wie die Begleitungen aussehen, wo wer die Solis spielt, welche Klangfarben wir verwenden, welche Teile welches Instrument übernimmt und so weiter.
„Ich mag es lieber, wenn Stücke vor Publikum noch weiterwachsen dürfen und ich immer neu improvisieren kann.”
Was machen Sie lieber? Im Studio an neunen Stücken oder auf der Bühne stehen und spielen.
Herbert Pixner: Ich bin definitiv mehr der Bühnenmusiker [lacht]. Zwar bin ich auch gerne im Studio, nur bin ich ein sehr ungeduldiger Studiomusiker. Ich mag es lieber, wenn Stücke vor Publikum noch weiterwachsen dürfen und ich immer neu improvisieren kann. Ich brauche das Publikum für die Spannung und die Energie. Deshalb nennt sich unsere heurige Tour auch „Electrifying-Tour“. Also lieber Bühne als Studio.
Mittlerweile füllen Sie mit Ihren Programm allerorts die Hallen. In Deutschland, Österreich, Italien und in der Schweiz. Haben sie, als Sie das Projekt gestartet haben, sich ausmalen können, in welche Dimensionen Sie einmal vorstoßen werden?
Herbert Pixner: Von wegen [lacht]. Das Projekt ist 2005 entstanden. Und das auch nur aus dem Bedürfnis heraus, die eigenen Stücke für mich auf CD zu dokumentieren. Ich hatte damals bereits genug eigene Stücke für ein Album. So führte dann im Laufe der Zeit eins zum anderen. Wir spielten mehr und mehr Konzerte, 2010 organisierten wir unsere erste eigene Konzert-Tour, damals noch in der Trio-Besetzung. Im Jahre 2012 kam dann Manuel Randi fix zum Projekt und von da an ging es dann richtig los.
Natürlich träumten wir damals davon, vielleicht mal in den schönsten Konzerthäusern zu spielen, aber vorstellen konnten wir uns das nicht. Es war irgendwie unvorstellbar, mit nur rein akustischer Musik, ohne irgendwelche Hits wirklich einmal Tickets zu verkaufen [lacht].
Wie gesagt, es hat sich alles irgendwie ergeben. Wir hatten oft Glück, aber wir haben auch immer hart gearbeitet. Wir haben nie auch nur einen Cent an Förderung bekommen und uns ohne Agentur, ohne Management und ohne einem großem Label im Hintergrund irgendwie durchwurschteln müssen. So ist alles langsam und beständig gewachsen. Zu danken haben wir nur unserem Publikum, das uns von Anfang an begleitet hat und unser stetiges Weiterentwickeln und Experimentieren bis heute honoriert. Sonst wäre es auch niemals möglich, die Hamburger Elbphilharmonie, das Salzburger und Bregenzer Festspielhaus oder das Konzerthaus in Wien bespielen zu dürfen. Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, an dem wir sagen können, schöner geht es eigentlich nicht mehr.
„Auf der Bühne zu stehen mit der Absicht, kommerziell so erfolgreich wie möglich zu sein, dafür ist mir die Musik generell und der Prozess des Musikmachens ansich einfach zu wertvoll.”
Das Schöne an der Musik des Herbert Pixner Projekts ist, dass sie wirklich für sich steht, sie sich an keinem Trend oder irgendetwas Angesagtem orientiert. Sie wirkt authentisch. Glauben Sie, ist es vielleicht diese Authentizität, die besonders bei Ihrem Publikum ankommt?
Herbert Pixner: Schwierige Frage. Ich weiß es nicht. Gut, wir beherrschen unser Handwerk recht gut, das ist die Grundvoraussetzung. Aber Musik ist für mich mehr – Musik ist etwas ganz Besonderes und Elementares. Die Energie auf der Bühne, diese besondere Magie, wenn man zusammenspielt und für den Moment nur darauf fokussiert ist, Musik zu machen – das ist mir heilig und das spürt vielleicht auch das Publikum. Ich habe mich nie irgendwelchen Strömungen angepasst. Ich machte zumeist das, was mir grad in den Sinn kommt. Auf der Bühne zu stehen mit der Absicht, kommerziell so erfolgreich wie möglich zu sein, dafür ist mir die Musik generell und der Prozess des Musikmachens ansich einfach zu wertvoll. Natürlich habe ich früher, um über die Runden zu kommen, beihnahe alles gespielt und ausprobiert. Und das war auch eine unglaublich gute Schule. Ich war an unzähligen Musikprojekten beteiligt, habe in zig Bands und Gruppen gespielt. Ich habe mit zeitgenössischen Komponisten zusammengearbeitet, klassische Musik gespielt, Theatermusik geschrieben, bin mit Unterhaltungsmusik in Bierzelten aufgetreten, und, und, und. Aber ich möchte diese Zeit nicht missen. Ich habe von alledem viel mitgenommen. Unter anderem auch das Wissen, was ich nicht mag und auch nicht mehr machen will. Für uns ist das, was wir jetzt musikalisch machen, einfach etwas Selbstverständliches. Und solange wir uns jedes Mal darauf freuen, auf die Bühne zu gehen und zu spielen, solange wird es dieses Projekt auch geben. Vorausgesetzt natürlich es interessiert jemand was wir machen. Sonst ist ziemlich schnell Schluss mit Lustig [lacht].
Sie werden – wie es Ihr Tourkalender verrät – mit dem neuen Album wieder sehr viel unterwegs sein.
Herbert Pixner: Ja. Obwohl wir die Anzahl der Konzerte mittlerweile um die Hälfte reduziert haben. Wir spielen in Deutschland, der Schweiz, Italien und natürlich auch in Österreich insgesamt an die 60 Konzerte. Quasi im gesamten deutschsprachigen Raum. Im Grunde genommen haben wir auch schon für das nächste Jahr die Tour schon fertig geplant.
Nun sind Sie mit Ihrem Projekt schon sehr erfolgreich. Sie haben viele Fans und kommen viel herum. Welchen Wunsch für die Zukunft haben Sie noch?
Herbert Pixner: Oh, da gibt unzählige Ideen, die ich irgendwann umsetzten möchte. Zum einen gibt es bereits ein neues Band-Projekt mit dem Namen Italo Connection. Musikalisch auch schwer einzuordnen. Eine Mischung aus Jestofunk, Zawinul und Riminidisco. Mit dieser Formation spielten wir erstmals heuer im Mai eine kleine Mini-Tour und weil es derart gut ankam, gibt es im Februar 2019 eine weitere Konzerttour. Was das Herbert Pixner Projekt betrifft, werden wir ab April 2019 wieder wie gewohnt auf Tour gehen. In Planung ist für Ende 2019 eine Konzerttour zusammen mit klassischem Orchester und für 2020 ist vorläufig eine kleine Welttournee angedacht. Wir haben in den letzten Jahren viele internationale Anfragen reinbekommen, die wir leider nie wahrnehmen konnten. So gab es die Überlegung, einmal eine mehrmonatige internationale Tour zu spielen. Aber nicht im klassischen Sinn mit täglich von einer Spielstätte zur nächsten reisen, sondern in den Ländern und Städten, in denen wir spielen auch etwas mitzubekommen, deren Kultur kennenzulernen und mit den dort lebenden Musikerinnen und Musikern zusammenzukommen. Um bestenfalls neue Ideen und Einflüsse für unsere Musik mitnehmen zu können. So eine Tour ist halt mit einem enormen finanziellen Aufwand verbunden und so derweil noch ein Wunsch. Alles andere kommt eh wies kommt.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Michael Ternai
Links:
Herbert Pixner Projekt
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