Waves Vienna Konferenz: Der französische Musikmarkt

Die Gastländer des diesjährigen Waves Vienna Festival waren Frankreich und Polen. Am Freitag dem 5.Oktober widmeten sich internationale Experten zunächst dem französischen Markt. Nach einer sehr ausführlichen Präsentation der Musikgeschichte von Emmanuel Legrand (Legrand Network/F), sprach man über die Erschließung eines so dynamischen wie komplexen Marktes.

Das größte Kuriosum, das Emmanuel Legrand pointiert hervorhebt,  ist wohl, dass Serge Gainsbourg seine Finger nicht nur in jedem erdenklichen Genre hatte, die sich im Laufe der Jahre entwickelten. Er begründete auch das Metier eines Singer/Songwriters. Legrand unterstreicht hier besonders den Punkt, dass im Chanson die Melodien und Texte von SängerInnen „geborgt“ wurden. Die Trennlinie zwischen Produzenten und Performern war zwar keine strenge, aber üblich war das Verflechten der beiden Talente nicht.

Der Respekt vor den Produzenten, also Komponisten wuchs mit der Musikszene. Dabei beherrschten diese besonders das Komponieren von zeitlosen Melodien, die ohne Schlagzeug auskamen. Dies erklärt sich Legrand so, dass die französische Sprache sich weder mit einem Upbeat-Tempo, noch mit schnellen Rhythmen harmoniert. Dies zeigte sich auch an dem geringeren Aufkommen von französischsprachigem Rock’n’roll-, heute Rock-Bands. Dagegen entdeckten Musiker aus den suburbanen Gebieten der Großstädte in den späten 1980ern den Hip Hop für sich, dessen Beat sich wiederum perfekt für die Sprache eignete.

Die größten „Exportschlager“ waren aber immer die Chansons. Legrand nennt drei Beispiele für das Umstrukturieren eines französischen Liedes zu einem Welthit. „My Way“ machte Frank Sinatra weltberühmt, zuvor hatte es Paul Anka aus „Comme d’habitude“ geschustert. Und auch „La Mer“ wurde zu „Beyond the Sea“, ebenso wie sich „Et maintenant“ zu Elvis Presleys „My Love“ mauserte.

Obwohl viele, auch Franzosen, die Geschichte hinter diesen Songs nicht kennen, fließen noch immer die Gelder für die Musikrechte in die Einnahmen des Musikexportes. Und um diesen ist es laut Daniel Winkel (Bureaux Export/F) nicht schlecht bestellt, auch wenn französische Künstler seit jeher Schwierigkeiten mit dem Gedanken haben, das Land mit Ausblick auf finanziellen Erfolg zu verlassen.

Dahinter könnte man Naivität vermuten, aber es ist ein viel komplexerer Gedanke, der viel mit dem Musikimport zu tun hat. Denn auch wenn kommerzielle Medien über internationale Stars des Mainstream berichten, bleibt es für Independent-Musiker sehr schwer einen Zugang zu finden. Christof Ellinghaus (City Slang/D) beschreibt es an dem Beispiel der deutschen Band The Notwist. Ihr Label City Slang wollte sie 2002 in Frankreich durchstarten lassen, was sie sich aufgrund des internationalen Sounds als nicht allzu kompliziert vorstellten. Doch ohne den persönlichen Einsatz des Chefs des französischen Labels wäre es ein beschwerlicher Prozess geworden.

Auch Stef Coninx (Flanders Music Centre/B) stimmt zu, dass die Vetternwirtschaft in Frankreich noch ausgeprägter ist als anderswo. Dass eine Hand die andere wäscht, sei selbstverständlich, und Marketing könnte man gleich mit Promotion gleichsetzen. Um diese Hürden zu überwinden muss man sich auch gegen die zentralistische Organisation der Musik durchsetzen. Häufig kommt es vor, dass man als ausländischer Künstler nur die Möglichkeit bekommt in Paris zu spielen, und nicht eine Tour durch ganz Frankreich zu machen, was sich natürlich nicht nur auf die Bekanntheit auswirken würde.

Es ist fast, als würde eine natürlich Skepsis gegen ausländische Künstler herrschen, was sich gar nicht auf persönlicher Ebene abspielt, sondern auf dem Irrglauben basiert, es dem Publikum würde es sicher nicht gefallen, oder es gar nicht interessieren.

Natürlich ist es schwer eine solche Einstellung zu überwinden, weswegen Emmanuel Legrand auch vorschlägt, es über die Märkte von beispielsweise Großbritannien oder Belgien zu versuchen. Und auch wenn diese Bedingungen hart klingen, hat die französische Musikindustrie nicht nur bedeutende Künstler hervorgebracht, sondern ist heute noch eine der einflussreichsten. Außerdem ist es das Geburtsland Serge Gainsbourgs, was weitere Gründe für eine Erschließung der Branche fast schon nichtig macht.

Panel 1 – Music of France
Emmanuel Legrand (Legrand Network/F)

Panel 2 – The French Music Market
Aziliz Benech (MaMa Event/F), Guillaume Benfeghoul (Daka Tour/F), Emmanuel Legrand (Legrand Network/F), Daniel Winkel (Bureaux Export/F)
Das Gespräch führte: Stefan Niederwieser (The Gap/AT)

Panel 3 – How to Enter the French Market
Stef Coninx (Flanders Music Centre/B), Christof Ellinghaus (City Slang/D), Patrick Printz (Wallonie Bruxelles Musiques/B), Olivier Toth (Rockhal/LUX)
Das Gespräch führte: Emmanuel Legrand (Legrand Network/F)

 

Link:
Waves Vienna Conference