„Wir haben uns nach Sessions zu diesem Album manchmal gefühlt, als ob wir wieder 15 wären.“ – LUEK & MARCO im mica-Interview

Um zwei Unbekannte handelt es sich bei den beiden Köpfen hinter diesem Bandprojekt nicht wirklich. MARCO KLEEBAUER (LEYYA, SHARKTANK) und LUKAS MALETZKY (NAKED CAMEO, LUEK) haben in den vergangenen Jahren sowohl als Musiker wie auch als Produzenten schon mehrmals bewiesen, dass sie den anspruchsvollen und gepflegten Popsound meisterhaft beherrschen und ihn gekonnt in Szene zu setzen wissen. Und dennoch. Ihr eben erschienenes Album „Yada Yada Yada“ (Futuresfuture/Seayou) dürfte manche dann doch etwas mehr überraschen. Die beiden bringen in ihren gemeinsamen Songs nämlich eine neue musikalische Seite von ihnen zum Vorschein, eine laute, wilde und ungestüme. Im Interview mit Michael Ternai erzählen die beiden über die Spontaneität hinter dem Album, warum sie es als befreiend empfinden und den Faktor Spaß, der eine entscheidende Rolle spielte.  

Wo und wann habt ihr euch eigentlich kennengelernt?

Marco Kleebauer: Wir kennen uns schon lange, da wir uns in Oberösterreich in den gleichen Musikkreisen bewegt haben. Man ist sich dort quasi zwangsläufig irgendwann über den Weg gelaufen.

War euch eigentlich gleich klar, dass ihr musikalisch gleich tickt und ihr gut zusammenkommen könntet?

Lukas Maletzky: Ich habe eigentlich immer schon cool gefunden, was Marco macht. Aber dass wir etwas zusammen machen könnten, die Frage stellte sich damals noch nicht.

Marco Kleebauer: Wir sind ja beide auch erst später zum Produzieren gekommen, eigentlich erst in Wien. Man kann also sagen, dass wir uns davor gekannt und gut verstanden haben. Zum ersten Mal richtig zusammengearbeitet haben wir dann beim ersten Album von Naked Cameo, das ich mitproduziert habe. Und das hat super funktioniert. Ab da an haben wir dann viel Zeit miteinander verbracht.

Lukas Maletzky: Da haben wir gemerkt, dass wir musikalisch und auch persönlich sehr gut miteinander auskommen.

Marco Kleebauer: Seitdem haben wir auch vermehrt zusammen etwas gemacht. Unter anderem für Daffodils. Das ist ein Projekt, das ich zwischendurch mal gestartet habe und so in Richtung Soul, Motown und Funk geht. Da haben wir manches gemeinsam geschrieben.

Lukas Maletzky: Die Sachen, die in diesem Projekt entstanden sind, bewegten sich musikalisch allerdings doch in einem sehr klar abgesteckten Rahmen. Es war klar, in welche Richtung wir die Songs schreiben, welche Chords wir verwenden usw. Daher stellte dieses Projekt auch nur eine von vielen musikalischen Seiten von uns dar.

Marco Kleebauer: Das hat schon sehr in einer Box stattgefunden. Was aber auch cool ist. Man kann aus so einer Limitierung ja auch viel herausholen.

Diese Limitierung bestand aber auf eurem neuen Album „Yada Yada Yada“ hörbar nicht.

Marco Kleebauer: Man kann sagen, dass wir auf diesem Album das erste Mal wirklich das gemacht haben, was uns wirklich ausmacht. Wobei man schon dazusagen muss, dass das Album jetzt nicht wirklich geplant war. Es hat einfach der richtige Moment kommen müssen. Und der war eben im letzten Jahr da.

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Unüberhörbar ist ein starker musikalischer Einfluss aus den 1990er Jahren. Grunge, Alternative, Indiepop …

Lukas Maletzky: Das Lustige ist, dass das wirklich ohne jede Intention passiert ist.

Marco Kleebauer: Mir wird jetzt immer mehr klar, dass die Musik dieser Zeit genau die ist, die uns ausmacht. Sie beinhaltet einfach so viel, was uns taugt. Wenn ich nur an Beck denke. Auch wenn vieles von ihm in den 2000ern entstanden ist, es klingt nach den Neunzigern. Und auch viel Musik, die ich jetzt höre und viel später entstanden ist, bezieht sich auf die 1990er. Ich höre ja auch viel Hip-Hop, wie MF Doom oder ähnliche Sachen, das klingt alles sehr viel nach dieser Zeit. Und diese Art samplebasierter Musik haben wir auch einfließen lassen.

Lukas Maletzky: Es ist die Musik, mit der wir sozialisiert worden sind. Wenn wir an ein Projekt herangehen, tun wir das immer mit dem musikalischen Filter, mit dem wir aufgewachsen sind. Und der ist bei uns beiden die Musik der 1990er Jahre. Und das ist vielleicht auch der Grund dafür, warum auf diesem Album auch etwas Nostalgisches mitschwingt. Zumindest nostalgisch für uns, weil wir Musik machen, die uns an unsere Anfänge erinnert. Aber ich denke, das passiert einfach, wenn man sich einen solchen Rahmen gibt, der es einem ermöglicht, sich komplett gehen zu lassen.

Marco Kleebauer: Das ist schön gesagt. Wir haben uns nach Sessions zu diesem Album manchmal gefühlt, als ob wir wieder 15 wären. Weil es einfach so leicht gegangen ist und es sich so neu angefühlt hat.

„Das Befreiende an dem, was wir beide gemacht haben, ist, dass wir uns kurz einmal eine andere Box geschaffen haben.“

Ihr versteht euer Projekt also als eine Art musikalische Spielwiese, auf der ihr euch austoben könnt. Tut ihr das bei anderen Projekten nicht?

Marco Kleebauer: Ich glaube, dass wenn man lange mit Leuten zusammenarbeitet, wie ich es mit Sophie [Lindinger; Anm] bei Leyya zum Beispiel tue, man sich automatisch einen Kontext bzw. eine Box erschafft, in der die Musik passiert. Und es ist sehr schwierig, sich aus dieser zu befreien. Das Befreiende an dem, was wir beide gemacht haben, ist, dass wir uns kurz einmal eine andere Box geschaffen haben. Und die Box, die wir uns zusammengezimmert haben, ist die vielleicht größtmögliche. Sie beinhaltet alles, was aus uns herauskommt. In ihr ist vielleicht alles drinnen. Man hört sicher Einflüsse von Apex Twin heraus, oder solche von Beck, den Beatles, Velvet Underground

Lukas Maletzky: … bis hin zu modernem Stuff. Wir haben auch Parts ausgeborgt, die von modernem Hip-Hop zehren. Es konnte einfach alles passieren und in alle Richtungen gehen. Wir hatten das Gefühl, dass wir eigentlich nichts wirklich falsch machen konnten, ganz einfach, weil es für uns auch kein richtig oder falsch gab.

Cover yada yada yada
Cover “yada yada yada”

Das mit der Abwechslung kann man bei diesem Album wirklich unterstreichen. Kein Song klingt wie der andere. Und dennoch passt erstaunlicherweise alles zusammen.

Marco Kleebauer: Das ist cool, wenn das so wahrgenommen wird. Wir haben uns schon kurz einmal gedacht, dass für jemanden Außenstehenden das Ganze vielleicht auch etwas chaotisch wirken könnte.

Lukas Maletzky: Während wir an den Songs gearbeitet und sie eingespielt haben, haben wir uns wirklich nicht allzu viele Gedanken gemacht. Die sind tatsächlich erst im Nachhinein gekommen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass es zu den Songs, die wir gemacht haben, davor nie Ideen existierten. Wir sind einfach ins Studio und haben und gesagt: „Hier ist ein Drumbeat, machen wir was mit der Gitarre dazu und schreiben vom Scratch die Lyrics dazu.“ Wir haben wirklich alles on the Spot gemacht. Das war eigentlich der Grundgedanke von der ganzen Geschichte.

Marco Kleebauer: Man muss aber schon dazusagen, dass das auch nur geht, weil wir schon auch Erfahrung mitbringen. Wenn wir noch nie im Leben Musik gemacht hätten und so etwas machen würden, käme wahrscheinlich eine Katastrophe raus. Und so schön es auch ist, einmal von dem loslassen zu können, was man gelernt hat, ist es dann doch so, dass man das anwendet, was wichtig ist. Wir wissen, wie ein Song funktioniert, und können daher unseren Fokus auf etwas anderes legen. Ob die Gitarre perfekt gespielt ist, ist vollkommen wurscht, da geht es um die Attitude. Dass sich ein Chorus vom Rest abhebt, ist aber sehr wohl wichtig. So gesehen, ist natürlich nicht alles egal. Es ist zwar alles erlaubt, aber gewisse Parameter müssen schon erfüllt sein.

Lukas Maletzky: Man will halt schon auch, dass die Sachen funktionieren. Und da passiert viel intuitiv aus dem Handwerk heraus, das man erlernt hat.

Marco Kleebauer: Es hätte daher gar nicht so in die Hose gehen können, dass am Ende völliger Bullshit rausgekommen wäre. Entscheidend war für uns, die Energie und der Spaß, die wir in diesen neun Tagen gehabt haben, einzufangen und rüberzubringen.

Man hört auch, dass ihr es lustig hattet.

Lukas Maletzky: Wir haben zum Teil auch die Lacher, die es während den Aufnahmen gab, drinnen gelassen, was wir sonst ja nie machen würden.

Marco Kleebauer: Wir waren zum Beispiel gerade an diesem einen Song, als mich Lukas gefragt hat, ob ich nicht mit auf eine kleine Feier gehen wollte. Ich habe ihm dann geantwortet bzw. eigentlich spontan vorgesungen „I don`t won`t to go to this party“ und habe gelacht. Und dieser Take ist jetzt auf der Platte, weil er einfach so lustig war.

So sehr ihr bei diesem Album Spaß hattet, es ist kein Spaßalbum.

Lukas Maletzky: Nein, auf keinen Fall. Es geht ja nicht nur um Spaß. Das Album bildet ja sämtliche Zustände, die man innerhalb eines Monats haben kann, ab. Es gibt ja Songs, die absolut ernst, unironisch und aufrichtig gemeint sind, so wie „another minute“ oder „ate a lot of crap today“. Die Songs transportieren die Emotionen, die wir genau in diesen Momenten gefühlt haben.

Marco Kleebauer: Ich habe das Gefühl, dass das Album so eine Art Kippbild ist. Wenn ich zum Beispiel „I don`t won`t to go to this party“ singe, klingt das im Moment vielleicht lustig. Ich kann mich aber noch sehr gut an die Zeit erinnern, in der diese Zeile entstanden ist. Ich bin überhaupt kein Partygänger, weil ich mich, wenn ich ehrlich bin, in so einer Umgebung absolut unwohl fühle. Das ist ein Ding, das mich schon länger beschäftigt. Warum kann ich sozial nicht immer so funktionieren, wie ich es mir wünsche. Das ist schon etwas, dass mich auch etwas traurig macht. Deswegen ist Kippbild eine ganz gute Analogie. Man kann den Song auf der einen Seite gut nebenher auf einer Party hören, auf der anderen aber auch in Momenten, in denen es einem nicht so gut geht. Und so verhält es sich eigentlich bei vielen Nummern.

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Macht dieses vollkommen ungezwungene und freie Agieren dieses Album auf zu einem persönlichen? Beschreibt es euch und eure Persönlichkeit mehr, als das, was ihr sonst macht?

Lukas Maletzky: Einen Teil der Persönlichkeit auf jeden Fall. Dieses Projekt stellt zumindest den aufrichtigsten Approach von uns beiden dar.  So ungefiltert und spontan gehen wir eigentlich an kein anderes Projekt heran. Wenn ich zum Beispiel einen Song für meine Band Naked Cameo schreibe, denke ich einfach anders darüber nach, wie ich etwas mache. Es geht vielleicht auch nicht so sehr um die Persönlichkeit per se, die ist ja eh überall drinnen. Bei Naked Cameo geht es aber dennoch viel mehr ums Handwerk und wie man mit diesem den vorgebebenen Rahmen ausfüllt.

Marco Kleebauer: Ich kann nur sagen, dass dadurch, dass ich für unser Duo die Lyrics schreibe, natürlich automatisch viel mehr von mirdrinnen ist. Sonst nehme ich ja eher immer die Produzentenrolle ein. Und das ist ein Teil, der mir immer ein wenig gefehlt hat. Ich liebe es, mit Sophie Musik zu machen, und weiß auch, dass ich jetzt nicht die beste Stimme habe. Aber irgendwie verspürte ich immer schon den Drang, mich, wenn der Rahmen passt, auch auf diesem Wege ausdrücken zu wollen. Und dieses Album hat sich jetzt einfach dafür angeboten.

Jetzt, wo das Album erschienen ist, was habt ihr mit eurem Projekt vor? Wo soll es mit euch als Duo hingehen? Sind Konzerte geplant?

Marco Kleebauer: Ich kann es schwer sagen. Ich singe auf Veröffentlichungen ja erst seit einem Jahr und denke, dass ich hier meinen Platz erst finden muss. Wenn ich auf der Bühne ein Instrument in der Hand habe, weiß ich ja, wie sich das anfühlt. Beim Singen ist es anders. Im Studio weiß ich, wie ich es mache, dass es funktioniert. Auf der Bühne aber weiß ich nicht, wie ich mich fühlen würde.

Lukas Maletzky: Es war schon ein Weg, Marco dazu zu bringen, vor einer Person zu singen. Bei den ersten drei Sessions habe ich noch rausgehen müssen. [lacht] Mit der Zeit sind wir dann eh warm geworden. Aber letztlich ist es Marcos Entscheidung, ob das so passieren wird oder nicht.

Marco Kleebauer: Ich möchte beim Singen nicht immer das Gefühl haben, dass ich das Ganze so schnell wie möglich hinter mich bringen will. Ich will mich dabei wohlfühlen und ein gutes Konzert spielen. Was immer das auch heißt. Es bedeutet ja nicht, dass ich supergut singen muss, es muss die Energie passen. Und da ist es mir egal, wenn ich keinen einzigen Ton treffe. Aber dafür fühle ich mich noch nicht wirklich bereit. Ich merke einfach, dass das ein Prozess ist. In der Theorie hätten wir aber natürlich alle Lust, Konzerte zu spielen.

Herzlichen Dank für das Interview!

Michael Ternai

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