Junge Bands haben häufig eine lange gemeinsame Geschichte: Jahre voller Jammen, Üben und Probieren, bis etwas auf eine Platte gebannt wird. Nicht bei WE WALK WALLS. Die vier jungen und sehr pragmatischen Musiker PATRICIA ZIEGLER, SILVIO HASELHOF, STEFAN ELSING und MAZE MATIK haben sich 2012 nicht nur zusammengetan, um eine Band zu werden, sondern auch, um ein Album zu produzieren. Gesagt, getan: Schon 2013 veröffentlichten sie ihr Erstlingswerk „Ceremonies“, das sie in zehn Tagen aufgenommen hatten. Ihre Musik nimmt starke Anleihen an die 1980er- Jahre und vermischt die typischen Synthie-Sounds mit modernen Indie-Elementen, wie Chorgesang und sanften Gitarren. SILVIO HASELHOF und PATRICIA ZIEGLER sprachen mit Anne-Marie Darok, über das neue Album „Opportunity“, über Liveerlebnisse und Musiktrends.
Wie haben Sie als Band zusammengefunden?
Patricia Ziegler: Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ziemlich langweilig.
Silvio Haselhof: Es ist so, dass Stefan, Maze und ich schon vorher Musik gemacht haben, aber eher im deutschen Indie-Pop-Bereich. Dann wollten wir aber etwas daran ändern und haben die Patricia gefunden. Und das war‘s, wirklich sehr unspannend. Wir sind einfach vier Menschen, die gerne zusammen Musik machen. Und dann haben wir nach und nach an unserem Stil gebastelt.
Patricia Ziegler: Es war eben wirklich unromantisch. Ich habe eine Band gesucht und dann die drei gefunden. Wir haben es dann ein halbes Jahr miteinander probiert und es hat gut gepasst. Fürs nächste Interview müssen wir uns was Besseres überlegen, zum Beispiel so was wie: „Ich war bei einer Handleserin …“
Silvio Haselhof: Und die hat gesagt: „Fahr mit dem 13A nach Strebersdorf.“
Patricia Ziegler: Genau, so was erzählen wir nächstes Mal.
Wann haben Sie die Band gegründet?
Silvio Haselhof: Das war 2012. Also ist alles ziemlich schnell gegangen. In den ersten neun Monaten haben wir viel gejammt und geschaut, welche Musik wir überhaupt machen wollen. Das war noch komplett anders als auf unseren Alben.
Patricia Ziegler: Stimmt, wir haben fast schon Folk gemacht gegen Ende dieser Zeit, aber dann habe ich die Notschnur gezogen. So konnte es nicht weitergehen.
Silvio Haselhof: Wir hatten zwar nie ein Banjo, aber das wäre wahrscheinlich der nächste Schritt gewesen.
„Wir sind da mit dem Ziel herangegangen, dass wir eine CD veröffentlichen wollen.“
Sie haben in drei Jahren zwei Alben herausgebracht, das ist ziemlich schnell für eine Newcomer-Gruppe. Wie haben Sie das gemacht?
Patrizia Ziegler: Wir sind alle sehr fleißig, was das Schreiben anbelangt. Also es ist nicht so, dass eine Person schreibt und die anderen spielen nur. Dadurch entsteht laufend neues Material. Wir sind da mit dem Ziel herangegangen, dass wir eine CD veröffentlichen wollen. Deswegen sind wir mit fertigem Material an ein Label herangetreten, was sehr gut funktioniert hat.
Haben Sie Ihr Album „Ceremonies“ wirklich innerhalb von zehn Tagen aufgenommen oder ist das ein PR-Mythos?
Patricia Ziegler: Nein, ein PR-Gag ist das nicht, obwohl zehn Tage wirklich ungewöhnlich schnell sind. Es gibt sogar ein Foto, auf dem Silvio einfach auf dem dreckigen Boden liegt, weil er nicht mehr kann. Und ich glaube, unser Tontechniker war auch fertig mit den Nerven, der wird so was nie wieder machen.
Silvio Haselhof: Ich habe diesen Tontechniker beim zweiten Album angerufen und ihm gesagt, dass wir es wieder bei ihm aufnehmen möchten. Seine Reaktion war: „Ja, klar, aber bitte ein bisschen mehr Zeit diesmal.“ Aber wir sehen das genauso. Damals hat das irgendwie genau gepasst, aber es war ein absoluter Drahtseilakt zwischen supercool und superschlimm.
Würden Sie das Debütalbum wieder so schnell aufnehmen, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?
Patricia Ziegler: Ich finde, fürs erste Album war es angemessen, vor allem weil wir einfach noch Erfahrung gebraucht haben. Man merkt ja auch den Unterschied: Bei „Ceremonies“ ist alles noch ein bisschen flacher, mit weniger Details. Jetzt konnten wir mehr Schichten einbauen und die Sachen detaillierter machen.
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„Dieser Sound hat sich im Proberaum entwickelt.“
Sprechen wir einmal über Ihr neues Album „Opportunity“. Dieser 80er-Jahre-Sound sticht mit den Synthie-Geigen und dem dominanten Schlagzeug wirklich heraus. Ist das auch die Musik, die Sie privat hören würden?
Patricia Ziegler: Ich lasse mich von sehr vielen Sachen inspirieren.
Silvio Haselhof: Bei mir ist es genauso. Oft sind es bestimmte Sounds, auch aus den 1980ern, die mich irgendwie packen und die ich dann in unsere Musik einbauen möchte. Dieser Sound hat sich im Proberaum entwickelt. Und ich würde bei unserer Musik gar nicht von einem Konzept sprechen, doch trotzdem zieht sich ein gewisser Stil durch das Album.
Wenn man sich häufig Modeblogs anschaut, kann es sein, dass man langsam von den Geschmäckern der Bloggerinnen und Blogger beeinflusst wird, ohne dass man es eigentlich möchte. Ist das bei der Musik auch so, dass es einen Grundtenor gibt, der sich langsam und unterbewusst entwickelt?
Patricia Ziegler: Also es gibt schon einen Unterschied zwischen Modeblogs und Fashion-Industrie: Die Blogs sind viel organischer und schleichender, während Trends einfach so bestimmt werden. So auf die Art, dass Moderedakteurinnen und -redakteure in Paris sitzen und bestimmen, dass diesen Sommer die 70’s in sind. Aber man sollte diesen Trends nie folgen, sonst hat man schon verloren.
Silvio Haselhof: Ich weiß, was Sie meinen, wenn Sie von unterschwelliger Beeinflussung sprechen. Ich kenne das von mir persönlich auch. Zum Beispiel haben wir uns mit Sounds beschäftigt und da ist es schon so, dass wir jetzt Sachen verwenden, die wir vor drei Jahren noch nicht verwendet hätten. Es ist eine gewisse Dynamik, die immer vorhanden ist, wenn es um Kreativität geht. Man ist eigentlich immer beeinflusst von dem, was man hört, aber es geht darum, etwas Individuelles – ich will gar nicht sagen Neues, denn das ist die Königsdisziplin – daraus zu machen.
Die britische Künstlerin FKA Twigs hat diese Königsdisziplin gemeistert und einen neuen Sound in die Szene gebracht, den man schon bei neuen Musikerinnen und Musikern hört. Ab wann „darf“ man eigentlich einen solchen Sound benutzen, ohne dass zu viel Ähnlichkeit zum Original besteht?
Patricia Ziegler: Solche Situationen kennen wir auf jeden Fall. Das passiert vor allem im Proberaum und manchmal muss dann einfach „Stopp!“ sagen, weil man so einfach nicht weitermachen kann, ohne dass es zu billig wird.
Silvio Haselhof: Wenn es uns allen auffällt, dann ist grundsätzlich Schluss. Oder wir spielen unsere Musik anderen vor, damit die ihr Feedback dazu abgeben können. Und wenn einer Person, die sich vielleicht nicht so viel mit Musik beschäftigt, Ähnlichkeiten auffallen, dann ist auch Schluss. Wir müssen oft aber selbst abwägen, welchen Song wir wie fertigstellen, ohne dass es ihn schon so ähnlich gibt.
„Heutzutage ist es eine absolute Wichtigkeit ein, wenn nicht sogar drei Musikvideos für ein Album zu haben, weil die Leute das einfach verlangen.“
Das Video zu Ihrer Single „Little Lies“ ist sehr aufwendig und auch mysteriös. Wie kam Ihnen die Idee dazu?
Silvio Haselhof: Ideenmäßig habe ich im Kroatien-Urlaub einfach eine Frau auf einem Pferd vor meinem inneren Auge gesehen und dann habe ich das weitergesponnen. Das Storyboard haben wir dann gemeinsam mit der Produktionsfirma gemacht. Grundsätzlich habe ich mich vom Filmemacher Alejandro Jodorowsky beeinflussen lassen, dessen Filme sehr surrealistisch sind. Da ist nichts linear und man weiß eigentlich nicht, was genau passiert.
Wie wichtig sind eigentlich Musikvideos heute noch?
Patricia Ziegler: Sehr wichtig! Heutzutage ist es eine absolute Wichtigkeit ein, wenn nicht sogar drei Musikvideos für ein Album zu haben, weil die Leute das einfach verlangen.
Silvio Haselhof: Und umgekehrt ist es ja so, dass ich auch gerne Musikvideos von anderen Bands anschaue. Für uns ist es super, weil wir durch die Bilder noch mehr vermitteln können und unsere Musik besser verbreitet wird.
Am Samstag, dem 13. Juni, findet Ihre Album-Release-Party statt. Was war eigentlich Ihr bestes Liveauftritt-Erlebnis?
Patricia Ziegler: Das war ein Studentenfest und vor uns hat eine Cover-Band gespielt.
Silvio Haselhof: Die waren richtig gut!
Patricia Ziegler: Ja, die waren super. Und da war natürlich viel Alkohol im Spiel, sodass die Studentinnen und Studenten am Ende voll zu Robbie Williams „Angel“ abgegangen sind. Wir haben uns echt gedacht, dass wir untergehen werden.
Silvio Haselhof: Wir haben sogar mit einem ruhigeren Song angefangen und trotzdem hat man gleich gemerkt, dass da was zurückkommt. Danach haben mich Leute gefragt, von wem das Lied „Curiosity“ eigentlich sei und von wem die anderen Cover-Sachen seien.
Patricia Ziegler: Die haben sich wahrscheinlich gedacht: „Geile Cover-Band!“
Danke für das Gespräch!
Anne-Marie Darok
We Walk Walls live
CD-Präsentation “Opportunity”
13. Juni 2015
Fluc, Wien
Foto We Walk Walls 1: Matthias Hombauer
Foto We Walk Walls 2: We Walk Walls