Ein Call der Wirtschaftsagentur Wien ermöglicht es, einfacher aus Clubs zu streamen. Währenddessen hatten Fokusgruppen eine recht deutliche Meinung zu staatlichen Hilfspaketen.
Es regne Schaumwein oder so ähnlich! Endlich wurde ein Fahrplan für die Kulturbranche präsentiert. Einige Bereiche der Kunst- und Kulturszene können aufatmen. Auch für die Gastronomie gibt es Licht am Ende des Tunnels. Für die Clubs kann man dies nicht behaupten. Trotz großen Verständnisses für die gesundheitsgefährdende Lage wird es für Clubkultur immer knapper. Einige versuchen sich in Gastronomie, dazu spielen DJs manchmal im Hintergrund, für andere ist das mit guten Gründen keine Option. Über diese Probleme zu reden und Konzepte dafür zu erarbeiten war in den letzten Tagen Hauptteil unserer Arbeit.
Fokusgruppen und politische Arbeit
Um uns einen Überblick zu verschaffen, wo die Clubkultur gerade steht und mit welchen Problemen sie zu kämpfen hat, haben wir vergangene Woche je sieben Veranstalter*innen und Betreiber*innen zu zwei Fokusgruppen eingeladen. Themen waren: Wie geht es euch mit den Hilfsfonds, wie seht ihr die Zukunft der Clubkultur und was wären Optionen für die Zukunft?
Allen Teilnehmer*innen war die schwierige Situation bewusst. Niemand wollte für einen Infektionsherd verantwortlich sein. Unisono hieß es auch, dass die finanziellen Reserven immer knapper werden. Selbst 75 Prozent aller Fixkosten, die durch staatliche Hilfeleistungen gedeckt werden, bedeuten, dass der übrige Teil der Fixkosten selbst zu tragen ist. Das ist über mehrere Monate hinweg ein langsamer Tod. Viele Hilfen wurden beantragt, aber etliche warten noch auf das Geld. Auch hier war ein breites Verständnis für die Arbeit der Politik zu erkennen. Dennoch wird die Zeit immer knapper.
Auch Ideen wie die Corona App oder Open Airs wurden besprochen, aber allgemein als unzureichend empfunden. Dennoch würden sich alle Beteiligten freuen, wenn Clubkultur im Sommer wenigstens Lebenszeichen von sich geben kann. Erfreulich war für uns, dass in beiden Fokusgruppen, die sehr heterogen zusammengesetzt waren, der Kampfgeist weiter hoch ist. Neben dem Verständnis für die prekäre Situation, in der wir derzeit alle stecken, war der Wille zu Lösungen omnipräsent. Diese wurden in einem Paper gesammelt.
Was unter freiem Himmel möglich sein wird
Open Airs wurden in Medien und auch von Politiker*innen immer wieder erwähnt. Deshalb habe ich eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit dem Thema auseinandersetzt. In dieser Gruppe sind drei Veranstalter von langjährigen Open Airs sowie Festivals, ein Spezialist für Sound und Akustik, ein Eventausstatter sowie der Chef eines Sicherheitsunternehmens. Zentrale Frage war, ob und wie sich Open Airs trotz geringer Vorlaufzeit umsetzen lassen, ohne dabei die Gesundheit und Sicherheit aller Beteiligten zu gefährden. Die Ergebnisse können wir in Kürze präsentieren, trotz anfänglicher Skepsis ist jedenfalls ein Vorschlag entstanden, der unter Berücksichtigung einiger Prämissen für alle Teilnehmer annehmbar ist. Offene Fragen und Bedenken gilt es zu klären, etwa wer für die entgangenen Einnahmen im Falle von Schlechtwetter aufkommt oder die Kontrolle des Gästeandrangs. Open Airs waren vor Corona schon kein leichtes Unterfangen. Dennoch sind wir guten Mutes.
Die letzte Woche war jedenfalls ereignisreich. Zu unserem Bedauern war sie für Clubkultur weniger ereignisreich. Immerhin wurde die finanzielle Unterstützung rückwirkend für alle Künstler*innen verdoppelt und die Zugeständnisse für ein langsames Hochfahren von kulturellen Events lassen Hoffnung aufkommen. Hoffen wir, dass es nicht nur bei Steuersenkungen für Schaumwein und alkoholfreien Getränken bleibt. Eines ist sicher, die Clubkultur hat sich noch nicht aufgegeben. (Laurent Koepp)
Hallo Rathaus
Es war höchste Zeit für Fokusgruppen. Dort reden die wahren Expert*innen aus dem Club- und Veranstaltungsbereich, sie haben eine genaue Vorstellung davon, welche Lösungen es braucht. Wir können sie sammeln, aufbereiten und an die Politik weitergeben. So ist ein mehrseitiges Paper entstanden, das bereits mit einigen Vertreter*innen der Politik besprochen und auch im Forum Kultur und Gesundheit vorgetragen wurde – bei dem die Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und Bürgermeister Michael Ludwig anwesend waren. Dieses Paper wird laufend erweitert. Gewisse Arbeiten – etwa die Erhebung bestehender Services – mussten über dem Covid-19-Troubleshooting verschoben werden. Dabei gilt es nach wie vor darzustellen, wieso es eine VCC langfristig braucht. Umso schöner, dass innerhalb von zehn Tagen ein ausgearbeiteter Plan vorliegt. (Martina Brunner)
Wiener Clubs auf einer Karte
307. So viele Clubs und Konzertbühnen sind derzeit auf unserer Landkarte eingezeichnet. Warum sind die beiden nicht getrennt? Nun, weil sich das erstens ändern kann, wo Clubkultur stattfindet und es oft auch gar nicht leicht trennbar ist. Man müsste sich das Programm dieser 307 Orte genau ansehen, anhören und noch ganz genau wissen, was Clubkultur ist und was nicht, um dann zwischen Clubs und Musikspielstätten zu unterscheiden. Aus dieser Karte soll mittelfristig ein Monitor werden. In einer Startup-Show würde man wohl von einem Airbnb für Veranstalter*innen schwärmen. Ganz so weit sind wir aber noch nicht. Niemand wird zum Mitmachen gezwungen, sondern lediglich eingeladen, im Lauf des Sommers einige Fragen zu beantworten. Wie sieht es mit Barrierefreiheit aus, wie können die Räume genutzt werden und zu welchen Konditionen? Die Karte gibt es hier. (Stefan Niederwieser)
UWS Vienna
United We Stream hat bisher unregelmäßig Programm aus Wiener Clubs geboten. Jetzt wird das jeden Freitag passieren. Möglich ist das einerseits, weil Clubs und Veranstalter*innen wichtig ist, dass sie nicht verschwinden und sie deshalb den Großteil der Kosten tragen. Die Vienna Club Commission stellt dabei die Plattform und damit Reichweite zur Verfügung. Die Wirtschaftsagentur Wien unterstützt andererseits über den Call “Creatives For Vienna“ die Anschaffung von Equipment mit 5000 Euro. Mit United We Stream soll Clubkultur weiter sichtbar bleiben. Clubs sind die Ersten, die zusperren mussten und werden wohl die Letzten sein, die wieder aufmachen. Sie müssen hundertprozentigen Umsatzrückgang verkraften und dennoch weiter einen Teil der Fixkosten tragen. (Tobias Kovar)
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Im VCC Blog berichtet die Vienna Club Commission wöchentlich über ihre Arbeit, die damit nachvollziehbarer werden soll. Mehr zur Aufgabe und Arbeit des Pilotprojekts, das durch mica – music austria koordiniert und durch die Stadt Wien Kultur finanziert wird, findet sich hier.