Kommt mit dem Alter die Ruhe? Gut, die Jungs von THE BOYS YOU KNOW sind natürlich noch jung, stecken in ihren Mit-Ende-Zwanzigern, doch trotzdem scheinen sie immer mehr in sich selbst zu ruhen. Wie sonst kann es sein, dass ihr neues und viertes Album “Two Lines That Never Touch” (Wohnzimmer Records) so außerordentlich reif klingt?
Und es klingt nicht nur reif, sondern vor allem sanft. Die fast schon jugendliche Emotionalität, die man noch auf “Purple Lips”, dem zweiten Album, spürte, ist verraucht. Die Gitarren haben sich zurückgezogen und Klavier & Co den Vortritt überlassen. Statt grantigen Lo-Fi-Klängen, kommt die Produktion kristallklar rüber. Der Sound ist aber retro geblieben. Das lassen sich The Boys You Know (kurz TBYK) nicht nehmen! Ihr 1990er Einfluss begleitet sie ja schon seit den Anfängen der Band und es gibt keinen Grund, diese zu vernachlässigen.
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Es ist eine vielseitige Musikepoche, die TBYK inspiriert. Und diesmal klingt ihre Musik nach einer ganz eigenen Definition der damaligen Zeit. Bei “Purple Lips” konnte man noch eher den Finger auf die einzelnen Referenzen legen, nun ist das nicht mehr so leicht. Und wie herrlich ist es, die Entwicklung einer Band so genau beobachten zu können? Das Wachsen und neu-Formen! „Two Lines That Never Meet” ist ein melancholisches, aber gleichzeitig so hoffnungsvolles Werk. Die Bitterkeit des Lebens, die Angst vor dem Tod, die Probleme, mit denen man im Laufe der Zeit konfrontiert wird – man kann dies alles nicht nur überstehen, sondern auch das Gute darin sehen. Dieses Gefühl vermittelt Sänger und Frontmann Thomas Hangweyrer sehr gut.
In „Already Dead” heißt es: „I’m not scared of going / i’m not scared of going fast“. Mit dieser klaren Aussage eröffnet Hangweyrer ein Album, auf dem mit der Angst vorm Leben und dem Nicht-Leben abgerechnet wird. Mit seinem unmittelbaren Einstieg zieht der Songs sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Er ist verspielt, er ist retro und er erinnert ein bisschen an Pavement. Und sommerlich ist er auch noch. Aber nicht so 35-Grad-im-Schatten-Hochsommer-mäßig, sondern auf Altweibersommer-Art, wenn die Nächte kühl und der Wind schon bissig ist. Ein Gefühl von Nostalgie macht sich breit und vergeht bis zum letzten Song nicht mehr.
Altweibersommer-Album mit viel Tiefgang.
Und nach dem zweiten Song, “Hannah”, fällt auf, dass auch die Grenze zwischen Ballade und Beschwingtheit verschwommen ist. Man braucht keine dezidiert langsamen Lieder mehr, denn jedes hat seinen traurigen, nachdenklichen Part. Ein anderer Aspekt, der sich bemerkbar macht, ist die gewollte Verspieltheit der Gesangsmelodien. Binnen relativ kurzer Zeit hat man schon das Gefühl, die Songs mitsingen zu können. Zum Beispiel “Hide And Seek”, das wie ein Bowie-Song aus den 1970ern aufgebaut ist. Oder “You And Your Arcade Fire”, dessen Vocalmelodie einfach zum mitsingen einlädt.
Aber ist es nicht die Art von Mitsingen, die einem beim Radiohören packt, sondern jene, bei der man all seine eigenen, negativen Emotionen in die Worte eines anderen legen möchte. Und da sind The Boys You Know dann doch wieder sehr 90’s und animieren ihr Publikum, die Schmerzen doch in der Musik auszulassen. “Two Lines That Never Meet” vereint den Reifungsprozess einer Band, die nicht aufhören wird, weiter an sich und ihrem Sound zu arbeiten. Es ist ein Album, auf dem österreichische KünstlerInnen (Zu Gast sind PAENDA, Carl Otter, RIAN und Telquist) zusammenarbeiten. Und es ist ein Album, das das Ende des Sommers einläutet. Doch wenn der Altweibersommer so klingt, dann ist das vielleicht gar nicht so traurig.
Anne-Marie Darok
Tour:
06.10.18 Wolkersdorf, Outback
13.10.18 Klagenfurt, ((stereo))
07.11.18 Nürnberg (D), MUZclub
08.11.18 Salzburg, Rockhouse
20.12.18 Feldkirch, Rauch Club
03.01.19 Frankfurt (D), Ponyhof
04.01.19 Emmendingen (D), Schlosskeller
08.01.19 Hannover (D), Kulturpalast Linden
10.01.19 Hamburg (D), Grüner Jäger
11.01.19 Leipzig (D), Noch Besser Leben
20.02.19 London (GB), 93 Feet East
Links:
The Boys You Know
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Wohnzimmer Records