Von Lieder-Massen und alt-eingesessenen Hasen – TBYK im mica-Interview

Wenn man als junge Band mit einem Mann wie Wolfgang Möstl zusammenarbeitet, heißt das, dass die Band was Besonderes haben muss. The Boys You Know haben gerade nicht nur ihr zweites Album “Purple Lips” veröffentlicht, sondern erfreuen sich auch einem regen Medieninteresse. Wahrscheinlich liegt das daran, dass das Album vielseitig ist und auch noch professionell produziert wurde. Inoffizieller Band-Chef und Sänger Thomas Hangweyrer spricht mit mica-Redakteurin Anne-Marie Darok über Profis, FM4 und das schönste Live-Erlebnis.

 

Woher kommt der Albumtitel „Purple Lips“? Eigentlich klingt er ja eher wie der Name einer 1990er Band?

Thomas Hangweyrer: Der Titel kommt nicht nur in einem Lied auf dem Album vor, sondern ist auch der Name jenes Liedes. Ich fand den Titel irgendwie catchy. Normalerweise benennen wir das Album nach einem Lied und diesmal war das eben „Purple Lips“.

Repräsentiert das Lied das Album auch?

Thomas: Nein, ich finde nicht, dass der Song das Album repräsentiert. Wir wollen alles immer so benennen, dass es in Erinnerung bleibt, weswegen dieser Name auch als Albumtitel herhalten muss.

Kann ein Song überhaupt repräsentativ für ein ganzes Album sein?

Thomas: Ja, ein Lied kann erklären, was die Band für Musik macht. Bei uns wäre das am ehesten „The Cult“, was wir auch als erste Single gewählt haben. Es ist wahrscheinlich der Song, der am ehesten umfasst was wir darstellen wollen. Trotzdem ist es nicht so, dass man sich nur „The Cult“ anhören muss um alle Facetten der Platte zu kennen.

Und woher kommt euer Bandname The Boys You Know?

Thomas: Ich bin das ja schon oft gefragt worden und ich sage dann immer, dass er nicht uns – also die Bandmitglieder, meint. Meistens geht es in den Songs um Leute, die einen beeinflusst oder sogar weiter gebracht haben und das sind halt The Boys You Know.

Auf eurem Album klingt ihr mal wie Pavement, mal wie Queens of the Stone Age. Was waren eure Inspirationsquellen und seid ihr in eine Richtung gegangen, die ihr selber gerne hört?

Thomas:
Eigentlich haben wir es nicht in der Hand in welche Richtung wir gehen, aber natürlich kann man raus hören in welche Richtung wir uns interessieren. Deswegen stimme ich allen Referenzen zu. Aber man muss auch bedenken, dass nichts anderes rauskommen kann, wenn wir vier uns zusammentun um Musik zu  machen. Wir haben nie versucht anders oder wie jemand zu klingen. Natürlich würde es schon ganz anders sein, wenn die Konstellation verändert wird.

Wäre eure Musik komplett anders, wenn man eine Person austauschen würde?

Thomas:
Wenn man mich wegnimmt, dann ja. Ich bin mir sicher, dass die drei ganz andere Musik machen würden ohne mich, denn was das angeht bin ich ein ziemlicher Sturkopf. Manchmal bin ich ein bisschen zu überzeugt von meinem eigenen Geschmack, aber das haben sie ja von Anfang an gewusst. (lacht)

Würdest du dich als Chef der Band bezeichnen?

Thomas:
Ich bin auf jeden Fall der, der am lautesten schreit und den meisten Überblick hat. Ich bin die Schnittstelle zwischen Band und den externen Faktoren, wie Presse oder Promotion. Aber bei den Entscheidungsprozessen muss ich mich nie starrköpfig durchsetzen, denn wir sind alle aufeinander abgestimmt und wissen was der andere will und meint.

Wie macht ihr Musik? Ist zuerst eine Idee da, eine Melodie oder gar der Wunsch ein Album zu machen?

Thomas:
Wir schreiben eigentlich die ganze Zeit, auch bevor es die Band gab haben wir alle Lieder geschrieben und würden es weiterhin so machen, wenn es keine Band mehr geben würde. Wir müssen uns also wirklich nicht quälen, wenn es darum geht neues Material zu machen. Da sind die Produktion und das Drumherum schon mühsamer.

Habt ihr einen Keller voller unbenutzter Songs oder ist die Liederanzahl eher limitiert?

Thomas:
Wir haben beides ausprobiert. Beim ersten Album gab es wirklich wahnsinnig viele Demos, wo dann nur ein kleiner Prozentteil etwas geworden ist. Beim zweiten Album haben wir 15 oder 16 Songs geschrieben und 13 sind am Album. Jetzt gehen wir wieder in die andere Richtung und haben beschlossen, dass es beim nächsten wieder mehr Material geben muss, damit man im Studio viele Optionen hat.

Du kommst ja aus der Filmbranche und hast auch professionell Musikvideos gemacht. Warum sind dann eure Videos von Jan Frankl und nicht von dir?

Thomas:
Als ich angefangen habe Musik zu machen, habe ich mit der Filmbranche abgeschlossen. Ich dachte mir, dass ich für unsere Sachen nicht wieder damit anfange, vor allem weil ich es mag, mich nicht um alles kümmern zu müssen. Wenns jetzt keine Produktionsfirmen gibt, die mir gefallen, oder das Budget zu knapp wäre, würde ich die Videos aber schon selber machen.

Die Produktion auf eurem Album ist sehr professionell. Wie war es eigentlich so mit Wolfgang Möstl zusammenzuarbeiten?

Thomas: Es war wirklich eine super Sache, aber ich glaube es war für ihn auch ein Experiment. Diesmal haben wir eben gesagt, dass wir ins große Studio gehen, wo es zwar krachen darf, aber nicht aus technischer Unzulänglichkeit. Wir haben auf diesem Album mit Garagen-Sound gespart und versucht von der Produktion her so zu klingen, als könnten wir etwa eine amerikanische Band sein, die wirklich ihr Geld damit verdient.
Würdest du anderen jungen Bands raten, eine große Summe für professionelle Studioaufnahmen einzuplanen?

Thomas:
Sagen wir mal die Band hat 10.000 Euro, dann würde ich ihnen nicht sagen: „Gebt die ganzen 10.000 Euro für Studiokosten aus!“. Es gibt so viele andere Bereiche, die auch bezahlt werden müssen: Wer macht die Videos, promotet das, druckt Plakate und T-Shirts? Ich glaube aber, dass ein gewisser Prozentteil in die Aufnahmen fließen soll. Wenn man also ein Budget hat und die Aufnahme umsonst bekommen würde, dann sollte man das Studio genau unter die Lupe nehmen, denn einmal aufgenommen, sind die Songs eigentlich weg für immer.

Seid ihr eine Live- oder Studio-Band?

Thomas: Studio-Band, ganz klar. Natürlich mögen wir es live zu spielen, aber das ist mit so vielen anderen Sachen verbunden. Man muss sich ja nicht nur auf die Bühne stellen, spielen und dann ins Bett legen. Sondern der Tag beginnt mit Botengängen, Aufbau, Probe, so dass wir am Abend schon ziemlich fertig sind und den Auftritt nicht so genießen können. Wir haben uns die „Ochsen-Tour“ bewusst erspart, bei er man an einem Tag vor acht Leuten in Krems und am anderen Tag vor elf in St. Pölten steht. Wir schauen dafür verstärkt, dass online was passiert und dass uns das Radio spielt.

Kannst du dich an ein besonders schönes Live-Erlebnis erinnern?

Thomas:
Einmal sind wir nach Bayern gefahren, in einen sehr kleinen Ort. Wir haben uns da nicht so viel erwartet, weil es eine 6000 Seelen Gemeinde war, aber am Abend stand da circa 600 Kids, die zum Teil unsere Lieder mitsingen konnten. Wir haben dann noch öfter die Erfahrung gemacht, dass die Leute in der „Provinz“ sehr offen für Neues sind. Da fängt man dann irgendwann an über das Wiener Publikum zu grübeln… (lacht)

Wir feiern dieses Jahr 20 Jahre Mica und blicken da so ein bisschen in die Vergangenheit und Zukunft. Deswegen würde ich gerne wissen, wie du das österreichische Musikbusiness bis jetzt erlebt hast?

Thomas:
Ich weiß, dass FM4 eine sehr starke Plattform für österreichische Musik ist, aber trotzdem fehlt mir die Vielfalt durch andere Plattformen. Ich finde man sollte als Artist, bei aller Wertschätzung, nicht davon abhängig sein, ob FM4 dich spielt oder nicht. Es braucht starke Konkurrenten, die nicht unbedingt im Radio angesiedelt sein müssen. Ich glaube aber, dass der Weg eh ein guter ist.

Merkst du, dass aktiv etwas passiert?

Thomas:
Ja, im Export geht einiges weiter. Vor Ja, Panik und einige Jahre nach Falco war es sehr schwer als österreichischer Künstler in Deutschland oder sonst irgendwo bekannt zu werden. Da habe ich jetzt das Gefühl, dass alles wieder ein wenig offener ist.

Habt ihr irgendwelche Tipps und Tricks, die ihr KollegInnen in der Musikbranche weitergeben wollt?

Thomas:
Was sich für uns auf jeden Fall rentiert hat ist, zu erkennen, was wir können und nicht können. Wenn es Leute gibt, die etwas besser und vor allem professionell machen, sollte man auf Do-It-Yourself scheißen und die Aufgaben weitergeben. Die können gut Platten rausbringen, gut Promo machen oder das ist eine gute Konzert-Booking-Agentur: Ich finde es lohnt sich, so ein Netzwerk zu knüpfen, mit dem man es dann viel leichter hat. Warum dauernd das Rad neu erfinden, wenn es eine Vielfalt an alt-eingesessenen Hasen gibt?

Was sind eure nächsten Schritte auf der Karriereleiter?


Thomas:
Der größte Schritt war, das zweite Album rauszubringen. Davon müssen wir uns ein bisschen erholen, aber auch beobachten wie die Promotion so läuft. Gleichzeitig arbeiten wir natürlich an neuem Material. Für Herbst schauen wir mal ob sich nette Live-Termine ausgehen…
Danke für das Interview!
Fotos: Lukas Philippovich, Andreas Jakwerth

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