Wanja Rosenthal Quartett – „LÜFPYRÜN“

Ein Auslands-Studienjahr, das augenscheinlich und hörbar einen eminent positiven und nachhaltigen Einfluss auf das musikalische Schaffen des Wiener Jazz-Gitarristen und Komponisten WANJA ROSENTHAL ausgeübt hat – denn als er anschließend nach Wien zurückkehrte, hatte er bereits ein Großteil der Kompositionen für sein Debüt-Release „LÜFPYRÜN” (UNIT Records; VÖ: 18. Jän.) im Gepäck. Diese waren im Jahr 2022 während seines Studienaufenthalts in seiner damaligen Wahlheimat Köln entstanden. Neben einem Block (oder Laptop) und – vermutlich – Kopf voll neuer Ideen und Songs, brachte WANJA gleich seine komplette Ensemble-Besetzung für die Studioaufnahmen zu „LÜFPYRÜN” mit: die drei in Köln lebenden Musiker ADRIAN GALLET (Tenorsaxophon), DANIEL OETZ (Kontrabass) und MATHIEU CLEMENT (Schlagzeug).

Als die ersten Takte – präzise Kicks im Wechselspiel mit vom Schlagzeug filigran begleiteten Bass-Fills – des Einstiegstracks von „LÜFPYRÜN” erklingen („Monitor Motion Magic“), und man diesen Höreindruck mit der Motivik des Albumcovers sowie den Namen der folgenden Stücke in Verbindung setzt, wird schnell klar, wohin die musikalische Reise gehen wird: in verschiedenste Richtungen und Ausprägungen des Modern Jazz, welcher aus diversen Blickwinkeln betrachtet und interpretiert wird, wobei der Quartettsound gleichermaßen innovative als auch traditionelle Perspektiven vereint.

So zeigen die Kompositionen einen im (modernen) Jazz häufig anzutreffenden Aufbau: ausgecheckt-eingängige Themen, vorgetragen von Gitarre und/oder Saxophon – mal als tighte Unisono-Lines, mal in kontrapunktischer Melodieführung – gehen über in virtuose Soli, um abschließend auf versierter Art zum Anfangsthema zurückzukehren. Dies, in Kombination mit einem abwechslungsreichen dramaturgischen Aufbau, verzahnte Odd-Meter-Takte, innerhalb eines Stücks wechselnden Taktarten und Polyrhythmik – stets in einen kohärenten (Spiel-)Fluss einbettet – bilden die kompositorische Grundlage für eine musikalische Reise, deren Inspirationsquelle sich aus unterschiedlichsten Eindrücken zusammensetzt – vom kletternden Eichhörnchen im Innenhof, über die Teuerung von Pesto im Supermarkt, bis hin zu nostalgischen Stimmungen im Park.

Die Songtitel spiegeln die Atmosphäre der zugehörigen Stücke kongruent und illustrativ wider, und erzeugen so in Kombination eine breite Palette an prägnanten, malerisch-bildhaften Assoziationen und Stimmung. Dem gegenüber ist der Titel des Albums – „LÜFPYRÜN” – ein Rosenthal’scher Neologismus, entstanden in und übernommen aus seinen Kindheitstagen.

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Das Spiel Wanja Rosenthals besticht über das gesamte Album hinweg durch weiche, weite Gitarrenintros, eine Fülle an situativ gekonnt und adäquat eingesetzten Klangfarben, präzisen und stimmigen Wechseln aus Singlenote-Lines und Akkord(-Brechungen) sowie seine facettenreiche Dynamik und eine immer auch dem Bandsound dienlichen Spielweise – gleichermaßen in seinen Soli sowie beim Comping. Es lassen sich merklich Einflüsse von und klangliche Assoziationen mit stilprägenden Größen der Jazzgitarre der letzten Jahrzehnte, wie Lage Lund, Kurt Rosenwinkel (v.a. „The Enemy Of Energy“ & „Next Step“), Jonathan Kreisberg („Wave Upon Wave“ & „Unearth“), oder auch dem Jochen Rückert Quartett ausmachen.

Zusätzlich dazu besticht das gesamte Ensemble mit einem eng verzahnten und präzisen Zusammenspiel, ohne nicht gleichzeitig stehts genügend Raum für jeden einzelnen Musiker zu lassen. Und so demonstriert das Wanja Rosenthal Quartett auf „LÜFPYRÜN“, dass es sich geschickt und routiniert in verschiedensten Tempi zusammen ausleben und facettenreich harmonieren, als auch auf vielen Ebenen zu einer geschlossen Einheit zusammenfügen kann. Dennoch ist in besonderem Maß – neben dem gekonnten und variantenreichen Spiel jedes einzelnen Musikers sowie der Band als Ganzem – v.a. das Zusammenspiel von Wanja Rosenthal & Adrian Gallet auf der einen, jenes von Daniel Oetz Salcines & Mathieu Clement auf der anderen Seite, besonders hervorzuheben. Auch auf diesem Fundament können sich die abwechslungsreichen, dynamisch-energetische Ebenen – mal stetig ansteigend, mal mit abrupten Brüchen, mal in einem weiten Bogen gespannt – entwickeln, welche ergänzend dazu beitragen, dass das Wanja Rosenthal Quartett mit „LÜFPYRÜN” ein absolut kurzweiliges und empfehlenswertes Hörerlebnis für alle Musik-, Jazz-, und Gitarren-Liebhaber:innen bietet.

Simon Reitschuster


L i v e

Wanja Rosenthal Quartett

  • 05.03.2024 – Wels, Musikwerkstatt, AT
  • 07.03.2024 – Röda, Steyr, AT
  • 08.03.2024 – Reigen, Wien, AT
  • 16.03.2024 – Kazzwoo, Mannheim, DE
  • 20.03.2024 – Blue Note, Dresden, DE
  • 21.03.2024 – B-Flat, Berlin, DE
  • 23.03.2024 – Loft, Köln, DE
  • 23.05.2024 – Jazzkeller, Krefeld, DE
  • 25.05.2024 – Abbaye de Neimenster, Luxembourg, LUX

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Links

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Unit Records (Wanja Rosenthal)