POLKOV spielen wunderbar melodieverliebten Pop. Nun steht das zweite Album vor der Tür. LAURENZ JANDL und ALEX HACKL sprachen mit Markus Deisenberger über irrtümliche Bandnamen, isoliertes Aufnehmen und darüber, warum POLKOV heute „mehr Oscar Wilde als Jack Kerouac“ sind.
Ihr zweites Album ist fertig und wird im März erscheinen. Das letzte Album hatte einen stark US-amerikanischen Einschlag. Wird das beim kommenden auch so sein?
Laurenz Jandl: Nein, ganz und gar nicht. Es wird einfach Pop-Musik sein.
Ganz ohne Country-Einschlag?
Laurenz Jandl: Es geht schon auch von meinem Songwriting aus. Aber dieses Album wurde ganz anders instrumentiert, arrangiert und produziert. Und das Ergebnis wird, glaube ich, einige Leute sehr überraschen.
Und wie genau wird diese Überraschung klingen? Kann man das schon verraten?
Alex Hackl: Es wird kaum eine akustische Gitarre zu hören sein. Und es ist viel sphärischer als der Vorgänger. Der Schunkel-Faktor ist ganz wegfallen
Auf dem neuen Album wird die Pedal-Steel aber nicht zu hören sein?
Laurenz Jandl: Nein, das hätte nicht gepasst. Dafür der eine oder andere Synthesizer.
Haben Sie das Pop-Format gesprengt?
Alex Hackl: Nein, es bleibt in diesem Format.
Laurenz Jandl: Die Songs sind vielleicht um eine Spur länger als am Vorgänger.
Alex Hackl: Melodien sind immer noch wichtig. Da hat sich nichts geändert. Nur die Thematik ist nur eine andere.
Inwiefern? Melancholischer?
Laurenz Jandl: Melancholisch ist das falsche Wort. Verlorener vielleicht.
Alex Hackl: Größer. Es nimmt mehr Raum ein.
Laurenz Jandl: Und es ist auch pathetischer, aber immer noch mit einem zwinkernden Auge. Und schwerer. Auf jeden Fall schwerer.
Wieso schwerer? Drückt die Großstadt?
Laurenz Jandl [lacht]: Nein, das Leben.
Stimmt es eigentlich, dass Ihr selbstbetiteltes Debüt schon nach wenigen Wochen ausverkauft war und Sie nachpressen mussten?
Laurenz Jandl: Ja. Stimmt.
Und für das Aufnehmen des zweiten Albums haben Sie sich in die Bretagne zurückgezogen?
Laurenz Jandl: Ja, nachdem wir das Material zusammenhatten beziehungsweise sich solch eine Menge an Songs bei mir angesammelt hatte, hatten wir diese Idee. Es ging darum, zu schauen, wo es mit uns hingeht. Sich drei Wochen lang völlig isoliert vom üblichen Alltag Zeit zu nehmen und zu schauen, was dabei herauskommt. So entstand das Material, wie es dann letztlich aufgenommen und dann in einem weiteren Schritt verfremdet wurde.
„Es ist schon sehr förderlich, eine gewisse Zeit lang keine Ausreden zu haben.“
Hat die Enge beziehungsweise die Zurückgezogenheit das neue Werk auch stilistisch beeinflusst?
Alex Hackl: Na ja, die Enge nicht, aber das Zusammenleben. Man muss sich so einfach ständig mit der Materie auseinandersetzen. Wir waren ja zwei Wochen fast ausschließlich in dem Haus und auf dem Grundstück. Das Equipment stand im Wohnzimmer, und wir hatten fixe Probenzeiten. Es ist schon sehr förderlich, eine gewisse Zeit lang keine Ausreden zu haben, sondern ganz konzentriert Musik machen zu müssen. Keine Termine. Du bist nur aus einem Grund da: um zu arbeiten, und zwar an einer Sache.
Wie kamen Sie auf die Idee?
Laurenz Jandl: Es war eine Schnapsidee meinerseits, aber ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Wichtig war jedenfalls, dass es nicht allzu weit weg sein sollte, weil wir ja das ganze Equipment transportieren mussten. Vielleicht hatte ja auch die Landschaft, die spezielle Umgebung einen Einfluss auf das Endprodukt. Aber da sollen sich die Leute dann ihr eigenes Bild machen.
Melodien waren auf dem ersten Album sehr wichtig, nahmen einen zentralen Platz ein. Wie entstehen die Nummern eigentlich?
Laurenz Jandl: Die Nummern entstehen mehr oder weniger immer gleich. Sie gehen von mir aus, ich schreibe sie am Piano oder auf der Akustikgitarre und trage sie dann in einer Strip-down-Version den anderen vor. Und dann spielen und instrumentieren wir den Song gemeinsam aus, schauen, wohin die Reise hingeht, geben uns gegenseitig Feedback.
Kann es sein, dass sich der Song dann noch stark verändert?
Laurenz Jandl: Nicht wirklich. Die Strukturen bleiben gleich. Teile aber können schon versetzt werden, da spielt man sich. Melodie und Text aber bleiben großteils unverändert.
Es gibt derzeit eine ganze Reihe erstklassiger Grazer Bands. Graz scheint neuerdings ein guter Boden für anspruchsvolle Rock- und Popmusik zu sein.
Laurenz Jandl: Das höre ich schon seit den ersten Interviews, die ich gegeben habe. Dann scheint es wohl auch so zu sein. Es kommt auch wirklich viel nach, das Klima ist gut, aber manchmal nimmt in Graz die Gemütlichkeit überhand, das finde ich schlecht.
Die richtigen Mitstreiter für diese intime Art von Musik zu finden, stelle ich mir nicht leicht vor. Wie ging das vor sich?
„Polkov hat sich gewissermaßen selbst gefunden.“
Laurenz Jandl: Das ging von mir aus. Ich komme aus dem Singer Songwriter-Fach. Und dann stießen einfach immer mehr Leute dazu. In der jetzigen Besetzung spielen wir seit guten zwei Jahren. Polkov hat sich gewissermaßen selbst gefunden.
Das soll so bleiben?
Alex Hackl: Es soll so bleiben, ja.
Laurenz Jandl: Genau. Daran wird sich auch in diesem und im nächsten Jahr nichts ändern.
Sie sind nicht alle in Wien ansässig, oder?
Laurenz Jandl: Nein, was das Ganze aber sehr erschwert. Wir proben nicht regelmäßig und fahren genau deshalb dann drei Wochen in die Bretagne, um den Rückstand aufzuholen.
Alex Hackl: Drei Stunden herumzufahren, um dann vielleicht drei Stunden zu proben, zahlt sich einfach nicht aus. Deshalb haben wir zu dieser konzentrierten Form gefunden.
Wie sind Sie eigentlich auf den Bandnamen gekommen?
Laurenz Jandl: Ich habe mich in einem Buch verlesen und es nicht bemerkt. Es sollte eine Anspielung auf „Do Androids Dream of Electric Sheep?“ von Philip K. Dick sein. Darin gibt es einen Agenten namens Polokov. Aber ich habe drübergelesen. Und erst Jahre später hat mich mein Cousin darauf aufmerksam gemacht, dass der eigentliche Charakter Polokov und nicht Polkov heißt.
Schöne Geschichte. Wie wurden Sie eigentlich musikalisch sozialisiert, Laurenz? Waren es auch die Songwriter, die Sie zur Musik brachten?
Laurenz Jandl: Schon, ja. Meine Eltern haben viel Billy Joel, Randy Newman, Elton John – die 70’s Songwriter-Ecke – gehört.
Und Sie, Alex?
Alex Hackl: Meine Eltern waren keine großen Musikhörer. Auf diese Art von Musik stieß ich erst im Zuge der Aufnahmen zum ersten Album.
Und was schwebt Ihnen für das kommende Album vor?
Laurenz Jandl: Uns schwebt gar nichts vor. Die ganze Erwartungshaltungsscheiße muss man wegschieben. Das bringt überhaupt nichts.
Wie lief Ihre kleine Deutschland-Tour?
Laurenz Jandl: Wir konnten eigentlich den ganzen Sommer nicht spielen, , weil ich unzählige Komplikationen mit meinen Mandeln hatte. Deshalb haben wir das Touren dann, , so gut als möglich, im Herbst nachgeholt.
Was hat sich in der Band geändert?
Alex Hackl: Man wächst enger zusammen. Die Bretagne war wichtig, auch das Spielen in Deutschland. Das hat uns stark verändert. Das hat uns stärker gemacht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Deisenberger
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