Am Wochenende vom 29. September bis zum 1. Oktober 2016 ging die sechste Auflage das WAVES VIENNA FESTIVAL samt Konferenz über die Bühne. Einmal mehr kamen international bedeutende Expertinnen und Experten der Musikbranche zusammen, um sich ein Bild von der österreichischen Musikszene zu machen und sich mit deren Akteurinnen und Akteuren auszutauschen. Das Festival wie die Konferenz – das heuer unter dem Titel „collaborate, communicate, connect“ lief – lockten rund 620 Delegates und 11.000 BesucherInnen an. Im Rahmen der Konferenz ist es natürlich vorwiegend um musikwirtschaftliche Themen gegangen, wie unter anderem in einer Pop-up-Session mit SCOTT COHEN (THE ORCHARD) über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Musikmarketings und neue Businessmodelle.
Scott Cohen, Mitbegründer und Vizepräsident von The Orchard, begann seine Karriere in den späten 80ern im Künstlermanagement, und zwar sowohl im Independent- als auch im Major-Label-Bereich. Über die Jahre hinweg hat sich Scott einen Ruf als bekannter Referent aufgebaut und reist heute durch die Welt, um über seine Erfahrungen und sein Wissen über das digitale Zeitalter und die neuen Businessmodelle zu berichten. Zusätzlich zum Aufbau des Vertriebssystems leitet Scott auch The Orchard Management, das die Karrieren von The Raveonettes, Dum Dum Girls, Deer Tracks und Queen Kwong fördert, und berät eine Reihe von anderen etablierten und aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern. Er ist außerdem Gastprofessor an der London Metropolitan University und Mitglied des BPI (British Phonographic Industry) Council.
Eine Welt von Silos
Scott Cohen versuchte in seiner Session zu erläutern, wie sich die Entwicklungen in der Musikwelt vor allem im Bereich des digitalen Marketings heutzutage gestalten. Seinen Beobachtungen nach verändern sich die Rahmenbedingungen in einer rasanten Geschwindigkeit. „Die Musikwelt ist 2016 eine andere“, so der Amerikaner. War es vor einem Jahr noch möglich, über zum Beispiel Facebook sehr gezielt und vor allem auch effektiv eine Werbekampagne zu fahren, ist dies heute nicht mehr so einfach. Und dass das so ist, haben, so Scott Cohen, viele Leute noch nicht wirklich begriffen. Man müsse die Musikwelt nun anders betrachten. „Wir befinden uns heute in einer Welt von Silos, die auf ganz unterschiedliche Weise mit ganz unterschiedlichen Inhalten befüllt werden müssen. Facebook verlangt eine ganz andere Sprache, ein ganz anderes Format, als Twitter zum Beispiel, und Twitter wiederum etwas ganz anderes als Snapchat, Spotify, YouTube oder Instagram“, so der Amerikaner.
Es lässt sich beobachten, dass hohe Klickzahlen eines Videos einer Band auf YouTube nicht zwangsläufig auch zu einem Anstieg von Streamings derselben Band bei Spotify führen. Ein Erfolg auf einer Plattform bedingt also keinen Impact auf einer anderen. Die Wechselwirkungen scheinen deutlich weniger geworden zu sein, was der in London lebende Amerikaner darauf zurückführt, dass keine Verbindungen zwischen den verschiedenen Services bestehen.
Und warum gibt es keine Verbindungen? Der Traffic im Internet findet mehr und mehr über Smartphones statt, während jener über klassische Computer abnimmt. Zu erklären ist das recht einfach: Fast alle besitzen ein Smartphone und benutzen es auch. Und das vorwiegend über Apps. Betrachtet man das Display eines Smartphones finden sich auf diesem ausschließlich Apps. Einen Webbrowser zum Surfen im Internet benutzen immer weniger. Das Ding an den Apps ist, dass, hat man sie einmal geöffnet und bewegt sich in diesen, es schwierig ist, aus diesen wieder herauszukommen oder irgendwie woanders hinzukommen. Es besteht als eine Trennung, die eine einheitliche Kampagnisierung unmöglich macht.
Notwendigkeit verschiedener Strategien
Man muss sich daher überlegen, mit welchem Format man welches Service bedienen will. Will man also zum Beispiel ein Album promoten, muss man verschiedene Strategien fahren und verschiedenen Content entwickeln. Ein gut gemachtes Video ist vermutlich das Richtige für YouTube, für die meisten anderen Services wohl eher nicht. Ein exzellenter Song für Spotify oder Deezer, coole Fotos mit einer ebenso coolen Geschichte dahinter für Facebook oder Instagram und, und, und. Man muss sich die Plattformen, ihr Angebot und ihre NutzerInnen genau anschauen, um zu sehen, welche Strategie man entwickeln muss und über welchen Weg man Interesse generieren kann.
Michael Ternai
Links:
Waves Vienna 2016