Dass die junge Wiener Band Euphoniques mit ihrer Musik den begeisterungsfähigen Ton zu treffen vermag, hat sie auf ihren bisher zwei Veröffentlichungen – dem Debütalbum „Smooth“ (2019) und der EP „Identity“ (2022) – eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Was die sechsköpfige Truppe rund um die beiden Bandleaderinnen ELENA HOLZER (Gitarre, Songwriting) und MARJORIE ETUKUDO (Gesang) zu ihrem musikalischen Programm macht, ist eine mitreißende bunte Mischung aus Soul, Funk, (Elektro-)Pop, R&B und leichten jazzigen Anleihen, die mit purer Leidenschaft und höchster musikalischer Qualität punktet. Im Interview mit Michael Ternai erzählen die beiden über die Anfänge ihrer Band, ihre musikalische Offenheit, die Message ihrer Musik und über ihr Konzert im Wiener Musikverein am 24. Feber.
Ihr spielt am 24. Feber im Musikverein ein Konzert. Es ist eher ungewöhnlich, dass eine Popband dort auftritt. Wie ist es zu diesem Konzert eigentlich gekommen?
Elena Holzer: Es gibt ja dieses Projekt zwischen dem Musikverein und der Brunnenpassage. Es heißt „Wiener Stimmen“ und soll dazu beitragen, ein breiteres und jüngeres Publikum für das Haus zu gewinnen. Zu den „Wiener Stimmen“ wurden Sänger:innen verschiedener Herkunft eingeladen, die ihre Lieder gemeinsam mit einem Orchester spielen sollten. Marjorie war eine dieser eingeladenen Sänger:innen. Wir haben nicht lange überlegt und schnell zugesagt und beim ersten Teil dieses Projekts zwei Lieder von uns dort gemeinsam mit einem Orchester performt. Im zweiten Teil dürfen die Sänger:innen nun mit ihren Bands ein abendfüllendes Konzert spielen. Und das tun wir jetzt am Freitag. Wir werden an dem Abend gemeinsam mit unserem Gast Elisabeth Gansch vom Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester zum Teil eigene Lieder spielen wie auch klassische Stücke, die wir bearbeitet haben.
Ein Konzert im Musikverein ist sicher eine Ehre.
Marjorie Etukudo: Es ist eine unglaubliche Ehre. Es ist, glaube ich, der Traum einer jeden Künstlerin und eines jeden Künstlers in so einem Haus singen und spielen zu dürfen. Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen blöd, aber zu Beginn der Pandemie, als es niemandem so wirklich toll ging, sprach ich für mich selber heimlich einen Wunsch aus. Und der Wunsch war, einmal im Musikerverein zu performen. Ich dachte mir, dass wäre cool und wunderschön, das auch einmal zu machen. Wie es der Zufall bzw. das Schicksal wollte, meldete sich Gordana Crnko von der Brunnenpassage bei mir und fragte mich, ob ich vielleicht Lust hätte, beim Projekt Wiener Stimmen mitzutun. Elena und ich waren sofort Feuer und Flamme und freuen uns riesig, dass es tatsächlich geklappt hat.
Wie habt ihr zwei eigentlich zusammengefunden?
Elena Holzer: Ich kannte Marjorie schon von früher. Wir haben davor schon in einem anderen Projekt gemeinsam gespielt. Ich war von ihrer Stimme und der Art, wie sie performt, von der ersten Sekunde an angetan. Als ich später dann für meine eigenen Lieder eine Sängerin gesucht habe, dachte ich natürlich sofort an Marjorie und fragte sie, ob sie nicht Lust hätte, Songs von mir einzusingen. Was sie dann auch tat. Das war quasi die Geburtsstunde von Euphoniques.
Marjorie Etukudo: Ich kann mich noch an das erste Konzert erinnern, das wir gemeinsam haben. Mir war sofort klar, dass ich mit Elena länger musikalisch zusammenarbeiten will. Ich mochte die Art, wie sie spielt und arbeitet. Zudem hatte ich davor eigentlich nur Gutes von ihr gehört. Es hat dann zwar ein wenig gedauert, bis wir tatsächlich zusammengefunden haben, aber als sich bei mir meldete, war mir sofort klar, dass ich etwas mit ihr manchen will.
Ihr wart zunächst aber als Duo unterwegs.
Elena Holzer: Genau. Wir waren am Beginn noch ein Duo und haben unsere Lieder zu Hause in Eigenregie eingespielt, eingesungen und produziert. Auf diesem Wege ist auch unsere erste CD entstanden. Irgendwann dachten wir uns aber, dass es cool wäre, auch andere Musiker:innen einzuladen. Ich kannte ja eine Menge. So sind zunächst Christina [Zauner; Anm.] und Byron [Cortes; Anm.] zu uns gestoßen. Da wir für unsere Lieder vorwiegend Soul- und R&B-Beats haben wollten, machten wir uns auf die Suche nach einem Schlagzeuger, der genau ebensolche Beats beherrscht. Ich habe eine Zeit lang im Internet recherchiert und bin dann auf einen Schlagzeuger in Brasilien gestoßen. Der hat dann quasi online uns seine Parts geliefert. So ähnlich unkompliziert ist es auch bei den Bandfotos und dem Albumcover abgelaufen. Schließlich kam dann noch die Idee für ein Video. Marjorie kannte einen Videoproduzenten, den wir dann kontaktierten. Mit ihm haben wir das Video zum Song „Coming Back“ produziert. Im Grunde dauerte der Dreh zwei Stunden und wir hatten eigentlich vor, es als Teil einer Facebook-Story zu verwenden. Wir luden es dann auch auf Youtube hoch und waren überrascht, dass die Klicks schon nach kurzer Zeit in die tausende gingen.
„Wir können das machen, was uns gefällt.“
Ihr seid ja in vielen anderen Projekten tätig. Seht ihr Euphoniques als euer beider Hauptprojekt an?
Elena Holzer: Ja. Bei mir ist es so, dass wenn ich etwas mache, das auch verwirklichen will. Deswegen nehme ich auch alle Songs auf, die ich schreibe. Wenn du ein Konzert spielst, ist es natürlich etwas Schönes, aber das positive Gefühl, welches du dabeihast, vergeht irgendwann. Ich mag es, Dinge in den Händen zu halten.
War es für euch von Beginn an klar, in welche Richtung ihr musikalisch?
Elena Holzer: Wenn du dich entscheidest, mit jemandem zusammenzuarbeiten, weißt du ja schon in etwa, was du von derjenigen Person erwarten kannst. So gesehen, war es für mich auch klar, wohin es mit Marjorie und mir geht. Generell finde ich aber, dass die Frage nach einer bestimmten Richtung eigentlich gar nicht so entscheidend ist. Wenn eine Komposition gut ist, sprich der Kern eines Songs, dann ist es im Grunde egal, in welchem Stil man diese spielt. Zumindest sehe ich das so. Es geht für mich viel mehr darum, welche Emotion und Gefühle ein Lied transportiert. Und die darf nicht verloren gehen. Solange dies nicht geschieht, können die Mitmusiker:innen sich jede Freiheit nehmen.
Marjorie Etukudo: Ich finde es sehr wertvoll, dass wir uns innerhalb der Band auch ausprobieren können und uns nicht in dieses Schubladendenken zwängen müssen. Wir können das machen, was uns gefällt. Natürlich mit dem Ziel einen international klingenden Sound zu kreieren. Es ist sehr schwer die richtigen Menschen zu finden, mit denen man solche Sachen machen kann, weil viele oft das Interesse haben, in eine bestimmte Richtung zu gehen. Das ist bei Euphoniques nicht der Fall. Das Tolle an der Band ist, dass wir einen Mix aus dem machen, was uns allen gefällt. Sei es Neo-Soul, Hip-Hop oder Jazz. Jetzt durch den Gig im Musikverein mischen sich sogar auch Elemente aus der Klassik in unsere Musik. So ein Zugang ist spannend, auch für einen selbst, weil man Dinge dazulernt. Man wächst als Persönlichkeit einfach, wenn man sich immer wieder zu neuen Ufern begibt.
“Unsere Songs sind schon als Popsongs gedacht.”
Diese Offenheit vermittelt ihr auch sehr gut. Eure Musik ist tanzbar und voller catchy Melodien. Sie könnten ohne Probleme überall im Radio laufen. Und dennoch spielt sich in den Songs sehr viel ab. Manchmal klingt sogar Jazziges durch.
Elena Holzer: Unsere Songs sind schon als Popsongs gedacht. Wir sind keine Jazzband. Uns geht es schon um eine klare musikalische Aussage. Der Ausgangspunkt eines jeden Songs ist eine Komposition. Aber ja, die Dinge entwickeln sich stetig. So haben wir jetzt mit Christina und Gerald [Peter; Anm.] zwei Pianisten in der Band, die eine wahnsinnige stilistische Breite abdecken und durch ihr Spiel den Klang unserer Musik nochmal um einige Facetten erweitern. Wir wollen in unseren neuen Songs jetzt zum Beispiel noch mehr cinematische Elemente einbauen. Letztlich bleibt es aber bei unserer Grundidee.
Ein interessanter Aspekt an eurer Band Euphoniques ist, dass ihr alle wirklich einen ganz unterschiedlichen kulturellen und musikalischen Backround habt. Ist das vielleicht auch eines der Geheimnisse der Band?
Marjorie Etukudo: Definitiv. Wir sind eine sehr bunte Band. Und ich denke, wir zeigen auch auf schöne Weise wie kulturell bunt Wien im Grunde ist.
In eurer Musik spielt sich auch ein gewisser Widerspruch ab. Vom Sound her wirkt alles sehr positiv, er vermittelt Lebensfreude, von den Texten her verhält es sich manchmal genau gegenteilig. Ihr gebt euch schon auch sehr gesellschaftskritisch und legt eure Finge in offene Wunden.
Marjorie Etukudo: Wir sind der Überzeugung, dass Musik auch dafür genutzt werden kann auf Probleme oder Missstände hinzuweisen. Wir wollen mit Euphoniques zwar nicht immer nur in Wunden herumwühlen, aber ich sehe es schon als eine Aufgabe von Künstler:innen, Musiker:innen und Sänger:innen, auch Sprachrohr zu sein. Es geht schon auch darum, die Menschen zum Nachdenken anzuregen. Das ist zumindest unser Anspruch. Und es ist ja auch was Schönes, wenn es uns gelingt, mit unserer Musik und unseren Themen zu den Menschen durchzudringen.
Eine Art Alleinstallungsmerkmal eurer Band ist auch, dass sie gleich von zwei Bandleaderinnen angeführt wird. Ein Aspekt, den man hierzulande nicht so oft antrifft. Seht ihr euch da in einer Art Vorreiterrolle?
Marjorie Etukudo: Man kann jetzt nicht sagen, dass wir uns jetzt wirklich in dieser Rolle sehen. Zumindest ist das nicht etwas, das wir bewusst voranstellen und forcieren. Wir arbeiten in erster Linie zusammen, weil wir die Zusammenarbeit miteinander sehr schätzen und wir uns einander respektieren. Wir haben beide in der Vergangenheit genug positive wie auch negative Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht, und diese Erfahrungen fließen bei uns mit ein. Wir arbeiten zusammen, weil es sich einfach richtig anfühlt. Und wenn uns gelingt, Frauen dazu zu ermuntern, es uns gleichzutun, ist es großartig und wunderschön. Außerdem zeigen wir, dass zwei Frauen durchaus auch zusammenarbeiten können, ohne dass es gleich kompliziert wird. [lacht]
Elena Holzer: Wenn es eine gemeinsame Idee gibt und die Leute motiviert sind, dann funktioniert es. Überhaupt ergänzen wir uns alle in der Band sehr gut.
Wie sieht es mit einem neuen Album aus? Seid ihr schon am Songschreiben?
Elena Holzer: Ja, wir haben schon eine Reihe neuer Songs. Aufgenommen sind sie noch nicht, aber wir werden drei im Rahmen des Konzerts im Musikverein vorstellen. Eines von den drei ist ein Instrumental. Wann und ob es ein neues Album gibt, hängt auch davon ab, wie weit wir es mit dem Mix aus R&B und Klassik treiben wollen. Es kann schon sein, dass wir etwas mit einem klassischen Klang machen. Wir sind gerade dabei, uns zu überlegen, ob wir das überhaupt wollen und wie man ein solches Projekt realisieren kann. Da stehen wir noch am Anfang.
Herzlichen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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