Eine große Legende des Austropop meldet sich zurück. Und das in einer Art, die eigentlich nicht darauf schließen lässt, dass er jemals die Rolle einer solchen innegehabt hat. Wilfried Scheutz, 1950 im oberösterreichischen Bad Goisern geboren, zählte irgendwie immer schon zu den eigenwilligeren und querdenkenden Charakterköpfen des in den 70er und 80er Jahren erfolgreichen deutschsprachigen Dialektpop, entstammte er doch ursprünglich aus musikalisch aus einer ganz anderen Richtung. Am Anfang seiner Karriere sich in seiner ersten Band Ziwui Ziwui noch eher den bluesig angehauchten Rock zelebrierend und auch der Volksmusik nicht abgeneigt, landete er nach einigen Charterfolgen zunächst als Sänger der Ersten Allgemeine Verunsicherung, anschließend solo dann doch irgendwo als große Nummer zwischen Ambros, Fendrich, Danzer und all den anderen. Sein Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal war seine markante und kratzige Stimme, die auch den sauberst produzierten Songs immer die etwas andere Note verlieh. Und genau diese ist es auch, welche die Zeit bis zum heutigen Tag überdauert hat. Das auf monkey music erscheinende, von seinem Sohn Hannibal Scheutz (5/8erl in Ehr`n) produzierten und von David Müller (Die Strottern) abgemischte Album „Tralalala“ zeigt sich als der endgültige musikalische Abschluss mit der vermeintlich glorreichen Vergangenheit. Was der Sänger abliefert, ist ein waschechtes, stimmiges und überraschend abwechslungsreiches Liedermacheralbum zwischen Humor, (Selbst-) Ironie, Lässigkeit und Melancholie. Präsentiert wird „Tralalala“ am 5. Dezember im Wiener Radiokulturhaus.
Wer vielleicht meint, Wilfried Scheutz würde sich auf seinem Comeback-Album noch einmal in den einst erfolgsversprechenden radiotauglichen Tugenden versuchen, der irrt. Den Anzug des Austropop hat der gebürtige Oberösterreicher vor langer Zeit abgelegt. Man tut dem heute 62-Jährigen überhaupt Unrecht, reduziert man sein gesamtes Schaffen der letzten Dekaden, alleine auf diese eine Periode der österreichischen Musikgeschichte. Denn blickt man auf die vielen verschiedenen Projekte, an denen er maßgeblich beteiligt war, zeigt sich, dass er musikalisch dann doch weit mehr auf dem Kasten hatte. Er schätze etwa immer schon auch die Volksmusik und wusste diese schon früh, bevor es überhaupt jemand anderem eingefallen wäre, eigenwillig mit dem Rock und Blues zu kreuzen.
Daher lässt sich „Tralalala“ auch in gewisser Weise dieser Linie entlang deuten. Mit einem gewöhnlichen Popentwurf hat das Album nämlich rein gar nichts zu tun. Vielmehr zeigt es sich als eine in vielen Stilen zum Ausdruck gebrachte Liedersammlung, in welcher dem Blues und Rock ebenso gehuldigt wird, wie dem Wienerlied, Folk und dem anspruchsvollen modernen Singer/Songwritertum.
Hinzu kommt, dass Wilfried Scheutz, zwischen alle den leisen und nachdenklichen Balladen und den richtig schön abgehenden dynamischen Nummern, erfreulicher in keinem Moment den alternden, nachdenklichen und vom Leben gekennzeichneten Star mimt, der mit den Jahren weiser und erleuchteter geworden, leidvoll in die Vergangenheit zurückblickt. Vielmehr offenbart er den HörerInnen seine (selbst-) ironische und humorvolle Seite, die alle Melancholie und innere Zerrissenheit, aber auch die überbordende Freude und Glückseligkeit unmittelbarer, intensiver und authentischer wirken lässt.
Es scheint, als wäre Wilfried Scheutz in der Gegenwart angekommen, als hätte er endgültig mit seiner Austropop-Phase Frieden geschlossen, um sich frei zu machen für neue Herausforderungen. „Tralalala“ auf jeden Fall ist ein modern klingendes Album, an dem nicht nur Nostalgiker ihren Gefallen finden werden. (mt)
Monkey Music