Vom 13. bis 23. September 2023 bringen die MUSIKTHEATERTAGE WIEN neueste Produktionen an verschiedene Orte der Stadt

Mit insgesamt neun internationalen Produktionen aus Europa, den USA sowie Südamerika zeigen die MUSIKTHEATERTAGE WIEN vom 13. bis 23. September 2023 ein vielseitiges Programm, bei dem das Festival menschliche und künstlerische Begegnungen ins Zentrum stellt. Dieses Jahr setzten die MUSIKTHEATERTAGE WIEN bewusst auf Durchlässigkeit und bespielen somit gleich mehrere Orte in Wien, um das Musiktheater näher an das Publikum zu bringen: Eröffnet wird mit HEILIGER ZORN/ detuned von Thomas Cornelius Desi in der Hofburgkapelle, Matthias Kranebitter bringt mit dem Black Page Orchestra PANDORA im Odeon zur Uraufführung. GHOST von Asa Horvitz (USA/NL) und das internationale Projekt HoME werden im brut nordwest gezeigt. Auch das WUK wird wieder mit zwei Produktionen bespielt: FEUERS WENDE und VON GLÄSERNEN HIMMELSSCHERBEN. Schließlich durchdringen die MUSIKTHEATERTAGE mit PASSAGIEREN und dem kulturübergreifenden Community-Projekt GAME OF AMBIVALENCE den öffentlichen Raum. Abgerundet wird das diesjährige Programm mit dem CLUB MOSAIK im Odeon Spitzer, in dem das Festival-Publikum musikalische Begegnungen von Künstler:innen und Musiktheatermacher:innen erlebt. Karten sind ab 7. Juni erhältlich. 

Bild Georg Steker und Thomas Desi (c) Ian Ehm
Georg Steker und Thomas Desi (c) Ian Ehm

„In diesem Jahr setzen die MUSIKTHEATERTAGE WIEN mehr denn je darauf, den Menschen in der Stadt Musiktheater näherzubringen und sie auch unmittelbar einzubinden. Wir gehen an mehrere etablierte Spielorte in Wien, nutzen den öffentlichen Raum für Inszenierungen und schaffen per AR-Technik, Hologramm sowie interaktiven Formaten eine immersive Verbindung zum Publikum. Und im Spitzer, der sich im Innenhof des Odeons befindet, gibt es dieses Jahr auch eine eigene Abendschiene, in der Festival-Künstler:innen mit Musiktheater-Macher:innen der heimischen Szene vor Ort kollaborieren. Außerdem haben wir ein Community Projekt, das mittels Musiktheater zwischen Kulturen und migrantischen Gruppen der Stadt vermittelt. PASSAGIEREN, END OF the WORLD, GAME OF AMBIVALENCE, FEUERS WENDE, GHOST – all diese Produktionen verbinden künstlerische Prozesse mit einer partizipativen Komponente‟, geben die künstlerischen Leiter der MUSIKTHEATERTAGE WIEN, Georg Steker und Thomas Cornelius Desi, erste Einblick in das geballte Programm.

Eröffnung: HEILIGER ZORN in der Hofburgkapelle

Wohin mit Wut und Zorn? Diese Frage nimmt der Komponist und Musiktheatermacher Thomas Cornelius Desi als Ausgangspunkt für das Eröffnungsstück HEILIGER ZORN/ detuned in der Wiener Hofburgkapelle. Der historische Konflikt zwischen dem wütenden englischen König Henry II und dem Erzbischof Thomas Becket vor bald tausend Jahren ist eine solche Geschichte von Kontrollverlust mit tragischer Konsequenz.
Für das diesjährige Eröffnungsstück haben sich Jugendliche, der Autor Thomas Ballhausen und der Komponist mit dem Thema des strafenden Zorns beschäftigt. Haben wir uns seit damals weiterentwickelt?

Sujet Pandora
MTTW 2023 / PANDORA (c) Christopher Sturmer

Uraufführung PANDORA von Matthias Kranebitter im Odeon Theater

Matthias Kranebitter baut mit seinem Black Page Orchestra PANDORA, eine neue, Genregrenzen auslotende Oper mit drei Sänger:innen in der Regie von Michael Höppner (Nationaltheater Weimar). In Kranebitters Wiederbelebungsversuch des barocken Operntorsos »Pandora«, nach verschollener Musik von Joseph-Niclas-Pancrace Royer und einem Libretto von Voltaire, verwandelt sich der griechische Mythos in eine vielgestaltige, ungezügelte Fantasie über Aufklärung, Revolution, Cembali und Guillotinen. Die mythologische Schlacht zwischen Himmel und Erde ist im neuen, posthumanen Zeitalter ebenso ein Wettstreit von Algorithmen versus Entmenschlichung in der fortschreitenden Digitalisierung der Welt. Daraus erwächst ein bildgewaltiges Live-Happening, das zu einem kreisenden Farb-, Form- und Klangchaos mutiert. Eine neue Oper für das posthumane Zeitalter, die nach und nach aus den Fugen gerät und ein aufregendes Eigenleben entwickelt. Was entlässt oder bewahrt Pandoras Box?

GHOST: Fragen an den Tod

Was kommt dabei heraus, wenn man einer Maschine Fragen über den Tod stellt? Nach dem Ableben seines Vaters sammelt der Komponist Asa Horvitz Bücher über Tod, Trauer und Verlust und speist sie in ein maschinelles Lernsystem (KI) ein, das daraus Wortfragmente schafft. Aus den vertonten KI-Texten kreiert Horvitz mit dem Avantgarde-Pianisten Wayne Horvitz und Künstler:innen Carmen Q. Rothwell sowie Ariadne Randall in GHOST eine Performance, um gemeinsam mit dem Publikum zu trauern, sich in Gegenwart und Vergangenheit treiben zu lassen und den Toten zu gedenken.

HoME: Was bedeutet Zuhause?

Zwölf Künstler:innen aus verschiedenen Genres, Kunstdisziplinen und Ländern (Österreich, Ungarn, Serbien und Spanien) machten sich auf die Suche nach Antworten auf die Frage, was „Zuhause‟ bedeuten kann. Die vielfältigen Ergebnisse der Recherche sind im Rahmen des Projekts HoME – House. Music. Europe bei den MUSIKTHEATERTAGEN WIEN gemeinsam zu sehen: als interaktive mobile Installation, Ausstellung, Musiktheater-Performance sowie Diskussionspanel mit Live Acts. 

KOLLAPSOLOGIE II – FEUERS WENDE: Überfall auf die OPEC 1975

Der Überfall auf das OPEC Hauptquartier in Wien im Jahr 1975 war der größte Schlag gegen das Ölpreis-Kartell und rückt bis heute unsere Abhängigkeit vom Erdöl und dessen Produzenten gewalttätig in den Blick.

Auf diesem Ereignis baut Thomas Cornelius Desi nun den zweiten Teil seiner KOLLAPSOLOGIE-Serie über den Zusammenbruch globaler Systeme. Das gesamte Publikum gestaltet selbst diesen Terrorakt von Überfall, Geiselnahme und Flug nach Afrika als theatrales Reenactment und Rahmen für eine Konferenz über unser aller Zukunft. Als Hybrid-Oper wird zeitgleich zur Aufführung in physischer Präsenz eine mediale Version im Netz zu erleben sein.

Bild MTTW 2023 VON GLÄSERNEN HIMMELSSCHERBEN
MTTW 2023 / VON GLÄSERNEN HIMMELSSCHERBEN (c) Elodie Grethen

VON GLÄSERNEN HIMMELSSCHERBEN: Wer glaubt noch an Gott?

Man glaubt nicht mehr an Gott. Warum? Weil man keine Zeit mehr dazu hat.

Die junge Regisseurin Azelia Opak greift gemeinsam mit Barbara Maria Neu (Performance, Klarinette) sowie Tanja Glinsner (Komposition) für ihre Inszenierung VON GLÄSERNEN HIMMELSSCHERBEN das Gedicht „Der Mensch ist tot‟ von Claire Goll auf und sieht die darin liegende Poesie als Reaktion auf den Krieg – von gestern und heute. In der postapokalyptischen Welt einer verlassenen Eisenbahnfabrik wird die Klarinette zum kraftvollen Werkzeug, um eine Arbeiterin auf eine surreale Reise zu schicken. Hier werden Klänge mit Poesie verschweißt und unmögliche Fragen gestellt: Haben Menschen noch Zeit für spirituelle Erfahrungen und wo finden diese in Zukunft Platz? Die freche und provokante Stimme der Autorin lässt hoffen, dass es Schönheit selbst inmitten der Zerstörung gibt. 

Musiktheater im öffentlichen Raum

In der diesjährigen Ausgabe der MUSIKTHEATERTAGE WIEN setzt das Festival stärker denn je auf Begegnungen von Musiktheater und Publikum im öffentlichen Raum.

Mit PASSAGIEREN initiieren Georg Steker und Daniel Riegler (Studio Dan) für das Publikum musiktheatrale Begegnungen an unterschiedlichen Orten Wiens. Eine zeitgenössische Komposition von Michael Tiefenbacher wandelt sich in einer Raum-Choreografie von Anna Knapp für Musiker:innen und Performer:innen zum künstlerischen Spielraum der Begegnungen mit Passant:innen. In den Wechselwirkungen von Bewegungs-Rhythmen und -Mustern der zufällig oder absichtlich Anwesenden formiert sich das Stück immer wieder neu.

Was meinen wir, wenn wir vom „Ende der Welt“ sprechen? Wie fühlt es sich an und wie ist es erfahrbar? Der AR-Opera-Walk THE END of THE WORLD begibt sich auf die Spuren des Apokalypse-Mythos – aus persönlicher, weiblicher Perspektive. Mit Hilfe von Augmented Reality Brillen und Hologrammen werden Interviews, die in Wien mit Frauen aus verschiedenen Generationen und mit unterschiedlichen soziokulturellen Hintergründen geführt wurden, vor den Augen des Publikums lebendig.

Gemeinsam mit dem Kollektiv MUSIC*SCAPES entwickeln die MTTW 2023 außerdem ein neuartiges Community-Projekt: In GAME OF AMBIVALENCE wird Musiktheater zum Medium für eine vielstimmige Gesellschaft. In kreativen Workshops und anderen Formaten kommen Künstler:innen und interessierte Bewohner:innen der Stadt Wien zusammen, um sich spielerisch mit Ambivalenzen zu beschäftigen: Welche Widersprüche tauchen im Alltag auf, wenn verschiedene Kulturen und soziale Normen aufeinandertreffen? Was scheint uns zu trennen und was haben wir gemeinsam?

Der von Georg Steker kuratierte CLUB MOSAIK ist ein Ort der Begegnung abseits der Musiktheater-Projekte des Programms und ein „Coming Together Space‟ für Künstler:innen und Publikum in entspannter Atmosphäre. In frei zugänglichen musikalischen Sessions kommen Künstler:innen aus unterschiedlichen Produktionen des Festivals zusammen oder treffen auf Kolleg:innen der zeitgenössischen Musik- und Musiktheaterszene Wiens, um Einblicke in ihren Zugang zum Musikschaffen zu gewähren. 

Austrian Music Theatre Day ‘23: Lernende Maschinen

Unter dem Thema „Fluid Spaces – Neues Musiktheater in der Ära des Machine Learning‟ werden heuer beim Austrian Music Theatre Day’23 am 20. und 21. September avancierte digitale Konzepte im neuen Musiktheater diskutiert, ausgewählte Projekte eines Calls, sowie neue Produktionen und Initiativen vorgestellt. Die Kick-Off Lectures zum Thema AI halten Fabian Offert (USA), sowie Thomas Ballhausen (Mozarteum Salzburg) und Stefan Gindl (Research Studios Austria FG). Der Austrian Music Theatre Day wird in Kooperation mit mica – music austria/Austrian Music Export als Format für Networking innerhalb der Musiktheater-Szene durchgeführt. 

CREATORS CONNECTION PROGRAMM

Als Netzwerk-Partner von Music Theatre Now laden die MUSIKTHEATERTAGE WIEN eine ausgewählte Gruppe junger aufstrebender Künstler:innen der internationalen Musiktheaterszene zu einem mehrtägigen Netzwerk-Meeting im Rahmen des Festivals ein. Ziel des Creators Connection Programms ist, individuelle Künstler:innen in der Produktion und Veröffentlichung ihrer Arbeit zu unterstützen und die Zusammenarbeit zwischen Künstler:innen mit unterschiedlichen Hintergründen und Metiers zu fördern.

WHAT’S NEXT? — Das EU-Residency-Projekt der MUSIKTHEATERTAGE

Die MUSIKTHEATERTAGE WIEN sind Teil des EU-geförderten Residency-Programms »What’s next?«, das in Partnerschaft mit Kulturorganisationen aus der Ukraine, Polen, Rumänien und Deutschland realisiert wird. 2023 bietet das Festival europäischen Musiktheater-Kollektiven und Künstler:innen die Möglichkeit, im Rahmen von mehreren Residencies an laufenden Projekten zu arbeiten, gleichzeitig die vielfältige zeitgenössische Musiktheaterszene in Wien kennenzulernen und neue Netzwerke zu knüpfen.

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