„Unsere Musik ist nicht leicht zu spielen“ – mica-Interview mit TOMMY BÖRÖCZ und RENS NEWLAND (OSTINATO)

Vor 40 Jahren hat der Schlagzeuger TOMMY BÖRÖCZ die Gruppe OSTINATO mitbegründet, die sich seitdem zwischen Funk, Jazz und Worldmusik bewegt. TOMMY BÖRÖCZ ist noch immer dabei und zum Bandjubiläum gibt es zwei Re-Releases und ein neues Album. Mehr als 60 MusikerInnen haben die Band inzwischen durchlaufen, seit mehr als drei Jahrzehnten ist auch der Gitarrist RENS NEWLAND ein Teil von OSTINATO. Im Interview mit Jürgen Plank geben BÖRÖCZ und NEWLAND Einblicke in die Bandgeschichte.

Wie kam es zum Bandname Ostinato?

Tommy Böröcz: Der Bandname Ostinato hat gut zu den Kompositionen gepasst, die ich geschrieben hatte. Der Name war eine gute Idee des Gitarristen Claudius Jelinek. Wir haben dann mit verschiedenen MusikerInnen gespielt. Wir haben Andi Steirer dazu geholt, wenn wir einen Perkussionisten gebraucht haben und Andi ist jetzt auch noch dabei.

Rens Newland, wie sind Sie dazu gekommen?

Rens Newland: Das war ungefähr im Jahr 1980. In verschiedenen Clubs haben Tommy und ich immer wieder in kleinen Besetzungen gespielt. In Clubs wie dem Andino oder der Rumpelkammer, wenn sich noch jemand daran erinnern kann. In dieser Zeit hat Tommy auch schon mit Ostinato gespielt und so hat sich mein Einstieg ergeben.

Tommy Böröcz: Wir waren damals auch in Südamerika, mit der ersten Besetzung. 1979 bin ich zurück nach Europa gekommen, das ganze Jahr 1978 waren wir dort. Nach der Rückkehr habe ich mir gedacht: Ich werde die Band neu formieren. Weil von der Urbesetzung nicht alle das Gleiche machen wollten. Der Bassist etwa ist in Brasilien geblieben und dort mit einer brasilianischen Band getourt. Deswegen habe ich Rens gefragt, ob er einsteigen möchte. Außerdem wollte ich nach der Südamerika-Tour wieder einen Bläsersatz dabei haben.

Sie sind seit rund 37 Jahren bei Ostinato, wie fühlt es sich an, so lange in eine Formation eingebunden zu sein?

Rens Newland: Gut, denn das Wichtigste ist ja am gleichen musikalischen Strang zu ziehen. Das ist auch eine Art Kampfgemeinschaft gegen den Rest der Welt. Wir spielen ja Instrumentalmusik und das war damals ein bisschen leichter, aber seitdem ist es immer schwieriger geworden. Wir sind eine der wenigen Gruppen im Bereich Jazz und Funk, die instrumental spielen. Einmal haben wir ein vokales Album gemacht, aber die längste Zeit machen wir Instrumentalmusik und das ist gar nicht so leicht und schweißt daher zusammen.

Die Kompositionen stammen von Ihnen beiden.

Rens Newland: Obwohl unsere Kompositionen anders sind, hat sich heraus gestellt, dass sie sehr gut zusammen passen. Wenn jemand anderer mal versucht hat, etwas für uns zu komponieren, dann war das oft nicht mehr Ostinato. Wir haben das einfach im Gefühl, welche Bedingungen die Kompositionen erfüllen müssen und so gesehen ist das ganz toll.

Bild (c) Ostinato

„Wenn man Kompositionen macht und die gefallen einem selbst nicht mehr, dann passt etwas nicht“

Wie hat sich die Band Ihrer Meinung nach in diesen 40 Jahren entwickelt? Bei einer Bandgründung erwartet man vermutlich nicht, dass das Projekt so lange bestehen bleibt.

Tommy Böröcz: Selbst beurteilt man seine Arbeit nicht gerne. Man schreibt Musik, die man gerne hören würde, das heißt: Wenn man Kompositionen macht und die gefallen einem selbst nicht mehr, dann passt etwas nicht. Dann muss man etwas ändern. Ob es anderen gefällt, ist wieder eine andere Geschichte. Das erfährt man, wenn man live spielt und einen Tonträger zum Verkauf anbietet. Zur Entwicklung: Der Beginn war gut, weil wir mehrere Bandwettbewerbe gespielt haben, von denen wir zwei gewonnen haben und bei den anderen sind wir relativ weit vorne platziert gewesen. In der Folge haben wir viele Clubs bespielt. Danach haben wir Anfang der 1980er-Jahre die so genannten Austrorock-Festivals bespielt. Davon gab es damals einige, in Pinkafeld, und da waren hauptsächlich österreichische Rockbands dabei. Wir haben damals Opus und Drahdiwaberl und alle möglichen anderen Bands kennen gelernt.

Wie habt ihr zu diesen Austropop-Rockbands dazu gepasst?

Tommy Böröcz: Wir haben auf der gleichen Bühne gespielt, obwohl wir von der Musik relativ weit weg vom Mainstream der Rockmusik in Österreich waren. Aber für die Veranstalter war es interessant, den ZuhörerInnen etwas anderes anbieten zu können. Erstens ohne Gesang, zweitens mit vielen Soli und drittens mit einem Bläsersatz. Wir waren eigentlich eine der ersten Bands, die den Bläsersatz in der Popmusik verstärkt hervorgehoben hat.

Wie ist euer Erfolg erklärbar?

Tommy Böröcz: Ich bin stolz darauf, dass wir eine der ersten Bands waren, die diesen Musikstil in Österreich gemacht haben. Dass unsere Musik erfolgreich ist, hat den Grund, dass wir von Anfang an etwas anderes gemacht haben. Die Qualität hat gestimmt und die Veranstalter haben mitgemacht und das Publikum war da.

„Wir haben uns umgeschaut und frische Musiker dazu genommen. So haben wir auch immer wieder neue Einflüsse und neue Farben hereinbekommen“

Die Besetzung von Ostinato hat sehr oft gewechselt. Wie hat sich dieser Punkt über die Jahre auf die Band ausgewirkt?

Cover “Isn´t that Jazz?”

Rens Newland: Wir haben immer wieder neue Musiker gefunden. Durch das Vienna Art Orchestra haben wir eine kleine Krise bekommen, weil drei Leute von uns zum Art Orchestra gegangen sind. Anfangs war das nicht schlimm, aber sie waren dann so viel auf Tour, dass sie  bei uns ausgestiegen sind. Wir haben uns umgeschaut und frische Musiker dazu genommen. So haben wir auch immer wieder neue Einflüsse und neue Farben hereinbekommen. Deswegen ist es auch immer interessant geblieben. Wir haben immer wieder Musiker gefunden, die unsere Musik spielen konnten. Denn: Unsere Musik ist nicht leicht zu spielen.

Was sind die bekanntesten Musiker, die bei Ostinato waren?

Tommy Böröcz: Bei den Bläsern waren zum Beispiel Harry Sokal und Wolfgang Puschnig bei uns. Robert Riegler ist zu nennen, der bei einem Wettbewerb zum viertbesten Bassisten weltweit gewählt wurde. Nachdem wir aus Südamerika zurückgekommen sind, war auch der Trompeter Bumi Fian in der Band.

Rens Newland: Es waren rund 60 MusikerInnen, manche haben nur eine Tour mitgespielt. Aber das ist natürlich schon ein Wahnsinn. In den letzten Jahren sind wir aber ziemlich konstant in der Besetzung.

„Wir haben gespielt und die Leute waren so begeistert und es gab so einen großen Applaus, dass es physisch wehgetan hat“

Gibt es ein einschneidendes Erlebnis, dass sie für immer mit Ostinato verbinden werden?

Tommy Böröcz: Wir kennen ja alle den Sender Ö3 und der rühmt sich damit, der stärkste Sender mit den meisten ZuhörerInnen im Land zu sein. Damals wurde Ostinato von Ö3 gespielt. Am Beginn einer Tournee Anfang der 1980er-Jahre sind wir zum ersten Auftritt gefahren und ich habe das Radio aufgedreht und da ist ein Stück von mir gelaufen und ich habe mich dermaßen gewundert darüber und auch darüber gefreut, dass ich mir gedacht habe: das werde ich mir merken, denn heute wäre das ein Ding der Unmöglichkeit.

Rens Newland: Mir ist ein Auftritt beim Jazzfestival in Velden gut in Erinnerung geblieben. Das war im Jahr 1981, da haben die ganz Großen gespielt: Chick Corea, Stan Getz und John McLaughlin. Wir haben gespielt und die Leute waren so begeistert und es gab so einen großen Applaus, dass es physisch wehgetan hat. Das war echt toll!

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Ostinato besteht seit 40 Jahren, Bands wie The Rolling Stones, The Who oder The Scorpions spielen noch länger. Wie ist es in so einer Reihe zu stehen?

Tommy Böröcz: Das sind insofern Vorbilder als sie zeigen, wie lange eine Karriere dauern kann. Früher gab es den Spruch: Trau’ niemandem über 30. Damals war es klar, dass die Musik für junge Menschen gemacht wird. Die jungen Menschen sind aber auch älter geworden und auch die Rolling Stones sind älter geworden. In der Jazzmusik ist Alter aber nichts Außergewöhnliches, Louis Armstrong ist alt geworden. Man hat länger geglaubt, dass Popmusik von jungen Leuten für junge Leute gespielt wird.

Rens Newland: Das hat man länger geglaubt.

Tommy Böröcz: Aber das Publikum ist auch älter geworden und will sich wieder jung fühlen.

Was treibt euch als Ostinato weiter an?

Rens Newland: Es ist wirklich so, dass das, was wir hier tun, ein Bedürfnis ist. Jeder von uns macht auch andere Projekte, man kann in Österreich nicht von einem Projekt leben. Wir wollen die Musik, die wir spüren einfach machen und aufnehmen und so gut wie möglich verkaufen. Und insofern sehe ich da überhaupt kein Ende. Warum sollen wir das stoppen? Es gibt immer neue Idee und wir haben die Musik auch immer in Bezug auf neues Equipment und auf neue Musiker adaptiert.

Danke für das Gespräch.

Jürgen Plank
CD: „Isn’t that jazz? Yes, it isn’t!“ (Jive)

Jubiläumskonzert:
Freitag 12.5. Gasometer (Wien)

Link:
Ostinato