Der Kulturjournalismus ist weiß, männlich und akademisch geprägt. Eine Gruppe fünf junger skug-Autor:innen will das ändern. Du liebst Musik und Kultur? Dann bietet das europäische Solidaritätsprojekt „Untergründlich divers – Schreibwerkstatt für mehr Diversität im Musik- und Kulturjournalismus“, finanziert aus den Mitteln der Europäischen Union, in Kooperation mit skug.at in monatlichen Schreibwerkstätten die Möglichkeit, deine Perspektive einzubringen.
Die Musikindustrie – das ließ sich zuletzt am Fall Rammstein schmerzlich beobachten – ist geprägt von patriarchalen Macht- und Ausbeutungsverhältnissen. Missbräuchliches Verhalten, meist von cis-männlichen Musikern an jungen FLINTA*, ist dabei nur die Spitze des Eisberges. Bis heute herrscht das Dogma des weißen, männlichen „Musikgenies“ vor. Hitlisten und andere Rankings erhalten kaum Werke von FLINTA* oder anderen marginalisierten Personengruppen. Auf Musikfestivals spielen weiterhin kaum Frauen, und die Single-Charts dominieren, wie soll es sonst sein, Männer. Laut einer aktuellen Studie der deutschen MaLisa-Stiftung stammen mehr als 85 Prozent der Songs in den Charts aus der Feder männlicher Komponisten, Trend aufsteigend. Bei großen Musikfestivals machen weibliche Artists nur 8 Prozent des Line-Ups aus.
Eine andere Branche, die von Machtverhältnissen trieft – und in der das Paradigma des „männlichen Genies“ vorherrscht – ist der Journalismus. Das zeigen die Zahlen eines Reports des Medienhaus Wien aus dem Jahr 2022. So sei in Österreich zwar das Geschlechterverhältnis unter Redakteur:innen ausgeglichen. Doch umso höher in der Hierarchie sich ein Redaktionsmitglied befindet, desto eher ist es männlich: Nur ein Drittel aller Leitungspositionen sind von Frauen besetzt. Außerdem hat die Hälfte der Journalist:innen studiert. Und nur sechs Prozent von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Verhältnisse, die sich im Musik- und Kulturjournalismus intensivieren. Der Prototyp der Kultur- und Musikjournalist:innen ist also: weiß, männlich, hochgebildet. Musikwissenschaftler André Goehring, der u. a. das Geschlechterverhältnis in deutschsprachigen Musikredaktionen untersuchte, schreibt in einer Studie: „Musikmagazine werden von Männern für Männer gemacht.“
Ein Zustand, den eine Gruppe aus fünf jungen skug-Autor:innen nicht tragbar findet. Denn nach ihrem Verständnis neigt ein männlicher Journalismus dazu, Sexismus zu normalisieren, in den eigenen Redaktionssitzungen wie in seiner Berichterstattung. Musikalische und künstlerische Beiträge von FLINTA* oder anderen marginalisierten Personengruppen werden kaum gewürdigt, Missbrauchserfahrungen von Künstler:innen und Fans abgesprochen. Junge Journalist:innen, die nicht dem Archetyp „männliches Genie“ entsprechen, müssen sich doppelt anstrengen, um Achtung und Förderung zu erhalten. Die Vision der skug-Autor:innen ist ein Kulturjournalismus, der einen Diskurs über Bildungs-, Klassen-, und Geschlechtergrenzen hinweg ermöglicht. In dem all die Fuß fassen können, die Lust haben, über Kultur und Musik zu schreiben. Die Initiator:innen sind sich sicher: „Umso mehr Stimmen und Perspektiven, desto mehr können wir alle lernen.“ Dafür bieten sie ab Ende August eine monatliche Schreibwerkstatt an. Und du kannst daran teilnehmen!
In der Schreibwerkstätten möchten sie Journalismus-Interessierte unabhängig von ethnischer oder sozialer Herkunft und Geschlecht bei ihrem Schreibprozess unterstützen. Es werden Workshops gehalten, etwa zu freiem Schreiben, Themenfindung oder journalistischen Standards. Anschließend wird dazu eingeladen, mit den skug-Autor:innen und anderen jungen Journalist:innen ins Gespräch zu kommen, sich zu vernetzen und gemeinsame Interessen zu finden. Das Ziel ist, dass die Teilnehmer:innen bald selbst über Konzerte, Performances, Ausstellungen, Bücher, Musik oder Filme schreiben. Die Autor:innen von skug machen möglich, dass Texte publiziert werden können – bei skug oder anderen alternativen Medienprojekten in Wien. Vor allem aber wollen sie den Teilnehmer:innen Spaß am Schreiben vermitteln. Und hoffen, dass so viele junge Menschen Lust bekommen, den Kulturbetrieb um ihre Perspektive zu erweitern.
Die Teilnahme an den Schreibwerkstätten ist kostenlos. Schreibutensilien, also Stifte und Blöcke, werden zur Verfügung gestellt.
Für eine unverbindliche Anmeldungen oder bei Fragen bitte eine E-Mail an: schreibwerkstatt@skug.at
Termine
- Völlig daneben. Feedback geben und annehmen
Mittwoch, 22. November 2023, ab 18:00 Uhr
Ort: t/abor (Taborstraße 51/3; 1020 Wien) - Wie pitche ich einen Artikel?
Mittwoch, 13. Dezember 2023, ab 18:00 Uhr
Ort: t/abor - 10/10? Zehn Tipps, um Alben, Filme und Bücher zu rezensieren
Mittwoch, 31. Jänner 2024, ab 18:00 Uhr
Ort: t/abor - Gute Frage: Wie führe ich ein Interview?
Mittwoch, 28. Februar 2024, ab 18:00 Uhr
Ort: t/abor - Deine Perspektive zählt! Konzertberichte, Portraits und Reportagen
Mittwoch, 20. März 2024, ab 18:00
Ort: t/abor
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