Was genau die Rolle von Musikmanagement eigentlich ist, was eine Künstlerin bzw. ein Künstler mitbringen muss, um einen Vertrag zu bekommen, und welche Entwicklungen es in der Musikindustrie gibt, darüber diskutierten PAUL ELSASSER (Lime Records Management, Großbritannien), KATIA GIAMPOLO (Estragon, Italien), KLAUS HOFFMANN (Management Tagträumer, Österreich), HANKA PODHORSKÁ (Indies Production, Tschechei) und TOM TANZER (Management Manu Delago, Österreich) beim WAVES VIENNA MUSIC FESTIVAL & CONFERENCE.
Wie vielfältig und dadurch auch schwierig festzunageln die Aufgabenbereiche einer Musikmanagerin bzw. eines Musikmanagers sind, zeigte sich bereits, wenn man die verschiedenen Klientinnen und Klienten der Anwesenden verglich: Tom Tanzer und Klaus Hoffmann etwa haben vordergründig einzelne Künstlerinnen und Künstler zu betreuen, Hanka Podhorská leitet neben ihrer Funktion als Managerin auch ein Label, Katia Giampolo arbeitet auch als Bookerin einer großen Konzerthalle und Paul Elsasser könnte am ehesten als Musikmanager der alten Schule gelten, denn seine Klientinnen und Klienten erstrecken sich von Bands über Solokünstlerinnen und Solokünstler bis hin zu DJanes und DJs. Wie es eigentlich dazu kommt, Musikmanagerin bzw. Musikmanager zu werden, beantwortete Klaus Hoffmann folgendermaßen: entweder man liebe Musik oder man wolle viel Geld machen. Diese zwei Typen gebe es im Berufsfeld und leider gebe es aufgrund der Finanzhaie des zweiten Typus des Öfteren üble Nachrede über den Job.
Musikliebende oder Finanzhaie
Einige Zeit wurde darüber diskutiert, welche Künstlerinnen und Künstler einen eigentlich dazu bewegen, jemanden unter Vertrag zu nehmen. Die Anwesenden waren sich weitestgehend einig, dass es solche Musikerinnen und Musiker sein sollen, deren Persönlichkeiten bereits ausgereift sind und die wissen, was sie wollen. Des Weiteren sei es natürlich unerlässlich, auch selbst an die Künstlerin bzw. den Künstler zu glauben und sich so ein starkes Verpflichtungsgefühl aufzuerlegen. Selbst wenn man die Artists, nachdem man sie unter seine Fittiche genommen hat, in die perfekte Position zum Durchstarten bringe, sei es natürlich nicht sicher, ob das funktioniere. Eine Managerin bzw. ein Manager könne nur so viel machen und vieles hänge nach wie vor von dem Fleiß und der Hingabe der Artists ab, meinte der sichtlich erfahrene Paul Elsasser. Es sei jedenfalls nötig, um als gute Managerin bzw. als guter Manager gelten zu können, niemals das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Auch eine Rolle als Mentorin bzw. Mentor sei, abhängig von der Künstlerin bzw. dem Künstler, möglicherweise angebracht – oder auch nicht.
Als die Frage nach den Unterschieden zwischen dem Musikmanagement von früher und dem von heute gestellt wurde, wurde klarerweise einstimmig das Internet als gravierendster Unterschied genannt. Es gebe einen großen Unterschied zwischen Bands der alten Schule, die zahlreiche Auftritte absolvieren und so ihr Publikum erreichen, und jenen jungen Bands, die die Möglichkeiten des Internets verwenden und dadurch Millionen von Klicks generieren, so Elsasser.
„Spotify is steamrolling everything”
Da es derzeit durch altgediente Bands und deren Marketingmaschinerie und moderne Bands, die etwa durch Spotify berühmt werden, beide Typen von Bands gebe, befinde sich auch das Musikmanagement in einer Phase der Transformation. Beim Thema Spotify und Streaming-Dienste im Allgemeinen zeigte sich durch eine Erhitzung der Gemüter die große Relevanz des Themas für die Musikindustrie. Katia Giampolo meinte etwa, es gebe eine Diskrepanz zwischen Zuhörerinnen und Zuhörern im Internet und Menschen, welche dann tatsächlich ein Konzert besuchen, was eine Einschätzung von Künstlerinnen und Künstlern und deren Potenzial als neue Klientinnen und Klienten erschwere. Nachdem die Moderatorin Sandra Walkenhofer von mica einschreiten musste, um das Thema von Spotify zurück zum eigentlichen Thema des Musikmanagements zu lenken, wurde über die Kooperationen von Managerinnen und Managern mit Labels und untereinander diskutiert.
Music Management Forum – netzwerken, was das Zeug hält
Das Music Management Forum (MMF) etwa ist eine internationale Plattform, die Managerinnen und Managern dabei helfen soll, sich zu vernetzen. Was im ersten Moment so klingt, als würden sich Konkurrentinnen und Konkurrenten ohnehin eher nicht austauschen wollen, ist tatsächlich eine gute Möglichkeit, um Tipps und Kontakte in bestimmten Genres oder Ländern zu bekommen, für die sich die oder der jeweils andere ohnehin nicht interessiert. Wie in jeder anderen Berufsgruppe sind Netzwerke unumgänglich und in diesem Business womöglich umso mehr. Nach dem Panel wurde passenderweise auch die Gründung des österreichischen MMF gefeiert, das helfen soll, österreichische ManagerInnen besser mit dem Ausland zu vernetzen.
Als abschließend ein Musiker aus dem Publikum wissen wollte, wie man es denn nun schaffe, von einem Management unter Vertrag genommen zu werden, gab es den allgemeinen Konsens, dass es kein Pauschalrezept gebe und es demnach schwierig zu beurteilen sei. Klaus Hoffmann ließ sich dennoch zu dem Tipp hinreißen, dass ein gutes Gesamtkonzept und auch der Zeitpunkt, wann eine Künstlerin bzw. ein Künstler an einen herantrete, essenziell seien. Im Endeffekt könne auch dein bester Freund dein Manager werden und dich hochhieven, es benötige lediglich irgendjemanden, der an dich glaubt und gewillt ist, für deinen Erfolg Zeit zu investieren.
Sebastian J. Götzendorfer
Links:
Waves Vienna Festival and Conference