„Wichtig ist auf jeden Fall immer, dass man keine Rolle spielt, sondern sich gibt, wie man ist“ – PATRICIA HILL im mica-Interview

PATRICIA HILL sammelte bereits mit elf Jahren ihre ersten Bühnenerfahrungen. Sie nahm Querflötenunterricht, machte eine klassische Gesangsausbildung, nahm Ballettunterricht und war Eiskunstläuferin. Sie sang bei Rockbands, ging auf Tour und entschied sich schließlich für eine Solokarriere. Auf ihrem 2017 erschienenen Debütalbum „Patricia Hill“ präsentiert sie abwechslungsreichen Pop mit starker Stimme. Im Interview mit Petra Ortner erzählte die Sängerin von ihrer bisherigen Laufbahn.

Sie standen schon sehr jung auf der Bühne. Was waren Ihre drei Highlights?

Patricia Hill: Da war auf jeden Fall einmal mein allererster Auftritt, den ich mit elf Jahren hatte. Daran kann ich mich insofern gut erinnern, weil ich zu der Zeit auch Eiskunstläuferin war. Damals bin ich nach Amstetten zu den Landesmeisterschaften gefahren. Gemeinsam mit meiner Mutter. Da hatten wir das Glück, dass die Landesmeisterschaft schon am Vormittag war. Dort habe ich mich backstage noch umgezogen, ins nächste Stage-Outfit, und dann sind wir im Auto zu meinem Auftritt bei der „Mini Playback Show“ gehetzt. Ich bin genau rechtzeitig zu meinem Auftritt angekommen, bin reingelaufen und musste auch gleich auf die Bühne. Mein erster Song war damals von Céline Dion: „Think Twice“. Das war quasi meine erste Erfahrung. Im Zuge dessen habe ich auch meine Gesangslehrerin Sheila Edwards-Czettel kennengelernt. Sie hat mich nach diesem Auftritt angesprochen, hat mir ihre Visitenkarte gegeben. Ich hatte also gleich einmal eine Gesangslehrerin. Das war ein glücklicher Zufall. Ein, zwei Jahre später habe ich bei der nächsten „Mini Playback Show“ mitgemacht. Das waren quasi meine ersten Steps auf der Bühne, vor Publikum. Eine gute Erfahrung. Dann war mit vierzehn der nächste Schritt zu „The Voice“, in der SCS damals. Diesen Gesangswettbewerb gibt es jetzt auch schon seit rund zehn Jahren. Damals war ich, glaube ich, in der zweiten Staffel und habe ein Lied von Britney Spears gesungen. Da habe ich dann auch wirklich gesungen, nicht nur die Lippen zu einem Playback bewegt. Das ist mir auch sehr nett in Erinnerung geblieben.

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Wie nervös waren Sie bei den Auftritten? 

Patricia Hill: Ich war immer nervös und hatte rote Backen vor meinen Auftritten. Die mussten wir dann immer überschminken. Auf der Bühne war das aber Gott sei Dank dann weg. Da muss man dann cool sein.

Ich frage, weil ich denke, dass man als Kind vielleicht weniger ängstlich ist?

Patricia Hill: Lustig, ja. Mir hat es immer Spaß gemacht. Ich war zwar aufgeregt, aber es war ein positives Aufgeregtsein.

Wie wichtig war Ihre klassische Gesangsausbildung für Ihre Laufbahn?

Patricia Hill: Diese war sehr wichtig. Die Technik ist beim Operngesang ganz besonders wichtig. Man muss offener sein, der Kehlkopf muss offen sein. Es ist sehr ausdrucksstark. Man muss viel mehr beachten als beim Popgesang zum Beispiel. Wie man die Lippen vorspannt und dergleichen. Es ist gut, wenn man das beherrscht. Für den Popgesang muss man das Ganze dann nur noch reduzieren. Also je mehr man von Beginn an lernt und je mehr Technik dabei ist – mit Atmen, Haltung und so weiter –, umso leichter tut man sich dann bei Pop oder Rock. Es war eine gute Schule. Mir war es damals eigentlich peinlich. Ich habe mich nicht gerne singen gehört. Es hört sich komisch an, so eine Kinderstimme, die Opernarien singt.

„Gemeinsam mit meiner Akustikgitarristin habe ich mich dann an meinen Sound herangetastet.“

Sie haben dann für eine Weile bei einer Rockband gesungen. Wann beschlossen Sie, solo weiterzumachen? 

Patricia Hill: Mein Weg war eigentlich schon von klein auf der, einmal Solokünstlerin zu sein. Die erste Banderfahrung, die ich machte, hatte ich schon mit siebzehn Jahren. Da wohnte ich noch in Niederösterreich. Es war eine Coverband namens The Royals. Nach den Gesangswettbewerben war der nächste Schritt, einmal zu schauen, wie ich mit einer Band im Hintergrund singe. Auch das war eine gute Schule, wo man lernt, mit den Musikerinnen und Musikern zu kommunizieren. Das hat auch irrsinnig viel Spaß gemacht. Wir spielten hauptsächlich Coversongs und traten auf Zeltfesten und dergleichen auf. Bei der Band war ich fünf Jahre dabei, bis ich wegen meines Studiums nach Wien gezogen bin. Dann war ich auf der Suche nach einer Band, die eigene Songs schreibt. Ich habe im Internet nach „Band sucht Sängerin“ gesucht und die erste Band, die ich gefunden habe, war Cornerstone. Zuerst wollten sie mich gar nicht einladen, doch nach mehrmaligen Anrufen durfte ich vorsingen und war dabei. Das war ein weiterer Schritt. Eigene Songs, Studioaufnahmen. Im Laufe der Zeit habe ich aber gemerkt, dass mir die Musik der Band nicht so liegt. Und Michael, der Bandleader, hat bestimmt, wie was gesungen werden soll, wie man aussehen soll und wie das ganze Image der Band ist. Ich musste da quasi eine Rolle spielen. Nachdem dann der Schlagzeuger die Band verlassen hat, war es nicht mehr dasselbe und dann war es einfach Schicksal, dass ich 2014 ausgestiegen bin. Es war, muss ich jetzt sagen, ein glücklicher Zufall, wie es gekommen ist. Schicksal. Von da an habe ich mich voll darauf konzentriert, wie ich mein Soloprojekt starte, welche Musikrichtung ich überhaupt machen möchte. Gemeinsam mit meiner Akustikgitarristin habe ich mich dann an meinen Sound herangetastet. Zuerst haben wir in kleinen Pubs gespielt, Akustik-Covers und dergleichen, wo ich als Patricia Hill meine ersten Schritte gemacht habe.

Wie haben Sie Ihre Mitmusiker für Ihr Soloprojekt gefunden?

Bild Patricia Hill
Patricia Hill (c) Manfred Baumann

Patricia Hill: Ich musste Gott sei Dank nicht im Internet nach Musikern suchen. Obwohl, einmal habe ich im Internet gesucht. Das war aber ein Notfall. Da hatte mein Gitarrist einen anderen Termin und ich musste schnell jemanden finden, der einspringt. Der hat dann in einer Woche die dreißig Songs gelernt und mit uns den Auftritt gespielt. Ich habe in der Zeit als Solokünstlerin so viele nette Menschen kennengelernt, die mich unterstützen. Die anderen Musiker habe ich durch das Networking, durch die Auftritte in den Pubs und so weiter kennengelernt. Der kennt wiederum den. Es ist ein wenig wie ein Spinnennetz. Damals gab es noch den Musikerstammtisch in der Bierkanzlei. Dort habe ich meinen Bassisten kennengelernt. Ein Musiker ist noch von meiner alten Band. Und Wolfgang Bayer ist der Komponist meiner Songs. Ihn habe ich auch durch einen glücklichen Zufall getroffen. Mit zwölf habe ich bei einem Produzenten vorgesungen, war aber noch zu jung. Ich habe eine Demo-CD mit fünf Songs mitbekommen. Diese wurden nur komponiert, aber nie veröffentlicht. Das ist dann in Vergessenheit geraten und quasi fünfzehn Jahre später habe ich diese CD wiedergefunden, in den Player gelegt und gedacht: „Diese Songs sind eigentlich super und wurden noch nicht veröffentlicht. Ich schau einfach einmal, ob es den Produzenten überhaupt noch gibt.“ Nach einer kurzen Internetrecherche habe ich ihn gefunden und kontaktiert. Er meinte: „Ja, ich kann mich noch an dich erinnern! Ich gebe dir die Songs sehr gerne und den Kontakt zum Komponisten Wolfgang Beyer.“ Wolfgang war dann auch gleich mit dabei und so haben wir die Songs mit meiner Stimme aufgenommen. So kam er zur Band. Als Pianist.

Das heißt, die Songs für Ihr Soloalbum waren schon länger fertig?

Patricia Hill: Die Songs auf dem Debütalbum waren schon fertig komponiert und mit Texten versehen. Daran habe ich eigentlich nichts mehr verändert. Der nächste Schritt, der für das nächste Album geplant ist, ist, dass ich noch ein wenig mehr von meiner Persönlichkeit in die Songs reinbringe. Vielleicht mit Wolfgang. Das wäre ein Traum, denn er kann am Piano so gut komponieren. Das kann ich nicht. Ich spiele leider kein Begleitinstrument. Nur Querflöte. Ich habe es ehrlich gesagt auch nie so intensiv probiert, einen Song zu schreiben. Wolfgang ist so ein musikalisches Talent, dass es für mich ein Traumziel ist, mit ihm in Zukunft etwas zu schaffen.

Wann wurde der Plan für die Solo-CD, die im Februar 2017 erschien, konkret?

Patricia Hill: Da muss ich selbst immer überlegen. Es hat rund ein Jahr gedauert, bis das Ganze fertig war. Das heißt, wir haben Anfang 2016 begonnen. Es hat sich aber immer wieder etwas verzögert, weil wieder jemand keine Zeit hatte oder ich krank war. Es hat sich ziemlich in die Länge gezogen. Ich wollte mir aber auch keinen Druck machen, wann das Ganze fertig sein muss. Am Anfang war mein Ziel der Geburtstag meiner Mutter. Das Album ist meiner Mutter gewidmet, deswegen habe ich den November 2016 erst einmal ins Auge gefasst. Es stellte sich aber schnell raus, dass das nicht machbar war, also meinte ich: „Machen wir uns keinen Stress, der Gedanke zählt. Veröffentlichen wir das Album halt im Februar.“

Wie schaut so ein Tag im Studio aus?

Patricia Hill: Wolfgang hat mit mir immer vormittags eine Session gemacht. Er hat sich sein eigenes Tonstudio eingerichtet und dort haben wir den Gesang aufgenommen. Er hat die Songs dort auch programmiert, das Schlagzeug haben wir dort eingespielt. Der Bassist hat bei sich zu Hause aufgenommen. Es war immer vormittags eine Vier-Stunden-Session. Das heißt, ich bin hingekommen, habe noch schnell meinen Tee getrunken und dann haben wir eigentlich vier Stunden lang durchgeackert, weil er am Nachmittag wieder in seinen Job musste. Der Gesangspart war eigentlich ein schneller Prozess. Gesungen habe ich in so einem Kammerl, das hat ein wenig ausgesehen wie eine Sauna. Mit LED-Lichtern und so. Ich habe mich da drinnen so wohlgefühlt. Von der Temperatur her war es auch immer angenehm für die Stimme. Es war immer ein Spaß. Am liebsten hätte ich zu Hause auch so ein Studio, wo ich den ganzen Tag nur aufnehmen und üben könnte. 

Welche Sängerinnen bewundern Sie besonders?

Patricia Hill: Schwierige Frage. Aufgewachsen bin ich mit den 90er-Jahre-Stars. Da habe ich noch alte CDs zu Hause, die meine Mutter damals im Auto und überall gespielt hat. Von Elton John über Whitney Houston bis hin zu Mariah Carey, Céline Dion, George Michael. Diese Musik hat sich in mir quasi manifestiert. Diese Balladen, die Popsongs, Hymnen und so. Das hat mir schon immer gefallen. Ich bin aber auch nicht abgeneigt, wenn es um Rockmusik oder Funk wie James Brown geht. Ich schaue, dass ich offen bin für alles. Man kann von allen etwas mitnehmen. Mein Perkussionist hört zum Beispiel sehr gerne 70er-Jahre-Rock. Er hat eine ganze Vinylsammlung von den Bands aus den 70ern. Damals, als ich 2014 mit meiner Akustikband begonnen habe, haben wir sehr viele Coversongs von diesen Rockstars gespielt.

„Wenn ich etwas mache, dann mit Herz und Seele.“

Wie schwer ist es, in Österreich als Sängerin wahrgenommen und ernst genommen zu werden?

Patricia Hill: Ich glaube, das muss alles wachsen. Wichtig ist auf jeden Fall immer, dass man keine Rolle spielt, sondern sich gibt, wie man ist. Sobald die Leute sehen, dass da jemand hinter seiner Musik steht, nicht nur das singende Püppchen spielt, sondern wirklich Musik machen will, dann wird man auch respektiert. Das war für mich immer wichtig. Ich wollte nie irgendwie einfach etwas präsentieren, wo ich nicht dahinterstehe. Wenn ich etwas mache, dann mit Herz und Seele. Glaubhaft sein und authentisch. Das ist das, wonach ich strebe. Wie man sich gibt, so sehen einen dann auch die Leute. Also ich hoffe, dass mich die Leute ernst nehmen. Ich mache ernsthafte Musik, okay?!

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Petra Ortner

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