„Wir gemeinsam auf der Bühne – das ist die volle Catastrophe & Cure – Experience“ – Catastrophe & Cure im MICA – Interview

Seit mehr als fünfzehn Jahren begeistert Catastrophe & Cure mit Indie-Rock aus Österreich, der internationalen Bands um nichts nachsteht. In dieser Zeitspanne hat die Band immer wieder den Sound geändert und neue Elemente in ihrer Musik eingepflegt. Mit ihrem neuen Album „In the Wind“ (Blank Spots // VÖ: 25.04.’25) bewegen sie sich jetzt wieder zurück zu ihren gitarrengetriebenen Wurzeln. Johannes Eder, die Stimme von Catastrophe & Cure hat sich Zeit genommen für ein Gespräch mit Ylva Hintersteiner. Sie haben über das Erwachsen-werden der Band, den Einfluss der eigenen Geschichten in die Musik und die Wichtigkeit des Live-Spielens gesprochen.

Catastrophe & Cure gibt es jetzt schon mehr als fünfzehn Jahre. Für alle die euch trotzdem noch nicht kennen – fangen wir vielleicht mit einem kurzen Rückblick auf die Bandgeschichte an.

Johannes Eder: Es ist immer schwierig, die eigene Geschichte zu schreiben. Aber im Prinzip sind wir fünf Freunde, die sich schon ganz lange kennen und während der Schulzeit schon begonnen haben, gemeinsam Musik zu machen. 2012 haben wir dann unser erstes Album „Like Crazy Doves“ rausgebracht und haben das Glück gehabt, dass das Album auf recht großes Interesse gestoßen ist. Darauf folgte das Album „Undeniable / Irresistable“, die Mini-EP „Blank Spots“ und zuletzt 2020 das Album „Somewhere Down the Line“. In unserer Bandkarriere haben wir mit unterschiedlichen Sounds gearbeitet. Begonnen hat es mit einem sehr gitarrengetriebenen Songwriting, dann mit dem zweiten Album ging es mehr ins Elektronische und sind zuletzt aber eigentlich wieder beim ursprünglichen, eher gitarrenlastigen Sound gelandet. Wir sind jetzt schon eine Zeit lang dabei mit den dazugehörigen Höhen und Tiefen. Erfreulicherweise waren es aber immer viele Höhen. Inzwischen können wir schon recht stolz zurückblicken und sind froh darüber, dass sich Leute immer noch für unsere Musik interessieren.

Wie ist es zum Namen Catastrophe & Cure gekommen?

Johannes Eder: Auch eine schwierige Frage, denn oft ist der Name einer Band so ein bisschen aus der Not heraus geboren. So war das auch bei uns. Ein Konzert ist bevorgestanden und wir hatten zwar schon Songs, aber noch keinen Namen. Dann ist Catastrophe & Cure als Idee gekommen. Es gibt ja von Explosions in the Sky den Song „Catastrophe and the Cure“. Dieser Dualismus und diese Gegensätzlichkeit der Begriffe haben uns angesprochen. Es hat auch gerade zu unserer damaligen Musik gut gepasst, weil wir viel mit Kontrasten, wie Laut und Leise gearbeitet haben.

„Uns ist es aber trotzdem gelungen, dass wir flexibel genug sind und bleiben, dass auch unter geänderten Rahmenbedingungen, die Band, das Musikmachen und das Live-Spielen weiter bestehen kann.”

In fünfzehn Jahren tut sich einiges. Nicht nur man selbst, sondern auch die Band als Ganzes wird älter. Wie ist es euch damit gegangen?

Johannes Eder: Ich empfinde es als großes Privileg und als total schöne Sache, dass wir so eine lange Geschichte bereits gemeinsam haben. Natürlich schleppt jeder nach so einer langen Zeit auch ein wenig Ballast mit sich rum und es ändern sich die Lebensumstände total. Wir sind alle jetzt um Mitte Dreißig, da hat jeder andere Baustellen, Verpflichtungen und sonstigen Interessen im Leben. Uns ist es aber trotzdem gelungen, dass wir flexibel genug sind und bleiben, dass auch unter geänderten Rahmenbedingungen die Band, das Musikmachen und das Live-Spielen weiter bestehen kann.

Kommen wir zum neuen Album „In The Wind“. Besonders präsent ist der Vergleich zum 90er Jahre Alternative Rock. Hat es spezielle musikalische Einflüsse gegeben, die euch bei diesem Album beeinflusst haben?

Johannes Eder: Ich könnte jetzt keine konkreten Bands benennen. Aber bei mir ist es so, dass in Wahrheit die Gitarre mein erstes und einziges Instrument war. Die habe ich mir von 20 Jahren gekauft und der erste Bezugspunkt war, irgendwelche Akkorde zu schrammeln und dazu zu singen. Das war mein erster Zugang zur Musik und da habe ich jetzt auch wieder angeknüpft. Als musikalische Klammer passt dieses Alternative Rock sehr gut. Der gitarrengetrieben Rock-Song ist halt auch eine Art universelle Sprache. Ich habe in den letzten Jahren auch wieder vermehrt Bands, wie R.E.M und Pixies gehört, vielleicht fließt das indirekt schon auch ein.

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Hat sich am Entstehungsprozess der Musik im Vergleich zu den letzten Alben geändert?

Johannes Eder: Ja, das glaube ich schon. Für uns war es lange Zeit so, dass der Sonntag, der eine Tag war, wo wir von der Früh weg bis am Abend im Proberaum gestanden sind. Meistens bin ich dann schon mit einer Songidee dahergekommen und daran haben wir dann gemeinsam gearbeitet. Jetzt ist es etwas schwieriger geworden, denn wie gesagt, jeder von uns hat auch andere Verpflichtungen und ehrlicherweise ist es auch manchmal gar nicht so schlecht, wenn man den Sonntag zum Ausruhen hat (lacht). Dieses Mal sind wir da eigentlich viel flexibler gewesen. Ich hab schon viel in meinem Home-Studio zuhause an den Songs gearbeitet und hab sie dann wieder ausgeschickt an meine Bandkollegen. Dann ist meistens irgendwas zurückgekommen. Zum Beispiel hat Dominik (Pandelidis, Bass / Gitarre) dann eine Bassline oder ein Gitarrenriff dazu aufgenommen und das wiederum mir zurückgeschickt. Oder wir haben uns doch spontan dann zusammengesetzt und gemeinsam weiter daran gearbeitet. Grundsätzlich war es aber eine sehr flexible Sache.

Wie viel an persönlicher Geschichte und Erfahrung lässt ihr in die Musik einfließen?

Johannes Eder: Die persönliche Erfahrung und Geschichte fließen unweigerlich mit ein. Das Songwriting kommt überwiegend von mir und auf mich prasseln alle Erlebnisse ein, die es um mich herumgibt. Das läuft quasi durch mich durch und daraus entsteht dann ein Text. Es ist aber nicht so, dass ich mich hinsetze und überlege – okay jetzt schreibe ich einen Song über das Thema XY. Sondern meistens ist es so, dass ich mit der Gitarre dasitze und dahinspiele, und dann beginne ich immer relativ schnell zu singen. Es ergeben sich dann meistens so zwei bis drei Phrasen oder Songzeilen, die sehr impulsiv aus mir rauskommen und um diese baue ich dann den restlichen Text herum. Darum finde ich, sind die Texte immer sehr persönlich verwurzelt, stellen aber oft ein abstrakteres Bild dar, bei dem die Hörer:innen selbst überlegen können, was sie hineininterpretieren wollen.

„Ich wollte noch eine andere Klangfarbe in die Songs reinbringen.”

Es gibt 3 Features auf dem Album mit Luca Celine Mueller, le:la und Katrin Paucz – wie ist es zu diesen Kollaborationen gekommen?

Johannes Eder: Es ist ja so, dass das Kernalbum 10 Tracks hat. Aber schon davor sind die Lieder „Not Me Not Now“ und „Cracks in the Pavement” (ft. Katrin Paucz) erschienen und dienen als Art Brücke zwischen dem letzten und dem jetzigen Album. Es war uns wichtig, die Songs jetzt auch physisch zu veröffentlichen und darum sind sie als Bonus oben. Sowohl „Cracks in The Pavement“ (ft. Katrin Paucz) und „Worn Out and Faded” (ft. Luca Celine Mueller) sind relativ schnell fertig geworden, aber im Refrain hatte ich das Gefühl, dass noch etwas fehlt. Da ist dann die Idee gekommen, dass ein Feature eigentlich eine schöne Sache wäre. Bei Katrin weiß ich gar nicht mehr genau, wie ich auf sie gekommen bin, ich wusste nur, dass sie eine super Stimme hat und ich habe sie dann gefragt, ob sie Lust und Interesse an einem Feature hätte und sie hat glücklicherweise zugesagt. Bei Luca war es ähnlich. Max (Atteneder, Keyboard / Synth) hat zu mir gesagt, ich soll mir die Band Gardens anhören, denn die ist super und recht hat er behalten. Ich habe Luca dann auch sofort geschrieben und Luca hat dann auch sofort zugesagt. Beim dritten Song mit Feature „A House to Live In“ habe ich bereits Backing Vocals gehabt, aber ich wollte noch eine andere Klangfarbe reinbringen. Lisa (le:la) habe ich kennengelernt, weil sie in einem anderen Band-Projekt von unserem Bassisten live Keyboard spielt und ich spiele dort Bass. Sie singt bei ihm auch oft Backing Vocals mit und hat ebenfalls eine super Stimme. Sie hat glücklicherweise ebenfalls zugesagt und so sind die Features entstanden. Ich finde es generell nett, wenn man Songs öffnen kann und dadurch noch eine andere Facette reinbekommt.  

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Ich mag die Interludes „Different Possibilities“ und „Circling“ sehr gerne. Zwischenspiele sind heutzutage gar nicht mehr so typisch auf Alben. Warum habt ihr euch dazu entschieden, welche einzubauen?

Johannes Eder: Ich finde ein Album kann, wenn es gut gemacht ist, mehr sein, als nur die Summe der Songs – und das ist auch das Schöne an dem Format. Idealerweise profitiert jedes Lied davon, dass es Teil des Albums ist. Alben können eine auf eine Art Reise mitnehmen. Gerade in so einem Album-Kontext können so Interludes oder Instrumentals sehr gut funktionieren. Sie können ein wenig rausreißen aus dem Flow, aber auch eine Verschnaufpause bieten. Wenn auf einem Album nur Song, nach Song, nach Song kommt, kann das mit der Zeit auch anstrengend zum Hören werden. Ich finde da erfüllen die Interludes eine ganz wichtige Funktion. Gerade „Different Possibilites“ mit dem flirrenden Synthesizer drückt die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten aus, die sich im Leben bieten. Der darauffolgende Song „Stuck“ beschäftigt sich aber dann mit der Kehrseite des Ganzen – die Schwierigkeit angesichts der unendlichen Möglichkeiten schlussendlich eine Entscheidung zu treffen. Die Interludes fungieren bei uns sowohl als Verschnaufpause, erzählen aber auch inhaltlich eine Geschichte.

„Die Sache mit der Flüchtigkeit hat oft auch ihren Reiz, gerade weil die Dinge nicht mehr reproduzierbar sind.”

Auch schon auf früheren Alben spielten melancholische, vielleicht sogar traurige Themen eine wiederkehrende Rolle. So auch auf dem jetzigen Album. Es werden Vergänglichkeit und die Angst vor Verlust angesprochen. In einem früheren MICA-Interview hast du gesagt, dass es schwierig ist fröhliche Musik zu schreiben, die nicht “cheesy” ist. Würdest du dem immer noch zustimmen?

Johannes Eder:
(lacht) Sagen wir so – der melancholische Song kommt scheinbar etwas leichter aus mir raus. Aber ich würde schon sagen, dass ich es nicht so leicht finde, einen fröhlichen Song zu schreiben. Aber auf diesem Album haben wir schon auch den Versuch dazu gewagt dem Ganzen vielleicht auch eine positive Seite abzugewinnen, weil es eben um Themen, wie Vergänglichkeit und Flüchtigkeit, geht. Die Sache mit der Flüchtigkeit hat oft auch ihren Reiz, gerade weil die Dinge nicht mehr reproduzierbar sind. Es war mir wichtig eben auch diese Perspektiven abzubilden – und auch einen etwas optimistischeren, fröhlicheren Song mit „A House to Live In“ auf das Album zu geben.

Mit dem angesprochenen „A House to Live In“ versucht ihr Trost zu spenden. Ist das die „Cure“-Seite an euch?

Johannes Eder: Ja, das glaube ich schon. Der Song ist relativ schnell entstanden und ich habe mich bewusst, dazu entschieden, einmal ein Lied mit einer tröstlichen und positiven Grundhaltung zu schreiben. Im Lied geht es darum, zu sagen, dass nach schweren Zeiten, auch wieder bessere Zeiten auf uns warten. Inwiefern mir das gelungen ist, muss jede:r für sich selbst entscheiden. (lacht)

Die fünfköpfige Band Catastrophe & Cure vor einem weißen Hintergrund
Catastrophe & Cure © Selina Kaar

„Folge ich meinem eigenen Traum, oder habe ich nur den Traum von wem anderen übernommen?”

In „Somebody Else’s Dream“ geht es darum, Angst davor zu haben dem falschen Traum nachzujagen. Hat euch das als Band auch beschäftigt?

Johannes Eder: Interessante Frage. Vielleicht als Band nicht so sehr. Wobei es schon dann so ist, wenn das erste Album gleich gut aufgenommen wird und man gleich einen Amadeus Award gewinnt, man das Gefühl hat, es muss immer weiter bergauf gehen – aber es geht natürlich nicht immer nur bergauf. Wir als Band haben es glücklicherweise geschafft, trotzdem eine positive Sichtweise beizubehalten. Wie gesagt, es gibt uns schon eine Zeit lang und es ist immer noch schön, dass sich Leute dafür interessieren, was wir machen. Beim Song selbst geht es aber mehr um die Art, wie ich mich mit Entscheidungen auseinandersetze. Habe ich die Entscheidung, etwas zu tun, von mir selbst heraus getroffen, oder habe ich sie doch nur getroffen, weil das so von mir erwartet wird? Folge ich meinem eigenen Traum, oder habe ich nur den Traum von wem anderen übernommen? Diese Fragestellungen kennen und beschäftigen sicherlich viele. Uns war es aber auch wichtig wieder eine andere Sichtweise wieder mit dem Song zu vermitteln. Im letzten Teil des Liedes verändert sich der Text dahingehend, dass das eigene Leben, im positiven Sinn, vielleicht der Traum von jemand anderem ist. Ich finde, dass kann oft auch ein ganz guter Zugang sein, einen Schritt zurück zumachen und eine andere Perspektive auf die Dinge einzunehmen und dadurch zu erkennen, was man eigentlich alles schon erreicht hat.

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„Es ist total schön, auf der Bühne zu stehen, denn es hat sowas Unmittelbares.”

Zusätzlich zum neuen Album geht ihr auch auf Tour. Wie wichtig ist euch das Live-Spielen als Band?

Johannes Eder: Total wichtig. Wie besprochen, verändert sich der Entstehungsprozess eines Albums durch die Lebensumstände. Aber das Live-Spielen macht uns allen nach wie vor, extrem viel Spaß und ist fixer Bestandteil unserer Musik. Es ist total schön, auf der Bühne zu stehen, denn es hat sowas Unmittelbares. Wir gemeinsam auf der Bühne – das ist die volle Catastrophe & Cure – Experience. Wir freuen uns schon sehr darauf!

Gibt es einen Song vom neuen Album, auf den du dich Live besonders freust?

Johannes Eder: Das ist gar nicht so leicht zu sagen, weil die Live-Umsetzung wieder ganz anders ist, als die Studioaufnahme. Es gibt Songs, die am Album extrem gut funktionieren, aber gar nicht so leicht sind, live umzusetzen. „Like A River“ ist ein Lied, das mir persönlich extrem gut gefällt, aber bei den Proben haben wir gemerkt, dass es gar nicht so einfach ist, ihn wirklich on-point rüberzubringen. Andererseits ist „In the Wind“ ein Lied, das superleicht von der Hand geht. Aber grundsätzlich freue ich mich auf alle neuen Songs.

Die Tour beginnt im Röda in Steyr – also quasi ein Heimspiel für euch. War das Zufall oder geplant?

Johannes Eder: (lacht) Nein, es war jetzt keine Absicht und der „Heimspiel-Bonus“ ist bei uns, da wir jetzt alle seit mehr als fünfzehn Jahren in Wien wohnen, auch nicht mehr so groß. Trotzdem ist es sehr schön, wieder dort zu spielen und wir kehren gern in den Kulturverein Röda zurück. Immerhin ist es der Ort, wo wir alle in der Band so unsere ersten Konzerte gesehen und gespielt haben.

Abschließend – wie sieht, abgesehen vom bevorstehenden Albumrelease und der Tour, die Zukunft von Catastrophe & Cure aus? Habt ihr euch als Band bereits nächste Ziele gesetzt?

Johannes Eder: Ehrlicherweise noch nicht wirklich. Es hängt von so vielen Faktoren ab und ich brauche nach so einem Album auch immer etwas Abstand. Es macht viel Spaß ein Album fertig zu machen, aber es steckt auch viel Arbeit dahinter. Daher schadet eine kleine Pause nicht. Aber – es geht definitiv weiter. Man spürt schon, dass das tiefe Verlangen Musik zu machen, bei uns allen noch immer da ist und weiterhin bestehen bleibt und das bahnt sich dann immer wieder so seine Wege in Form von neuer Musik.

Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!

Ylva Hintersteiner

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