Im Grunde genommen hat es sich eigentlich schon angekündigt. Wer den bisherigen, mit durchwegs starken EP- und Single-Veröffentlichungen – unter anderem der Hit „Schmäh Olé“ – markierten Werdegang dieses Musikers mitverfolgt hat, konnte schon erahnen, dass hier jemand am Start ist, der im heimischen Musikzirkus definitiv auf sich aufmerksam machen wird. Mit seinem nun erscheinenden Erstlingswerk „Sleben“ (FuturesFuture) bestätigt der unter dem Namen EDWIN in Erscheinung tretende Wiener R’n’B-Artist SEBASTIAN NOVAK die ihm von allen Seiten entgegengebrachten Vorschusslorbeeren. EDWIN sprach mit Michael Ternai über die Entstehung des Albums, seine musikalischen Einflüsse und seine Entwicklung zum Musiker.
Beim Durchhören der Songs bekommt man schnell den Eindruck, dass du mit „Sleben“ – passend zur Jahreszeit – ein echtes Sommeralbum veröffentlicht hast. Es transportiert ein sehr entspanntes und relaxtes Feeling. War es deine Intention, ein Album für den Sommer zu machen?
Edwin: Ich denke, das hat sich während des Prozesses so ergeben. Den ersten Song den wir aufgenommen haben, war „Sugar“. Und der hatte diesen sommerlichen Vibe und hat damit in gewisser Weise die Richtung vorgegeben. Den Song, wie auch das Album habe ich gemeinsam mit den Produzenten Food4Thought und Hardy von den Gloriettenstürmern kreiert und irgendwie haben wir uns keine allzu großen Gedanken darüber gemacht, wohin es gehen wird. Wir haben einfach gemacht. Später sind als Gastproduzenten auch noch Lukas Maletzky von Naked Cameo und DiskoJürgen – ebenfalls von den Gloriettenstürmern – hinzugekommen, weil ich mir gedacht habe, dass die den Prozess des Albums sehr gut ergänzen und auch etwas Spannendes einbringen würden. Was dann auch so war.
Du hast gerade die Produzenten erwähnt. Welchen Einfluss hatten die auf das Ergebnis?
Edwin: Ich bin der festen Überzeugung, dass der Einfluss jedes einzelnen „Sleben“ zu dem gemacht hat, was es geworden ist. Für mich bedeutet Musik – gerade, wenn man sie mit anderen Leuten macht – Austausch von Ideen und Kompromissbereitschaft und sobald man sich auf eine Basis geeinigt hat, kann man auf dieser aufbauen und sie verfeinern. Mit jedem Produzenten ist es natürlich unterschiedlich im Studio gewesen. Den Food4Thought kannte ich – bis auf sein Instrumental-Album „Kaktusfreund“- davor kaum. Als wir uns dann kennenlernten, hat sich das musikalisch so angefühlt, als hätten wir uns gesucht und gefunden. Ich war auf der Suche nach jemanden, der offen war, etwas auszuprobieren. Und er wollte immer schon melodischere Tracks machen, hat aber bislang nur mit Rappern zusammengearbeitet. Ich glaube, dass wir uns gegenseitig gut gepusht haben, um das Beste aus dem anderen rauszuholen. Und genau da kommt dann noch der wahnsinnig talentierte Hardy dazu, der das Trio mit seinem Gespür für Melodien und Text komplettiert hat.
Bei den Produktionen von „Mellow“ und dem Titeltrack „Sleben“, die beide von Naked Cameo-Mastermind Lukas Maletzky stammen, war mir wichtig, dass er seine Fingerfertigkeit auf der Gitarre mit einbringt, weil ich auch organische Sounds liebe und diese auf dem Album haben wollte. Last but not least war da noch DiskoJürgen, mit dem ich das ganze Album recorded habe, und der für „Lass Sie Reden“ verantwortlich ist. Er hat den Beat auf mich maßgeschneidert. Schließlich kam mir dann noch die Idee mit dem Feature mit der grandiosen Hunney Pimp, mit der es auch von Anfang an gevibet hat.
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„Soundtechnisch war ich mir bewusst, dass es sich anders anhören wird […]”
Bist du mit einer bestimmten Vorstellung in die Arbeiten für dieses Album hineingegangen?
Edwin: Mir war von Anfang an klar, dass ich auf dem aufbauen wollte, was ich mit meinen zwei bisherigen EPs geschafft habe. Soundtechnisch war ich mir bewusst, dass es sich anders anhören wird, da Joce, mein ehemaliger Producer, nach Deutschland studieren gegangen ist. Aber ich wollte mich auch textlich steigern und noch mehr meine Erfahrungen und Emotionen einbringen, verarbeiten und teilen. Echt ehrlich und authentisch. Ich finde, dass mir das ganz gut gelungen ist und ich meinen Sound auf „Sleben“ ein bisserl mehr auf den Punkt gebracht habe.
Aus welcher Ecke stammst du musikalisch? Welche Musik hat dich geprägt?
Edwin: Zu meinen größten Einflüssen zählt amerikanischer Trap und Hip-Hop, ebenso R’n’B und Soul, aber auch Pop und natürlich auch ein bisserl Austropop. Von Lil Tecca und Michael Jackson bis hin zu D’Angelo und Danzer. Wobei ich gestehen muss, dass mich deutschsprachiger Pop lange Zeit nicht beeindruckt, geschweige denn, abgeholt hat. Es hat mir die Leichtfüßigkeit gefehlt, dieses lyrische aus der Reihe tanzen. Auf Deutsch klingt vieles schnell mal pathetisch rüber, außer man mischt es gekonnt mit Dialekt und Anglizismen. Falco hat das schon vorgemacht und Bilderbuch haben es auf ihre eigene Art umgesetzt. Somit zähl ich auch diese beiden zu meinen Inspirationsquellen, aber auch wenn man von etwas stark inspiriert wird, sollte man immer noch seinen eigenen Spirit hineinzaubern.
Was fasziniert dich an Falco?
Edwin: Falco war für mich schon ein echtes Unikat. Je mehr ich mich mit ihm beschäftigt habe, umso mehr habe ich ihn auch gefühlt. Er war seiner Zeit einfach vollkommen voraus. Seine Attitude, seine Musik, sein Schmäh. Er war eigentlich der erste weiße Rapper und rückblickend betrachtet, war es kein Wunder, dass genau er als erster deutschsprachiger Artist auf die Nummer eins der amerikanischen Charts geklettert ist. Und das zu einer Zeit, in der Leute wie Prince und andere Megastars auch in den Charts waren. Das ist schon wirklich etwas ganz Besonderes.
Du bist auch jemand, der seine Herkunft nicht unter den Teppich kehrt. Inwieweit verwendest du dieses Wienerische als Image?
Edwin: Nein, da ist überhaupt kein Image dabei. Ich bin gerne Wiener und bin gerne hier. Ich bin hier auch geboren und aufgewachsen. Ich finde Wien hat einfach wahnsinnig viele Facetten. Die Stadt hat alles, was eine Weltstadt hat, und ist trotzdem ein Dorf. Das alleine hat schon charmanten Charakter. Aber generell liebe ich das Wiener Feeling, es ist einfach gemütlich. Außerdem finde ich den Wiener Dialekt unfassbar grandios.
„Irgendwann sagte ich mir dann einfach: „Wenn ich keine Band auf die Beine stellen kann, dann stelle ich mich selbst auf die Beine““
Wie bist du eigentlich zu Edwin geworden? Du warst ja früher auch als DJ in den Wiener Clubs unterwegs.
Edwin: Begonnen hat alles damit, dass ich mit einem Freund gemeinsam Deep House aufgelegt habe. Die Rollen waren klar verteilt er war für die Übergänge zuständig, ich für die Stimmung und die Effekte. Wir haben uns ganz gut ergänzt und haben die komplette Wiener Clubszene bespielt, von Fluc bis Loft bis hin zur alten Pratersauna. Nach der Matura hat sich das dann aber aufgehört. Danach habe ich bei zwei Theaterprojekten mitgewirkt. Und viele Aspekte haben mir auch gefallen, aber der Umstand, dass ich auf der Bühne eine Rolle gespielt, mich aber nicht selbst präsentiert habe, war ein Störfaktor.
Ich wollte früher immer eine Band haben, nur hat sich eine solche, obwohl ich damals schon auch einige Musiker gekannt habe, einfach nie ergeben.Irgendwann sagte ich mir dann: „Wenn ich keine Band auf die Beine stellen kann, dann stelle ich mich selbst auf die Beine“ und startete das Projekt Edwin. Ich habe im Freundeskreis herumgefragt, ob nicht irgendwer Bock hätte, mit mir Musik zu machen. So bin ich dann auf Joce gestoßen. Das war die Initialzündung. Mit ihm habe ich meine ersten beiden EPs gemacht. Ab dem Zeitpunkt hat es sich dann wirklich danach angefühlt, als wäre ich on the right Track.
Das Schöne an der ganzen Geschichte ist, dass sich vieles eigentlich ohne mein Zutun ergeben hat. Ich habe zwar die Basis gelegt, aber irgendwie hat sich alles zu einem Selbstläufer entwickelt. Ich denke, wenn man auf dem richtigen Weg ist, dann ebnen sich auch manche Dinge von selbst.
Wie lange habt ihr eigentlich an dem Album gearbeitet?
Edwin: Um ehrlich zu sein, habe ich mein Album mit einem anderen Producer geplant gehabt, doch da hat es zwischenmenschlich nicht funktioniert. Deswegen ist es jetzt auch so viel später nach dem „Bahö“-Tape erschienen. Ich habe dadurch sicher ein dreiviertel Jahr verloren. Im Mai letzten Jahres habe ich dann gemeinsam mit Food4Thought und Hardy begonnen, Musik zu machen. Und von da an ist es relativ schnell gegangen. Wir hatten innerhalb von vier, fünf Monaten ungefähr acht Songs zusammen. Bis November, Dezember habe wir dann gemeinsam mit Lukas Maletzky und DiskoJürgen, die wir beide noch hinzugezogen haben, noch weitere drei Nummern fertiggestellt. Das fand ich extrem nice, weil, wenn man mit Leuten zusammenarbeitet, die man kennt, passiert einfach etwas.
Ich habe das Ganze auch als eine Art Lernprozess angesehen. Dass man an einem Album arbeitet, aus dem dann aus diversen Gründen nichts wird, das hat mir schon gezeigt, was funktioniert und was nicht.
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Wie sehen deine Erwartungen bezüglich des Albums aus? Was muss passieren, dass du dich entspannt zurücklehnen und sagen kannst: „Ja, es ist alles aufgegangen.“
Edwin: Mein Ziel ist definitiv, dass ich langwertige Musik mache und nicht irgendeine Hype-Musik. Mein Anspruch bei dem Album war, dass ich Songs mache, die man auch in fünf Jahren immer noch hören kann und sie leiwand findet. Die ersten beiden EPs waren in ihrer Art ja noch eher Vibe-Musik. Jetzt ist, dadurch, dass ich in meinen Texten viel von mir preisgebe, auch Authentizität dazugekommen. Ich denke, dass die Leute, die meine Songs hören, sich jetzt auch mehr reinfühlen können, weil sie vielleicht ähnliche Erlebnisse hatten wie ich.
Generell ist es mir wichtig, dass ich mich als Musiker stetig weiterentwickle, dass ich meiner Vision immer näherkomme und diese bestmöglich umsetze. Und ich denke, das spiegelt sich auf „Sleben“ auch wider.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Michael Ternai
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