“Wir befinden uns immer noch in einer Art Rauschzustand” – White Miles im Interview

Das muss man den White Miles einmal nachmachen. Vor einem Jahr vielleicht einer Handvoll Rockinsidern im Westen Österreichs bekannt, haben sich Medina Rekic und Hansjörg „Lofi“ Loferer binnen weniger Monate zu einer der heißesten Aktien im heimischen Rockzirkus entwickelt. Ein wirklich klasse Album und zwei aufsehenerregende Touren mit den Truckfighters aus Schweden und der Grunge-Ikone Courtney Love haben den Bekanntheitsgrad des Duos auf jeden Fall nicht nur hierzulande in die Höhe schnellen lassen. Hansjörg „Lofi“ Loferer über eine unglaubliche Zeit, das Schweigen eines Stars und das ungesunde Tour-Leben. Das Interview führte Michael Ternai.

Ihr habt ja innerhalb weniger Monate einen echten Raketenstart hingelegt. Am Anfang des Jahres das Debütalbum und dann folgte auch schon eine Tour mit den schwedischen Stonerrockern Truckfighters. Und dann der Höhepunkt: die Tour mit Courtney Love durch England. Inwieweit habt ihr das, was passiert ist, überhaupt schon realisiert?

Lofi: Irgendwie noch gar nicht. Wir befinden uns immer noch in einer Art Rauschzustand. Genau vor einem Jahr im Juni haben wir uns vor allem darüber gefreut, dass wir endlich ein ganzes Album aufnehmen konnten. Das war unser Highlight. Nachdem es fertig war, hatten wir aber die Absicht, so viel wie möglich zu touren. Dass die ganze Sache dann so aufgegangen ist, ist unglaublich.
Das mit den Truckfighters hat sich einfach ergeben: Wir haben bei ihrem Management angefragt, ob wir sie nicht auf ihrer Tour supporten dürften. Nach ein paar Mal hin und her schreiben, waren wir plötzlich ihr Support-Act. Das war natürlich genial, denn durch diese Tour ist in Folge das Management von Courtney Love auf uns aufmerksam geworden. Trotzdem war es ähnlich: Wir haben gefragt und innerhalb von 24 Stunden war die Sache klar.
Aber abgesehen davon, dass wir mit Courtney Love auf Tour waren, ist es auch schön, dass wir doch einige neue Kontakte knüpfen konnten. Zum Beispiel spielen wir ja beim Nova Rock Festival. Das wäre ohne die beiden Touren wohl nicht passiert.

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Schon eine Woche nach der Gründung das erste Konzert

Wie lange gibt es White Miles eigentlich schon?

Lofi: Medina und ich haben uns ja vorher schon gekannt. Auch weil wir mit unseren damaligen Bands öfters gemeinsame Gigs gespielt haben. Nachdem wir beide die Bands verlassen haben, haben wir uns dazu entschlossen, es einmal gemeinsam zu versuchen. Das war im November 2011. Wir haben schon gleich eine Woche nach der Gründung unser erstes Konzert gespielt. Nochmals einen Monate später haben wir dann unsere ersten vier Videos von unseren Live-Sessions aufgenommen und ins Netz gestellt, damit die Leute einfach schon etwas von uns hören und sehen bekommen. So hat die ganze Geschichte eigentlich angefangen.

Und musikalisch habt ihr auch sofort eine gemeinsame Idee gehabt?

White Miles © Johannes Kogler

Lofi: Ja. Ich von meiner Seite aus wusste, dass ich auf jeden Fall es Rockiges machen wollte. Und bei Medina war es ähnlich. Deswegen passen wir so gut zusammen. Wir haben in unserer ersten Woche ja schon ein halbstündiges Set geschrieben. Und diese Songs sind immer noch Teil unserer aktuellen Sets. Das zeigt schon, dass wir eigentlich von Beginn an dieselben Vorstellungen gehabt haben.

Man hört euren Songs an, dass ihr wirklich in aller Direktheit und Konsequenz euer eigenes Ding durchzieht. Inwieweit kann man sagen, dass Authentizität ein Credo von euch ist?

Lofi: Wir sind sicher sehr direkt. Und ich glaube, dass diese Direktheit auch notwendig ist, wenn man zu zweit ist. Man hat nicht viele Möglichkeiten, etwas groß auszuschmücken und muss mit den geringen Mitteln, die man zur Verfügung hat, auskommen.

Eine nicht wirklich gesprächige Courtney Love

Inwieweit hat sich für euch durch die Touren etwas verändert? Ihr habt ja nicht gerade wenig Staub aufgewirbelt.

Lofi: Ich muss sagen, der einzige Unterschied, den ich persönlich im Vergleich zu vor einem Jahr wahrnehme, ist der, dass die Leute gewisse Erwartungen an uns entwickelt haben. Sie haben mitbekommen, dass wir mit den Truckfighters durch Europa unterwegs waren und mit Courtney Love durch England getourt sind. Sie sind neugierig darauf geworden, was wir machen. Aber sonst hat sich für uns nicht viel verändert. Wir machen eigentlich alles genau so wie davor. Vielleicht noch mit einer Spur mehr Motivation, weil eben so viele schöne Dinge rund um uns herum passieren.

Wie habt ihr eigentlich die Tour mit so einem Weltstar wie Courtney Love erlebt?

Lofi: Um ehrlich zu sein, wirklich viel haben wir uns mit ihr nicht unterhalten. Ober besser gesagt gar nicht. Mein einziger Gesprächskontakt mit ihr war der, dass sie einmal im Tour-Bus auf einem Hocker vor mir gesessen ist, sich dann irgendwann zu mir umgedreht und mir drei Sekunden in die Augen geblickt hat, um mir mit einem kurzen Nicken lapidar ein „Hey“ zuzuwerfen. Aber was man vor allem auf der Bühne sieht: Sie ist ein echter Profi.
Wirklich sehr schön war, dass wir uns mit ihrer Band wirklich super verstanden haben. Bei zwei Konzerten ist sogar einer der Gitarristen zu uns auf die Bühne gekommen und hat mit uns einen unserer Songs performt hat. Nur, weil ihm dieser Song so gut gefallen hat. Da haben wir uns natürlich sehr geehrt gefühlt.

Wie sah es mit der Resonanz des Publikums aus?

Lofi: In England hatte wir eine wahnsinnig tolle Zeit. Die Response der Leute war einfach umwerfend, wir hätten uns vor der Tour nicht erwartet, so gut anzukommen. Eine so geile und laute Reaktion ist uns noch nirgendwo entgegengebracht worden. Das war wunderschön. Nach jedem Konzert war das Feedback durch die Bank super.

Auf derselben Bühne stehen, auf der schon einmal die eigenen Helden gestanden sind

Und hat es ein ganz bestimmtes Erlebnis gegeben, von dem du sagst, dass werde ich nie vergessen? So eine Art absoluten Höhepunkt?

White Miles © Johannes Kogler

Lofi: Wenn nicht die Tour an sich das Highlight gewesen ist, muss ich sagen, es war unser Konzert im Shepherds Bush Empire in London. Da haben sogar schon die Rolling Stones, von denen ich ein Riesenfan bin, gespielt. Und auch der Auftritt im Rock City in Nottingham, wo wirklich schon jede große Band einmal gespielt hat, war schlicht genial. Das ist für einen Musiker schon eine Art kitschiges Highlight, wenn du auf derselben Bühne stehen darfst, auf der schon all deine Helden einmal gestanden sind.
Sicher kein Highlight war das Essen. Wir haben uns zweieinhalb Wochen von Sandwiches und kalten Pizzen, die in Courtney Loves Backstageraum übrig geblieben sind, ernährt….

Also richtig gesund…

Lofi: Gesund ist eine Tour generell nicht. Ich bin aus England zurückgekommen und war sofort krank. Ich habe drei Tage lang so richtig mein Herz durch die Brust pumpern gespürt. Das war furchtbar. (lacht)

Tirol, viele super Bands, müde Konzertgeher

Vielleicht zurück nach Österreich. Irgendwie scheint sich ja Tirol zu einer Art Rockhochburg Österreichs entwickelt zu haben. Wenn ich da nur an Mother`s Cake denke…

Lofi: Ja, das stimmt. Mother`s Cake sind echt super Jungs. Musikalisch genial und auch privat sind sie es vollkommen gestörte Typen (lacht). So wie sie auf der Bühne performen, so sind sie auch im wahren Leben. Auch cool ist Midriff. Es gibt in Tirol jetzt schon ein paar Sachen, die im Kommen sind und sich in Zukunft noch entwickeln werden. Da bin ich mir sicher.

Und nehmen das die Leute in Tirol selbst wahr?

Lofi: Nein. Ich muss an dieser Stelle ganz ehrlich sagen, auch wenn ich die, die auf die Konzerte gehen, jetzt ein wenig beleidige: Tirol ein ganz furchtbares Konzertgeher-Land ist. Ich weiß nicht, was die Leute lieber machen, aber sie gehen sicher nicht auf Konzerte. Sie zahlen lieber 15 Euro für irgendeinen DJ als 5 Euro für ein Konzert mit drei Rockbands. Da heißt es dann immer, das ist ja viel zu teuer. Das ist wirklich zum Kotzen. Aber wer weiß, wenn es immer mehr geile Bands gibt, vielleicht entwickelt sich da ja was. Wäre auf jeden Fall schön.

Wie sehen eure nächsten Pläne aus? Vor dem Interview hast du mir ja gesagt, dass ihr relativ schnell ein neues Album aufnehmen wollt. Ihr seid dann wahrscheinlich schon wieder fleißig am Songschreiben, oder?

Lofi: Sagen wir so, wir haben das Album, so wie es klingen soll, eigentlich schon im Kopf. Und klar, wir arbeiten schon auch an neuen Songs und hoffen, recht bald wieder ins Studio gehen zu können. Darüber hinaus probieren wir auf jeden Fall noch für diesen Herbst eine Tour aufzustellen und sonst auch viel live zu spielen. Generell ist unser Hauptziel, so viel wie möglich  im Ausland zu spielen. Etwas, auf das wir uns auch noch besonders freuen, ist der Videodreh zu unserer Bluesnummer „Hell of a Woman“. Da unterstützt uns die Poledancerin Verena Waldmann, die eigens für den Song eine Choreographie gemacht hat. Das wird richtig cool.

Danke für das Gespräch.

Michael Ternai

White Miles (Facebook)