Vom 11.Mai bis 19. Juni 2007 gibt es wieder Wiener Festwochen, bereits ab 5. Mai richtet das Konzerthaus dazu das Konzertprogramm aus (33. Internationales Musikfest). Man sieht, es wird gespart: Im Bereich Musiktheater beschränkt man sich im Wesentlichen auf die internationale Koproduktion von Janáceks Oper “Aus einem Totenhaus”, das Konzerthaus bietet “Klassiker der Moderne”.
Janácek als Platzhalter der ModerneIst ja eh fein: Das Musiktheater bringt fast 30 Jahre nach der epochalen Bayreuther Produktion des “Ring des Nibelungen” noch einmal die Grandseigneurs Patrice Chéreau und Pierre Boulez zusammen. Sie sind das leading team für Leos Janáceks 1930 uraufgeführte Oper “Aus einem Totenhaus” nach Dostojewskij (à propos: trotzdem keine “russische Oper”, Monsieur Lissner, gell, wenn Sie den “Zeitgenossen Janácek” dem ahnungslosen Publikum der Pressekonferenz schon pädagogisch näher bringen wollen. Was ja wohl sehr notwendig ist, denn dieser Janácek und besonders auch dessen Tagebuch eines Verschollenen, diesmal gespielt vom Klangforum Wien, ist ja innerhalb der letzten Jahre außer ca. fünf entweder szenischen oder halbszenischen oder konzertanten Aufführungen mit verschiedenen Interpreten und in verschiedenen Versionen, vornehmlich im Rahmen der Festwochen, hierzulande in Hintertupfing so gut wie unbekannt).
Also Janácek (zur Strafe auch ein Foto von diesem und nicht von Stéphane Lissner, Intendant und Musikdirektor kürzlich noch in Aix, weiters in Mailand und Wien, auch wenn er diese Koproduktion der Wiener Festwochen mit Holland Festival Amsterdam, Festival d’Aix en Provence, Teatro alla Scala Mailand, The Metropolitan Opera New York auf die Beine gebracht hat): Diesem Janácek und dessen Zeitgenossen Mahler, Schönberg, Mahler, Strawinski, Alban Berg und – man lese und staune – sogar György Ligeti sind auch drei Klangforum-Konzerte im Mozartsaal sowie eins mit dem ShapiroEnsemble im Schönberg-Center gewidmet. Sodann gibt es noch eine Installation für Sänger und Schauspieler im Jugendstiltheater (“This is not a Love Song”). Ende der Durchsage zum Musikprogramm der Wiener Festwochen, soweit es Stéphane Lissner verantwortet.
Im umfangeichen Schauspielprogramm, betreut von Marie Zimmermann, ist Shakespeare die zentrale Achse und alles andere, von den Troerinnen bis zu The Great Gatsby und einer Papiertheater-Zauberflöte – inklusive Staraufgebot von Zadek, Castorf, Lemi Ponifasio – klingt ja vielversprechend (Programmübersicht siehe Link).
Into the City – noch ein Musikprogramm
Immerhin: Wolfgang Schlag als künstlerischer Leiter darf zum zweiten Mal die Reihe “Into the City” ausrichten, mit Ausblicken auf die “Szene”, auf junge Bands, spontane Konzerte in den Straßen. “Into the City schaut vorbei in den Probekellern der neuen Bands, der DJs von Wien und bietet ihnen mit der Mystery Tour ein spontanes Podium”, auch den ersten Wiener Mädchenrock Contest soll’s da geben (www.maedchenrock.at).
An sieben Abenden gibt es unter dem Titel “Under construction” im ORF-Radiokulturhaus Programme mit Blixa Bargeld (D), Noël Akchoté (F/Ö), Negativland (USA), Gonzales (CAN/F), Modified Toy Orchestra (GB) und anderen; und auf dem Badeschiff Wien steigt die Party “The Imaginary Balkan” mit Bands die aber nicht aus Südosteuropa, sondern aus Schweden oder Belgien kommen.
Klassiker der Moderne
Wie gesagt, beim Musikfest im Konzerthaus: Christoph Lieben-Seutter (Foto) wollte ja noch mehr davon, einen Bartók-Schwerpunkt etwa, aber internationale Orchester braten bei ihren Tourneen halt keine kostenlosen Extrawürste. Daher gibt es diesmal beim Musikfest auch kein offizielles Motto. In 60 Konzerten lassen sich als repräsentative Highlights ausmachen: Die Wiener Philharmoniker, Nikolaus Harnoncourt und Gidon Kremer bieten Alban Bergs Violinkonzert, das New York Philharmonic Orchestra (Lorin Maazel) kommt drei Tage, das San Francisco Symphony Orchestra (Michael Tilson Thomas) zwei. Gespielt wird neben Brahms und Tschaikowski – unter anderem – eben auch Strawinski, Ravel, Bartók und so. Das RSO Wien und die Wiener Symphoniker spielen bereitwillig Honegger, De Falla, Debussy und Dutilleux, die Turangalila-Symphonie von Messiaen, bzw. Poulenc und Strawinski. Von Zoltan Kodaly hört man konzertant dessen Oper Háry János. Und die Achte von Mahler kommt auch endlich dran, denn die muß jeder Konzerthaus-General wenigstens einmal während seiner Dienstzeit ansetzen.
An Zeitgenössisch(er)em lässt sich – abgesehen davon, dass Markus Hinterhäuser die Sonaten 1-6 von Galina Ustwolskaja (auch schon Musikgeschichte, Termin: 8.5.) ein einziger Programmpunkt ausmachen: Das mutige und tüchtige Österreichische Ensemble für Neue Musik (OENM) spielt unter Johannes Kalitzke (und mit Salome Kammer, Sopran) am 4.6. Harrison Birtwistle (nine Settings of Celan, Nine Movements for String Quartet). Diese zwei Termine kann man sich vormerken. Ansonsten: Im Bad wird es auch schön. Oder halt am Badeschiff. Vielleicht im Theater.
Heinz Rögl
Fotos Leos Janácek: Boulez/Chereau
Foto Lieben Seutter: © Konzerthaus