Seit nun schon über 15 Jahren zelebriert die zehnköpfige Wiener Band MATATU die musikalische Vielfalt in all ihren Facetten. Der Global-Sound, den die Truppe zu Gehör bringt, zeigt sich als ein bunter Stilmix aus Latin, Hip-Hop, Reggae, Swing und Rock und setzt genau die Energien frei, die jedes ihrer Konzerte in ein ausgelassenes Tanzevent verwandeln. Mit „So nicht“ erschien Ende Jänner die neue Single von MATATU. Im Interview mit Michael Ternai erzählen Daniel (Gitarre, Gesang) und Robin (Schlagzeug) über den breiten Stilmix ihrer Musik, die Bedeutung für sie, positive Energie zu vermitteln, und auch die Hoffnung, mit ihren Texten zum Nachdenken anzuregen.
Es gibt euch schon seit vielen, vielen Jahren. Hört man sich eure Songs der Vergangenheit an, so fällt einen sofort eine große Vielfalt im Sound auf.
Daniel: Diese musikalische Vielfalt ist eigentlich die DNA von Matatu. Die Band entstand als Mix auf verschiedenen Ebenen. Zum einen kamen wir alle von verschiedenen Universitäten. Ich von der Grafischen bzw. Angewandten, ein Kollege aus der Architektur, andere von verschiedenen Musikhochschulen usw. Dann spielte natürlich auch die Herkunft der einzelnen Bandmitglieder eine maßgebliche Rolle. Über die Jahre waren Leute aus dem Iran, Ägypten, Polen und den Philippinen dabei. Unser Pianist stammt aus Bosnien, ich bin halb Pole, halb Ungar. Dann kommt noch hinzu, dass alle unterschiedliche musikalische Vorlieben haben und somit etwas anders in das Projekt einbringen. Und dann ist da noch meine Liebe zur lateinamerikanischen Kultur. Ich lebte ein Jahr lang in Nicaragua und die Zeit dort hat mich natürlich geprägt. Ich verliebte mich in die Sprache und die Kultur des Landes. Und natürlich auch in die Musik. Daher vielleicht auch mein Wunsch, eine Band mit einem großen Bläsersatz zu gründen. Dieses Element ist mittlerweile auch das Centerpiece des Musikalischen geworden.
All das bedingt natürlich eine große musikalische Vielfalt, die man nicht wirklich irgendwo festmachen kann. Wir haben schon Konzerte gehabt, bei denen wir ausschließlich mit Ska- oder Salsa-Bands gespielt haben. An dem Abend waren wir die bunten Hunde, die das Genre nicht so auf den Punkt bringen.
Die Band entstammt aus dem Umfeld des ehemaligen Ost Klub in Wien.
Daniel: Ja, das stimmt. Der Ost Klub war im Grunde der Geburtsort von Matatu. Der Club war eine Art Biotop, von dem es dann in Richtung Sziget Festival und einem Festival in Slowenien ging. Im Grunde sind wir eigentlich immer noch dabei, uns musikalisch von dieser Zeit zu emanzipieren und unseren Sound weiterzuentwickeln. Nach zwanzig Jahren gehen manche Dinge einfach nicht mehr. Musikalisch wie auch inhaltlich. Und das ist interessant und spannend zu sehen, wie ein Bandkonstrukt, das schon so lange besteht, weiterwächst.
Ihr werdet oft der Global Music zugeordnet. Das ist ein Begriff, der alles beschreibt, aber auch nichts. Lauscht man eurer Musik, erkennt man natürlich Elemente aus unterschiedlichsten musikalischen Richtungen. Was eure Nummern, ebenso auch eure neue, bestimmt, ist ein hoher Tanzfaktor. Liege ich ganz falsch, wenn ich sage, dass ihr im Grunde Tanzmusik macht?
Daniel: Genau.Ich nehme ein Konzert nicht als Darbietung wahr, in dem Sinne, dass wir Stücke spielen und die Leute sind da und hören es sich an. Für mich ist ein Konzert fast schon so etwas wie ein sakrales Ereignis. Wenn es das Publikum nicht gibt, ist die Musik auch nichts wert. Unser Anspruch ist, unser Publikum so gut wie möglich einzubinden. Ich würde sagen, dass wir Energiemusik machen. Unser Ziel ist schon, bei einem Konzert den höchst möglichen Energiepeak zu erreichen. Und ja: es ist Tanzmusik. Im positivsten Sinn.
Robin: Während der Lockdowns haben wir gemerkt, wie schwierig es für uns ist, Konzerte vor sitzendem Publikum zu spielen. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Wir spielten Konzerte, bei dem vor der Bühne aufgrund der damals geltenden Beschränkungen die Stühle gestanden sind, dahinter gab es eine Umzäunung und hinter der standen die Leute, die die richtige Party veranstalteten.Wir haben gesehen, dass wir die Leute wirklich brauchen, um richtig abfeiern zu können.
Steht bei euch der Partygedanke im Vordergrund oder spielt auch die musikalische Herausforderung eine Rolle. Oder lautet das Motto: Mit der guten Laune eine Message zu transportieren?
Daniel: Das kann man so sagen. Unser Ziel ist, eine gute Balance zu finden, zwischen musikalischem und lyrischem Anspruch auf der einen Seite und guter Laune und einem hohen Energielevel auf der anderen. Was wir aber nicht im Sinn haben, ist, mit dem erhobenen Zeigefinger auf etwas hinzudeuten.
Wie sieht es bei euerer neuen Single „So nicht“ aus. Worum geht es in dem Song?
Daniel: Es geht um die Ambivalenz, die wir alle in uns spüren, um die Informationsflut, die uns ins Hirn rauscht und uns gleichzeitig entsetzt und lähmt. Auf der einen Seite das Wissen, dass es nicht so weitergehen kann, auf der anderen Seite die Machtlosigkeit, der man glaubt, ausgeliefert zu sein und die den Weltschmerz im Moment ausdrückt. Und dann natürlich auch die Hoffnung, dass alles am Schluss dann doch nicht so schlimm wird. Der Song geht zwar voll auf die Zwölf, aber wenn man es einmal sacken lässt, dann trifft er schon den Nerv der Zeit.
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Euer Sound steht für eine große stilistische Vielfalt. Ihr scheint auch wirklich in keinster Weise einzuschränken. Aber dennoch, gibt es ganz konkrete musikalische Einflüsse? Bei „Nicht so“ höre ich zum Beispiel doch auch etwas Peter Fox raus.
Robin: Ja, Peter Fox und Seeed zählen sicher zu unseren Einflüssen. Oder auchMoop Mama. Es kommt überhaupt im Moment viel aus dieser deutschsprachigen Ecke. Und solche Sachen wie Dengue Dengue Dengue! habe ich in letzter Zeit auch viel gehört.
Daniel: Die Lyrics kommen meistens von mir. Die haben immer eine Entwicklungsgeschichte und spiegeln das, was ich in dem Moment gerade am Herzen habe, auch immer wider. Wenn man, in der Erstsprache mit deutsch unterwegs ist, macht sich das klarerweise assoziativ gleich auch im Sound bemerkbar. Aber generell würde ich sagen, dass sich der Bogen irgendwo von der Deutschen Schule bis hin zu Cumbias spannt. Mit allem, was dazwischen ist. Da kommt natürlich viel von den einzelnen Bandmitgliedern. Wir alle haben sicher unsere musikalischen Schnittpunkte, aber wir kommen schon auch aus sehr unterschiedlichen Richtungen. Und ich glaube, schon alleine deswegen entsteht bei uns kein „reiner“ Sound. Wir haben auch nicht den Anspruch, dass wenn wir zum Beispiel eine Salsa-Nummer konzipieren, diese exakt nach echtem Salsa klingt.
„Wir inspirieren uns gegenseitig.“
Ihr seid ja einige Leute in der Band. Wie sieht bei euch eigentlich die Aufgabenverteilung aus. Wer ist für die Songs zuständig? Wer gibt die Richtung vor? Oder ist es so, dass ihr euch gegenseitig inspiriert?
Daniel: Du sagst es. Wir inspirieren uns gegenseitig. Das war zu Beginn noch nicht ganz so. Da kamen die Ideen zu den Songs, als Initiator hauptsächlich von mir. Aber es hat sich über die Zeit so etabliert, dass die Leute mit eigenen Ideen und Frameworks, für Bläserlinien oder Hooks gekommen sind. Mittlerweile kann man gar nicht mehr sagen, wer die songwritenden Personen sind. Es gibt zwar immer den Impuls von einer Person, aber dann wird gemeinsam an den Songs herumgekocht. Bei der neuen Single war es speziell so, dass Robin, Georg (Aichberger von Cobario, Anm.) und ich so ein bißchen die Headgroup waren.
Die Nummer gibt es eigentlich schon relativ lang. Sie ist schon vor diesen ganzen bedrückenden Ereignissen und Entwicklungen der letzten Jahre entstanden. Unser Plan war, den Song 2020 zu releasen. Nur kam es dann mit Corona zur Endkrise mit der Angst, dass jetzt alles krachen wird. Wir hatten das Gefühl, dass ein Release zu dieser Zeit nicht wirklich passend wäre. Dann kam der Krieg in der Ukraine. Irgendwie war es ein den-Krisen-Hinterherhechten und gleichzeitig eine Bestätigung der Nummer. Jetzt aber war der Zeitpunkt für den Release da. Es ist schon alles schlimm, aber dann auch nicht. Die Welt dreht sich weiter.
Robin: Was bei der Nummer auch neu war, ist, dass wir erstmals mit einem Produzenten zusammengearbeitet haben. Das haben wir davor noch nicht gemacht. Wir waren bei David Raddish im Studio. Es war wirklich cool, mit ihm zusammenzuarbeiten. Als er unsere Demos gehört hatte, hat er sich sofort „Nicht so“ herausgepickt. Und da hat er auch gleich ziemlich radikal einige Sachen, wie zum Beispiel manche Bläser-Lines, weggestrichen. Das bedurfte dann auch einiger längerer intensiver Gespräche mit unseren Bläsern, doch am Schluss waren wir uns alle einig, dass die Nummer so am besten funktioniert. Insgesamt war das ein sehr cooler Prozess.
Ihr seid ja nicht gerade wenig Leute in der Band. Das macht Manches ja nicht so einfach. Wie funktioniert die Band? Wie organisiert ihr die Abläufe, die Proben, die Termine?
Daniel: Das passiert eigentlich ganz organisch. Wir haben das Glück, dass wir im Jahr eine Handvoll Anfragen bekommen. Wir machen ja, wie bereits vor her erwähnt, Tanzmusik, und die wird von den Leuten mit einem ausgelassenen Konzerterlebnis und einer guten Zeit assoziiert. Dementsprechend haben wir unsere fünf bis zehn Fixpunkte im Jahr. Das ist natürlich nicht vergleichbar mit einer großen Band, aber immerhin haben wir so etwas wie eine Regelmäßigkeit.
Robin: Das Songwriting passiert dann in kleineren Teams. Und dann schicken wir uns die Files eben hin und her. Bei zehn Leuten in der Band, ist es natürlich nicht einfach, regelmäßig zu proben. Wenn, dann passiert das vor einem Konzert.
Eure Single ist nun erschienen. Wie sieht es mit einem Album aus. Ist eines geplant?
Daniel: Wir konzentrieren uns jetzt einmal darauf, vorwiegend Singles zu veröffentlichen. Wir glauben, das passt besser zu unserem Rhythmus. Sich so eine Albumproduktion vorzunehmen und gleichzeitig 10 Leute im Spannungsbogen zu halten, das stelle ich mir im Moment etwas schwer vor. Wir erlauben uns gerade, etwas easier an die Sache ranzugehen. Und es ist auch schön, keinen Druck zu haben. Wir haben einige Singles in der Pipeline, fertige Nummern, die jetzt in der Produktion nachfolgen. Das heißt, es werden nach und nach Dinge kommen. Das ist jetzt mal der Modus.
Herzlichen Dank für das Interview
Michael Ternai
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