„Femoso“ lautet die Überschrift beim 26. Akkordeonfestival, das am 22. Februar 2025 in Wien beginnt: diese Wortkreation verbindet femme und famos, denn heuer stellt das Festival insbesondere Frauen am Akkordeon ins Zentrum. Im Gespräch mit Jürgen Plank erzählen die beiden Kuratorinnen LISA REIMITZ und FRANZISKA HATZ von der Festivaleröffnung mit ANNE NIEPOLD (Belgien) und JOHANNA JUHOLA (Finnland) und thematisieren einen Dokumentarfilm über Otto Lechner, der im Rahmen des Akkordeonfestivals Premiere feiert. Lechner wird gemeinsam mit dem SLOVENIAN WOMEN ACCORDION ORCHESTRA an einer neuen Spielstätte in Wien Neubau auftreten. Außerdem bewegt sich das Festival heuer von Wien aus in die Bundesländer Niederösterreich und Steiermark.
Ihr geht als Kuratorinnen beim Akkordeonfestival in euer zweites Jahr. Welche Erkenntnisse habt ihr aus dem ersten Jahr gewonnen, in dem ihr auch das klezMORE-Festival und den Musikalischen Adventkalender betreut habt?
Lisa Reimitz: Wir haben auf jeden Fall bemerkt, dass die Festivals einen sehr ambitionierten Zeitplan haben und gefühlt direkt aufeinander folgen. Es sind drei Festivals – einmal liegen zwei Wochen dazwischen, einmal sechs Wochen. Da merkt man schon, dass das an die Substanz geht und viel Arbeitskraft erfordert.
Die längste Pause gibt es zwischen dem Akkordeonfestival im Frühjahr und dem klezMORE-Festival im Herbst.
Lisa Reimitz: Bevor das klezMORE-Festival im November beginnt, passiert sehr viel organisatorische Vorbereitungsarbeit: da wird kuratiert, es werden Spielstätten gebucht, damit dann die Saison wieder los gehen kann: Für mich fühlt sich der Winter inzwischen wirklich wie eine Festival-Saison an.
Damit zum heurigen Programm des Akkordeonfestivals, es steht unter der Überschrift „Femoso“. Was bedeutet das?
Lisa Reimitz: Femoso ist eine Wortkreation, bestehend aus femme, französisch für die Frau und famos, großartig. Das soll die Großartigkeit der Frauen am Akkordeon abbilden. Für mich ist an diesem Schwerpunkt markant, dass es ein Eröffnungswochenende gibt, an dem gleich zwei aufregende Akkordeonistinnen aufspielen werden: am 22. Februar ist das Anne Niepold im Ehrbarsaal und am 23. Februar Johanna Juhala im Theater Akzent.
Franziska Hatz: Der Schwerpunkt geht natürlich weiter. Wir werden am 8. März, am Internationalen Frauentag, im Porgy & Bess eine Jazz-Größe aus der Schweiz präsentieren: Lea Gasser. Sie war im vorigen Jahr schon im Duo da und ich freue mich, dass sie heuer mit ihrer ganzen Band da sein wird. Und wir haben eine Album-Präsentation mit Marlies Fürst alias Maola mit Band in Purkersdorf. Und auch bei den Stummfilmen haben wir darauf geachtet, dass sie live von einem Mann und einer Frau begleitet werden.
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Wie war es bevor ihr übernommen habt? Ich hatte den Eindruck, dass euer Vorgänger Friedl Preisl, der das Festival begründet hat, auch auf die gleichberechtigte Teilnahme von männlichen und weiblichen Künstler:innen geachtet hat.
Franziska Hatz: Genau, Friedl hat immer sehr darauf geschaut. Auch bei den Titelbildern des Folders bzw. bei den Plakaten hat er seit Beginn an abwechselnd Männer und Frauen gezeigt. Tatsächlich wurde ich darauf angesprochen, und das hat mich sehr gewundert im letzten Jahr, ob ich jetzt nur mehr Frauenfestivals mache, obwohl das gar nicht das Thema war.
Lisa Reimitz: Es ist so, dass es von außen oft so wirkt, als würden bei allen drei Festivals eh viele Frauen auf der Bühne stehen. Wenn man dann eine Statistik macht, stehen auf einmal ganz andere Zahlen da. Daran merkt man, wie stark sich das Bild einer Frau auf der Bühne einprägt: man hat dadurch den Eindruck, es würden nur mehr Frauen spielen. Die Quote sagt aber etwas anderes.
Einen starken Eindruck macht stets Otto Lechner. Er ist jedes Jahr als Musiker dabei und heuer gibt es sogar einen Film über ihn im Rahmen des Festivals zu sehen.
Franziska Hatz: Der Film „Otto Lechner – Der Musikant“ wurde in den letzten fünf Jahren von Bernhard Pötscher gedreht und Pötscher hat mich angerufen und gemeint, dass sein Film im Februar 2025 in die Kinos kommt. Es wäre ungeschickt gewesen, diesen Film nicht im Rahmen des Akkordeonfestivals zu zeigen. Otto Lechner war ja ein Mitgrund für Friedl Preisl dieses Festival zu starten, Friedl hat mal gemeint: Der Otto ist ein Weltstar und keiner kennt ihn. Das ist so und wenn es einen Film über ihn gibt, müssen wir den Film bringen. Und Otto Lechner wird heuer gemeinsam mit dem Slovenian Women Accordion Orchestra auftreten.
„ES GIBT IMMER EINE GROSSE VIELFALT AN SPIELSTÄTTEN, EINIGE HABEN WIR ÜBERNOMMEN, ABER JEDES JAHR KOMMEN AUCH NEUE DAZU“
An einem neuen Spielort des Festivals, einer Evangelischen Kirche im 7. Wiener Gemeindebezirk.
Lisa Reimitz: Es gibt immer eine große Vielfalt an Spielstätten, einige haben wir übernommen, aber jedes Jahr kommen auch neue dazu. Heuer ist die Evangelische Auferstehungskirche im 7. Bezirk neu dabei. Das ist eine schöne Geschichte: Der dort ansässige Pfarrer und seine Frau waren letztes Jahr beim Akkordeonfestival bei einem Konzert und haben uns darauf angesprochen, dass wir doch in der Kirche ein Konzert veranstalten könnten. Beim Adventkalender haben wir dort ein Konzert gehabt und jetzt auch beim Akkordeonfestival. Mit den etablierten Spielstätten bestehen ohnehin gute Kooperationen und sie bleiben nach wie vor im Programm.
Heuer gibt es für Kinder einen Workshop, sollen die Kinder Akkordeons mitbringen oder wie wird der Workshop ablaufen?
Lisa Reimitz: Wir behalten sehr gerne die Workshop-Schiene beim Akkordeonfestival bei und heuer gibt es zum ersten Mal einen Workshop für Kinder, zwischen 7 und 9 Jahren, leicht fortgeschritten. Die Kinder können ihr eigenes Instrument mitbringen und mit Nicola Zariceinen dreistündigen Workshop im Österreichischen Volksliedwerk absolvieren. Es ist uns von Anfang an ein wichtiges Anliegen gewesen, das Festival für jüngeres Publikum zugänglich zu machen. Und es macht sehr viel Sinn beim ganz jungen Publikum zu beginnen. Ein Beispiel: unser Festivalassistent Florian spielt seit seinem vierten Lebensjahr Akkordeon und ist mit seinen Eltern schon in der Kindheit zum Festival gegangen. Wir finden es wichtig, dass noch viel mehr junge Akkordeonist:innen Zugang zum Festival finden.
Franziska Hatz: Für die Zukunft ist auf jeden Fall geplant, dass es noch mehr Angebote für Kinder geben soll.
„ICH WÜRDE MIR WÜNSCHEN, DASS ES IN GANZ ÖSTERREICH AB ENDE FEBRUAR BIS MITTE MÄRZ EINEN AKKORDEON-SCHWERPUNKT GIBT“
Zudem kümmert ihr euch darum, dass das Akkordeonfestival sich in die Bundesländer bewegt: Purkersdorf war letztes Jahr schon dabei, heuer geht es auch in Richtung Steiermark.
Franziska Hatz: Ich habe zu Hause in der Steiermark immer wieder vom Akkordeonfestival erzählt. Und viele Freund:innen kommen ja auch nach Wien und besuchen die Konzerte, aber oft sagen sie: ich wäre gerne zum Festival gekommen, aber Wien ist doch weit weg. Und für Musiker:innen macht es Sinn, nicht nur für einen Gig nach Österreich zu kommen. Deswegen habe ich Veranstalter:innen und Kulturvereine am Land darauf angesprochen, ob sie nicht etwas mit uns machen wollen. Gerade kleine Kulturvereine am Land, in der Steiermark, haben es im Moment gar nicht leicht und Reisekosten sind ganz schwer zu stemmen. Und wenn die Musiker:innen schon da sind, nimmt ein Konzert in der Steiermark dem Festival in Wien kein Publikum weg. So ist es gelungen, dass wir zwei Konzerte in Niederösterreich haben und acht Konzerte in der Steiermark. Die Hoffnung ist, dass sich noch mehr Bundesländer anschließen. Ich würde mir wünschen, dass es in ganz Österreich ab Ende Februar bis Mitte März einen Akkordeon-Schwerpunkt gibt. Zwei Veranstalter haben mich schon angeschrieben, dass sie auch im Jahr 2026 wieder zusammenarbeiten möchten.
Lisa Reimitz: Ich finde es wichtig, Konzerte auf diesem Niveau, in die Bundesländer zu bringen. Da ist die Steiermark ein Anfang.
Tourtechnisch gedacht: von der Steiermark könnte man gut nach Salzburg oder nach Oberösterreich reisen, wo es auch viele Kulturinitiativen gibt.
Lisa Reimitz: Kärnten, Salzburg, genau. Oberösterreich wäre super, das wird vielleicht 2026 der nächste Versuch, da könnten wir Kärnten und Oberösterreich anpeilen.
Franziska Hatz: Wir hatten mit dem klezMORE-Festival schon eine Kooperation mit Bratislava, das ist ja nur eine Stunde von Wien entfernt. Das könnte sich vielleicht auch noch fürs Akkordeonfestival ausgehen.
Seid ihr – auch mit solchen Ideen – im Austausch mit Festival-Begründer Friedl Preisl, der sich ja letztes Jahr zurückgezogen und an euch übergeben hat?
Franziska Hatz: Vor allem ich bin mit Friedl im Austausch, auch privat. Ich bitte ihn auch manchmal um Textkorrekturen. Er freut sich, dass das Festival wächst und er lässt uns gewähren und freut sich, dass die Festivals in guten Händen sind und gut weiter gehen. Er findet die neuen Entwicklungen spannend und will sie verstehen.
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Das Akkordeonfestival findet somit seinen Weg in die Bundesländer, umgekehrt kommen Bands aus der Provinz nach Wien.
Franziska Hatz: Das Akkordeonfestival ist auch gut darin, Acts aus den Bundesländern nach Wien zu holen. Zum Beispiel Ars Harmoniae, das ist eine ost-steirische Tango- und Akkordeon-Gruppe, die gibt es schon seit fast 50 Jahren und niemand hat sie gekannt. Es freut mich sehr, dass sie dabei sind.
Auch heuer gibt es die bewährte Stummfilm-Reihe mit Live-Musikbegleitung. Welche Filme werden zu sehen sein?
Lisa Reimitz: Die Stummfilm-Schiene ist eine Kooperation mit dem Filmcasino, heuer haben wir neben den Akkordeons mit dabei: ein Fagott, eine Querflöte und noch andere Flöten. Es gibt eine Besonderheit im Stummfilm-Programm, es wird am 9. März „Der grüne Kakadu“ gezeigt, live begleitet von Katharina Hohenberger und ihrer Band Wiener Brut. Das ist ein ganz besonderer Programmpunkt, denn dieser Film wurde von Katharinas Großvater gedreht und ist der einzige noch erhaltene Amateur-Stummfilm, der in Wien gedreht wurde.
Herzlichen Dank für das Interview.
Jürgen Plank
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26. Internationales Akkordeon Festival
22.2. – 16.3.2025
Das gesamte Programm und weitere Infos finden Sie unter https://akkordeonfestival.at/
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