„the ocean of yes and no.” – KLAUS LANG im mica-Porträt

„Leise, mikrotonal, geräuschhaft, lang.“ Einerseits beschreiben diese Worte, wie sie auf der Website von KLAUS LANG zu finden sind, seine Musik sehr genau. Und doch sind sie nur sehr unzureichend. Vor allem an der Grenze des noch Hörbaren, Wahrnehmbaren spielt sich das Geschehen ab – doch: Handelt es sich hier tatsächlich um Geschehen?

Ist es nicht viel mehr ein Zustand, der sich in den oftmals langsam repetierten Akkorden mit minimalen Veränderungen ausdehnt, zu einer Veränderung zumindest der zeitlichen Wahrnehmung führt und lang und kurz zu äußerst relativen Begrifflichkeiten mutieren lässt?

Nicht nur seine Werke legen das nahe, auch seine Ausführung: „Mich interessiert die nicht wahrnehmbare Veränderung. Die Gleichzeitigkeit von Fließen und Erstarrtsein.“ Darauf zielt auch der Titel des bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik 2012 uraufgeführten Werkes „vier linien. zweifaches weiß“. All das deutet auf einen bedeutenden Bezugspunkt Langs hin, denn wesentliche Aspekte seiner Philosophie, die von ebensolcher Bedeutung wie das Erklingende sind, bezieht er neben der griechischen Mythologie auch aus fernöstlichem Denken, namentlich dem Buddhismus.

„vollkommenheit ohne nasenlöcher.“

Als ein Aspekt dessen zeigt sich das Verschmelzen von Kunst und Natur etwa in zahlreichen Werktiteln. Während „berge. träume” oder „fichten“ noch nicht zwangsläufig auf diesen Konnex schließen lässt, tritt er in „Die drei Felder im Schnee und die scharlachrote Sonne“ oder „architektur des regens.“ wesentlich deutlicher hervor. Und so mancher Titel lädt auch zum Schmunzeln und/oder Nachdenken ein, so etwa „vollkommenheit ohne nasenlöcher.“ oder „the ocean of yes and no.“

Dem formalen Aufbau seiner Werke legt er oftmals Zahlenproportionen wie den Goldenen Schnitt oder die Fibonaccifolge zugrunde. Zahlenverhältnisse sind es auch, die das jeweils Spezifische diverser Stimmungssysteme ausmachen und mit denen sich Lang theoretisch wie praktisch auseinandersetzt. Nicht nur in der neuen Musik bewegt sich Klaus Lang, als Organist ist er ebenso in der alten wie auch in der improvisierten Musik zu Hause.

Über Satztechniken hinaus

Will man sich also näher über die Biografie Langs informieren, gibt seine Präsenz in der digitalen Welt zunächst in prägnanter Kürze Aufschluss: „Klaus Lang; Komponist und Konzertorganist, lebt in Steirisch Lassnitz.“ Hinzuzufügen wäre aus der etwas längeren Aufzählung noch, dass seine Werke bei zahlreichen bedeutenden Festivals von renommierten InterpretInnen aufgeführt werden und er seit 2006 eine Professur an der Kunstuniversität Graz für kirchliche Komposition bekleidet. Dabei kann man davon ausgehen, dass er nicht nur Satztechniken unterrichtet, sondern seinen Studierenden auch gedanklich vieles mit auf den Weg gibt.

Doris Weberberger

Termin:
Uraufführung: Klaus Lang: ORLANDO DI LASSO Bußpsalmen. dolce risonanza, Profeti della Quinta
Osterfestival Tirol
Donnerstag, 2. April 2015, 20:15 Uhr
Hall in Tirol, Salzlager

Link:
Klaus Lang