„Wir haben für uns den Sound gefunden, der für alle passt und jeden glücklich macht.“ – JUNIPA GOLD im mica-Interview

Im Grunde genommen war es eigentlich schon auf dem 2019 erschienenen selbstbetitelten Debüt von JUNIPA GOLD zu hören: hier ist eine Band am Start, die durchaus ihre ganz eigene Vorstellung eines Rocksounds hat. Die vierköpfige Vorarlberger Band rund um Frontfrau MIA BERCHTOLD verwandelt den Umstand, dass alle ihre Mitglieder aus unterschiedlichen musikalischen Richtungen kommen, in eine Stärke und schafft so Musik, die in ihren ganz eigenen Farben leuchtet. Als Vorbote für ihre im Mai erscheinende neue EP hat die Band Mitte Feber die Single „When The Kingdoms Collide“ veröffentlicht und mit dieser schon einmal beste Werbung in eigener Sache gemacht. Im Interview mit Michael Ternai erzählen MIA BERCHTOLD, PASCAL THALER (Bass), FABIO BÖCKLE (Schlagzeug) und SASCHA DIMOVSKI (Gitarre) über das Finden des gemeinsamen musikalischen Nenners, die Entwicklung eines eigenständigen Sounds und die Richtung ihrer EP.

Ihr habt mit „When The Kingdoms Collide“ gerade eure neue Single veröffentlicht. Ein wirklich starker Song. Was man an der neuen Nummer auf jeden Fall festmachen kann, dass ihr seit eurem Debüt musikalisch nochmals einen ordentlichen Schritt nach vorne gemacht habt.

Mia Berchtold: Wir haben auch das Gefühl, dass wir uns seit unserem Debüt doch sehr weiterentwickelt haben. Ich merke es auch an mir selbst und meinen Texten. Da ist einiges weitergegangen. Und das ist bei den anderen sicher genauso.

Pascal Thaler: Unser erstes Album ist ja noch vollkommen in Eigenregie in Saschas Keller entstanden. Was wir damals vor allem wollten, ist, etwas in der Hand zu haben, das wir präsentieren konnten. Wir waren ja noch am Start. Der Schritt hin zu unserer neuen EP ist so gesehen ein großer, vor allem was die Professionalität betrifft. Und auch die finanzielle Ausgangslage war eine bessere, wodurch sich für uns auch mehr Möglichkeiten eröffneten. Wir wollten diesen Schritt mit der Erfahrung der letzten vier Jahre auch unbedingt machen. Und ich glaube schon, dass man diesen Unterschied merkt.

Was man über euch immer liest, ist, dass ihr eigentlich alle aus recht unterschiedlichen musikalischen Richtungen stammt. Was man eurem Debüt, finde ich, auch angemerkt hat. Die neue Nummer wirkt dahingehend sehr rund.

Pascal Thaler: Wir haben bei der Produktion dieser EP gemerkt, dass wir uns wirklich gefunden haben. Wir haben zwar alle weiterhin unsere musikalischen Standpunkte und leben diese auch aus, nur haben wir mittlerweile konkrete Vorstellungen, wohin es musikalisch gehen soll. Das war bei unserem Debüt natürlich noch nicht so der Fall.

Fabio Böckle: Das war wirklich ein fließender Prozess und hat sich von Song zu Song immer mehr zusammengefügt. Natürlich immer auch mit ein wenig Diskussion über den einen oder anderen Part, aber letztlich hat sich die Richtung sehr schön herauskristallisiert. Wir haben den Sound gefunden, der für alle passt und jeden glücklich macht.

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„Mit der Zeit hat sich dann eben die Richtung mehr und mehr konkretisiert.“

Eine Frage, die sich bezüglich eures verschiedenen musikalischen Backrounds stellt, ist, wie finden vier so verschiedene Charaktere eigentlich in einer Band zusammen?

Mia Berchtold: Das ist schwierig zu sagen. Es ist irgendwie passiert. Vielleicht war ein Grund, dass wir nicht schon im Vorhinein gesagt haben, was wir machen wollten, sondern zunächst viel ausprobiert haben. Und das hat natürlich seine Zeit gebraucht. Aber ich denke, dass wir mit der Entwicklung sehr zufrieden sein können.

Sascha Dimovski: Genau. Wir waren im Vorhinein nicht fixiert auf irgendein Genre und sind sehr offen an die Sache herangegangen. Das hat uns ermöglicht, viele Dinge auszuprobieren. Was wir auch taten. Mit der Zeit hat sich dann eben die Richtung mehr und mehr konkretisiert.

Pascal Thaler: Zudem waren wir schon vor der Band freundschaftlich miteinander verbunden und jeder wusste vom anderen über dessen musikalische Qualitäten Bescheid. Unser Hauptantrieb war am Anfang einfach der Wunsch, gemeinsam Musik zu machen.

Fabio Böckle: Es war am Anfang auch spannend zu sehen, wie sich der Prozess des Ausarbeitens von Songs entwickelt hat. Mia ist mit ihren Songs, Melodien und vielleicht auch mit gewissen Vorstellungen zu uns gekommen. Und dann hat jeder begonnen, seinen Input zu liefern, wodurch sich der Song dann doch in eine andere Richtung entwickelte. Jeder trägt etwas zu einem Song bei, wodurch letztlich etwas Schönes entsteht. Es ist uns nie darum gegangen, uns irgendwie gegenseitig an die Wand zu spielen, sondern wirklich den gemeinsamen Nenner zu finden.

Pascal Thaler: Es hat jeder irgendwie den Raum, dass er sein Ding machen kann. Auf der anderen Seite gibt jeder darauf Acht, dass die ganze Geschichte nicht überladen wird.

„Mir ist erst vor Kurzen erst so richtig klar geworden, dass wir einen Sound machen, der wirklich schwer zuordenbar ist.“

Ich bin ja ein Kind der neunziger Jahre. Und als ich den „When The Kingdoms Collide“ gehört habe, kamen mir irgendwie Namen wie Anouk und Skunk Anansie in den Sinn. Obwohl ihr natürlich schon euren eigenen Stil habt. Und der ist dann doch sehr vielschichtig.

Pascal Thaler: Was da wieder hineinspielt, sind die verschiedenen Genres, aus denen wir stammen. Von der Art, wie wir spielen, und auch von der Musik her, die wir unabhängig voneinander hören. Bei Mia zum Beispiel sind es Sachen wie Florence & The Machine, die sicher einen gewissen Einfluss haben. Bei mir waren es Nine Inch Nails, Pearl Jam und anderes Zeugs. Und natürlich gibt es auch Sachen, die wir alle gerne hören.

Sascha Dimovski: All diese verschiedenen Vorlieben und Richtungen fügen sich bei uns irgendwie schön zu einem Ganzen zusammen, zu einem Sound, mit dem wir alle sehr zufrieden sind.

Junipa Gold (c) Philipp Mück

Pascal Thaler: Ich finde, dass mit den Bandvergleichen auch sehr spannend. Jeder, der uns mit anderen Bands vergleicht, nennt immer andere. Ich habe selten eine Band zweimal genannt bekommen, wenn es um unsere Musik geht. Und das finde ich toll. Denn es ist für uns die Bestätigung, dass wir nichts kopiert, sondern wirklich unseren eigenen Stil entwickelt haben. Mir ist erst vor Kurzen erst so richtig klar geworden, dass wir einen Sound machen, der wirklich schwer zuordenbar ist. Wir kriegen ja oft die Frage gestellt, wo wir uns denn einordnen würden? Bei der Antwort stottern wir immer noch herum. Aber ich hoffe schon, dass wir einen Vorteil daraus ziehen können, dass wir mit etwas Eigenem daherkommen.

Mia, du bist bei euch auch für die tiefgründigen Texte zuständig. Inwieweit geben die Themen deiner Texte in gewisser Weise auch die Richtung der Musik vor?

Mia Berchtold: Wenn ich mit einem Song komme, erzähle ich den Jungs eigentlich gar nicht, worum es in diesem geht. (lacht) Ich sage ihnen nicht, es geht hier um das oder das, und so soll der Song dann auch rüberkommen. Es ergibt sich am Schluss dann eh immer so, wie es für mich stimmig ist. Bis jetzt hatte ich noch nie das Gefühl, dass ein Song in die falsche Richtung geht.

Pascal Thaler: Es ist meistens so, dass wir erst, nachdem wir den Song auch schon öfters live gespielt haben, Mia fragen, worum es eigentlich geht. (lacht)

In „When The Kingdoms Collide“ machst du das Aufwachsen in einer patriarchischen Struktur zum Thema, und wie schwer es den Leuten fällt, dieses erlernte Denken abzulegen. Sprichst du da auch ein wenig von dir selbst?

Mia Berchtold: In gewisser Weise. Mir wird eigentlich immer erst bewusst, wie sehr mich selber diese eingefahrenen Strukturen prägen, wenn ich irgendwo anders bin. Wie viel von diesen eingefahrenen Strukturen ich in mir habe, obwohl ich das eigentlich gar nicht will.

„When The Kingdoms Collide“ ist auch Vorbote für eure im Mai erscheinende EP? Was darf man erwarten?

Fabio Böckle: Ich glaube, die fünf Songs, die auf die EP kommen, sind schon sehr kräftige Songs. Sie gehen schon in etwa die Richtung von „When The Kingdoms Collide“. Das heißt, es steckt in allen eine tiefgründigere Story, und sie klingen alle eher rockig. Das ist jetzt einmal zumindest bei der EP der Fall. Ob unsere nächsten Veröffentlichungen ähnlich sein werden, das werden wir sehen.

Hier im Osten Österreichs seid ihr ja gerade dabei, euch einen Namen zu machen. In Vorarlberg dagegen weiß man schon, wer ihr seid. Es wird in den regionalen Medien viel Positives über euch geschrieben. Da dürfte schon etwas ins Laufen gekommen sein.

Pascal Thaler: Wir haben gemerkt, dass wir regional doch recht schnell Anklang gefunden haben und uns positionieren konnten. Dagegen merken wir aber auch, wie schwierig es für uns noch ist, den Sprung in die anderen Bundesländer zu finden. Und noch schwieriger ist es nach Deutschland und die Schweiz zu kommen. Wobei, von der Lage es eigentlich nicht besser ginge. Aber mittlerweile funktioniert das mit der Unterstützung unseres Labels immer besser, was uns schon optimistisch stimmt.

Bandfoto Junipa Gold
Junipa Gold (c) Philipp Mück

Sascha Dimovski: Ich glaube, wenn eine junge Band gezwungen ist, auf eigene Faust zu agieren, und quasi alleine nach Locations sucht, ist es für sie schwer, etwas aufzustellen. Speziell, wenn es darum geht, aus dem eigenen Bundesland zu kommen. Da braucht man einfach eine Agentur und Partner dafür.

„Die Band ist für mich eine wirkliche Sicherheit […]“

Von euch gibt es im Netz ja einige schone Livevideos. Wie schafft man es als so junge Band auf der Bühne bereits so routiniert zu performen?

Mia Berchtold: Wie du schon vorher erwähnt hast, habe ich glücklicherweise wirklich gute Musiker hinter mir, die davor schon viel in anderen Bands gespielt haben. Für mich ist Junipa Gold tatsächlich die erste Band. Davor bin ich nicht wirklich viel auf der Bühne gestanden und so gesehen war es am Anfang für mich schon neu, da oben zu stehen und mit eigenen Songs das Publikum zu unterhalten. Die Band ist für mich eine wirkliche Sicherheit, denn vor allem bei den ersten Malen hatte ich schon extremes Lampenfieber.

Fabio Böckle: Aufregend ist es ja immer. Mittlerweile hat sich die Aufregung, auf die Bühne zu gehen, aber schon etwas gelegt. Das war am Anfang natürlich noch etwas anders. Eines unserer ersten Konzerte fand ja in Südtirol statt. Und es war zugleich auch das bislang größte, das wir spielten. Das Konzert fand im Rahmen einer Sportveranstaltung vor etwa 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauern statt. Und ich denke, die Erfahrung, die wir dort machen konnten, und die Aufregung, die wir dort durchgemacht haben, haben uns in Folge schon geholfen.

Nun war livetechnisch in den letzten beiden Jahren ja nicht viel möglich. Als eine Band, die gerade zum Durchstarten ansetze, wie sehr habt ihr euch ausgebremst gefühlt?

Sascha Dimovski: Ich kann nur von mir sprechen, aber nicht live spielen zu können, hat mich schon sehr getroffen. Das ist einfach eine große Leidenschaft von mir, und wenn man die nicht ausleben kann, dann fehlt etwas Essentielles. Hätten wir die Zeit nicht dafür genutzt, neue Songs zu schreiben, dann wäre ich wahrscheinlich in ein Loch gefallen.

Fabio Böckle: Es war in dieser Zeit gar nicht so einfach, die Motivation zu finden, ohne eine wirkliche Aussicht auf etwas hinzuarbeiten. Aber es ist uns dennoch gelungen und das hat uns allen wirklich gutgetan.

Pascal Thaler: Es wäre wahrscheinlich vieles anders gelaufen, wenn es Corona nicht gegeben hätte. Aber durch die Energie, die wir trotz aller Widrigkeiten aufgebracht haben, sind wir jetzt in eine Position gekommen, wieder voll loszulegen und Livekonzerte zu spielen. Mit den Geschichten, die wir in den letzten zwei Jahren gemacht haben, scharren wir alle jetzt wirklich in den Startlöchern.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Michael Ternai

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