Umfrage: Klimakrise und Nachhaltigkeit im Musikbetrieb – Wie denkt MANU DELAGO darüber?

Als Musiker steht MANU DELAGO mit internationalen Größen wie BJÖRK, ANOUSHKA SHANKAR oder ÓLAFUR ARNALDS auf der Bühne, hat bereits auf sechs Kontinenten gespielt und findet seinen persönlichen CO2-Fußabdruck viel zu hoch. Als Bandleader hat der gebürtige Tiroler seine Crew und das gesamte Equipment aufs Fahrrad gepackt und die ReCycling Tour gestartet. Im Rahmen dieser Serie gibt uns MANU DELAGO Einblicke in das Abenteurer auf Lastenrädern und erzählt, worauf die Crew auf dieser ungewöhnlichen Tour zurückgeworfen wurde.  

„In 4 Wochen radelten wir 1425km von Innsbruck nach Amsterdam und spielten unterwegs 18 Konzerte“

Welche Maßnahmen ergreifst du persönlich, um in deiner Tätigkeit als Musikschaffender umweltfreundlicher und nachhaltiger zu sein? Wo fällt es dir besonders schwer, dein Verhalten in Bezug auf deine Arbeit in der Musikbranche zu ändern?

Manu Delago: Meine erfolgreichste Maßnahme bisher war die ReCycling Tour, welche bereits zwei  Mal stattgefunden hat. 2021 sind meine Band und Crew mit dem Fahrrad von Innsbruck über Salzburg und Linz nach Wien geradelt, und dann über Graz und Klagenfurt wieder retour. Insgesamt legten wir damals 1600km in fünf Wochen zurück und spielten unterwegs 18 Konzerte. Das Equipment wurde in Fahrradanhängern transportiert, welche mit PV-Panelen ausgestattet waren. Diese wiederum speisten Akkus mit denen wir den Bühnenstrom und das Licht betrieben. Die Ernährung auf der Tour war generell vegetarisch und, wenn möglich, ließen wir uns vom Publikum mit hausgemachter Kost versorgen. Im Juni 2023 haben wir die Tour mit ähnlichem Konzept wiederholt, allerdings ein bisschen internationaler. In vier Wochen radelten wir 1425km von Innsbruck nach Amsterdam und spielten unterwegs 18 Konzerte, die Heimreise traten wir allerdings mit dem Zug an. Diese Touren waren sehr schöne Abenteuer und haben auch viele andere Menschen zum Fahrradfahren und nachhaltigem Lifestyle inspiriert, gleichzeitig brauchten wir allerdings sehr viel Planungszeit, weil das Routing perfekt sein muss und der Zeitaufwand insgesamt für alle Beteiligten sehr groß ist. Ein weiterer Nachteil ist, dass man geografisch eingeschränkt ist, und dies ist für mich persönlich die größte Herausforderung als Musiker mit dem Thema Nachhaltigkeit.

„Ich versuche heute wesentlich weniger zu fliegen und Touren effizienter zu planen, aber mein persönlicher CO2-Fußabdruck ist leider trotzdem zu hoch.“

Es war ein Jugendtraum von mir, international unterwegs zu sein. Mittlerweile habe ich in über 50 Ländern und 6 Kontinenten gespielt, aber dadurch viel zu viele Flugmeilen gesammelt. Ich versuche heute wesentlich weniger zu fliegen und Touren effizienter zu planen, aber mein persönlicher CO2-Fußabdruck ist leider trotzdem zu hoch. 

Aktionen, die unser tägliches Leben stören, bekommen viel Aufmerksamkeit in den Medien. Auch Konzerte sind medienwirksam: Was könnten Konzerte und Festivals bewirken? Wie siehst du deine Rolle?

Manu Delago: Bei vielen Konzerten bzw. Festivals kommen große Massen zusammen und viele Künstler:innen erreichen zusätzlich viel Publikum, da kann auf jeden Fall etwas bewirkt werden. Jeder Schritt zählt. Themen wie Müllvermeidung, Transport, Ernährung oder Energie werden sicherlich von vielen Menschen bereits bedacht, aber immer noch viel zu wenig. Ich bin oft schockiert wieviel Einweg-Plastik bei Events zu finden ist und welche Catering-Rider von Bands gewünscht werden bzw. von Veranstaltern zur Verfügung gestellt werden. Man könnte dem Publikum auch mehr Anreiz geben, zu Fuß, mit Fahrrädern oder Öffis anzureisen (zB. ermäßigte Tickets). Natürlich gibt es hier noch viele weitere Schritte, aber es ist mindestens so wichtig, dass auch von politischer Seite strengere Maßnahmen passieren. Zu Covid-Zeiten hat man gesehen, dass die Politik unser Leben verändern kann, bei der Klimakrise passiert im Vergleich sehr wenig. 

„Es war sehr beeindruckend zu sehen, was in einem Lastenrad alles Platz hat.“

Bist du schon auf Initiativen zum Thema Nachhaltigkeit in der Musikszene gestoßen? Wenn ja, welche und in welcher Art und Weise haben dich diese beeinflusst?

Manu Delago: Auf der ReCycling Tour haben wir in einigen Venues gespielt, die diverse grüne Zertifikate haben oder sogenannte „Green Events“ durchführen. Dort hat man auf jeden Fall gemerkt, dass sich jemand Gedanken zum Thema Nachhaltigkeit gemacht hat und ohne großen Aufwand CO2-Emissionen eingespart werden können. Wenn man bedenkt, dass in vielen Häusern täglich hunderte, wenn nicht tausende Menschen ein- und ausspazieren, rentieren sich solche Maßnahmen auf alle Fälle. Vielleicht sollte es hier als zusätzlichen Anreiz Förderungen für Venues geben? Auch VeloConcerts finde ich eine sehr schöne Initiative, eine Bühne samt Tonanlage als Lastenrad. Als Start der ReCycling Tour 2023 bin ich auf einer VeloConcerts-Bühne aufgetreten und es war sehr beeindruckend zu sehen, was auf bzw. in so einem Lastenrad alles Platz hat.

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Links:
Manu Delago
Recycling Tour 2023