Sweet Sweet Moon im Porträt

Sweet Sweet Moon müssten mit ihrem folk-inspirierten, melancholisch-verqueren Indie-Pop hierzulande eigentlich Artenschutz genießen. Der gebürtige Hollabrunner Matthias Frey, der trotz musizierender Mitstreiter als alleiniges Mastermind hinter dem Projekt gilt, hat diese zutiefst amerikanisch geprägte Disziplin mit all der so wichtigen Authentizität über den Atlantik geholt. Er lebt sowohl die romantischen Ideale der in sich gekehrten Singer/Songwriter-Existenz als auch die noble Zurückhaltung, welche gemeinhin von jenen Musikern an den Tag gelegt wird, die es sich leisten können, auf die alleinige Qualität des Liedguts zu reflektieren. Vom Debutalbum „Pompidou“, das noch von der LoFi-Ästhetik des solistischen Eigenbrötlers geprägt war, bis zu jüngeren Exponaten wie dem Minialbum „Candy Floss“, dessen Songs merklich zur breitwändigen Orchesterstärke neigen und an opulente Vorbilder wie Bright Eyes gemahnen – das stets überraschende und neben der intuitiven Spur verlaufende Kompositionsgespür Matthias Freys funktioniert anscheinend in sämtlichen Ensembles und Formaten.

Sein Bekanntheitsgrad erlangte einen wesentlichen Schub, als er sich 2011 von der Video-Produktionsfirma „They Shoot Music“ bei einem spontanen Gig an der Wiener Rahlstiege dokumentieren ließ. Das straßenmusikalische Happening geriet auf Youtube zu einem Dauerbrenner, wozu vor allem Fans aus Südamerika beitrugen. Was den Klickerfolg nun tatsächlich auf Schiene brachte, ist im Nachhinein schwer auszumachen. Da ist zum einen die unbestreitbare songwriterische Qualität des performten Stückes, „I See Things That You Don´t See And That Is Blue, Blue, Black And Dylan“, das irgendwo zwischen trillerndem Barock, Saloon-Country-Gefiedel und zeitgenössischem Folk einen unwiderstehlichen Popappeal entfaltet. Da ist weiters die geschickt produzierte filmische Dokumentation dieses Minikonzerts, welche die Spontaneität und die Magie des Moments, die die PassantInnen beim Vorüberflanieren sichtlich erfasst, auch für die virtuelle Hörerschaft mittransportiert. Und da ist nicht zuletzt das Charisma der beiden Musiker Matthias Frey und Lukas Pöchhacker, der sich aus dem Kontrast zwischen jugendlichem Ungestüm und früher künstlerischer Reife ergibt.

Um es jener südamerikanischen Verehrerschaft zu danken, die ein Gutteil zu dem Youtube-Wunder beitrug, entstand die Idee, eine breit angekündigte Crowdfunding-Aktion ins Leben zu rufen, an deren Ende eine mehrwöchige Tour durch Argentinien, Chile und andere fantümlich hervorgetretene Nationen stehen sollte. Die Crew von „They Shoot Music“ war abermals zur Stelle, um aus dem entstandenen Material eine neuerliche Dokumentation mit dem klingenden Titel „Fuck The Atlantic Ocean“ zu gestalten. Nachzusehen ist das ganze auf einer eigenen Homepage mit nämlicher Adresse.

Der knarzige Charme der Anfangszeit, das sich oftmals in Dissonanzen äußernde stürmische Drangsal, welches auch immer wieder an die frühen dEUS denken lässt, scheint mittlerweile vom produktionstechnischen state of the art eingeholt – zumindest was die offiziellen Aufnahmen angeht. Die Arrangements wurden feingliedriger und ausgereifter, die Produktion klarer und reichhaltiger. Wegen der noch relativ jungen Bandgeschichte ist doch einigermaßen schwierig zu prognostizieren, wohin die Reise gehen wird. Das unbezweifelbare Gespür Matthias Freys bei der Suche nach der Schönheit im Kleinen und der gleichzeitige Hang zur großen pathetischen Geste, die die Verwundbarkeit einer solcherart exponierten Darstellung riskiert und bejaht, lassen aber jedenfalls darauf schließen, dass noch Vieles zu erwarten steht. Immerhin ist er einer der aussichtsreichsten und ungewöhnlichsten Songschreiber seiner Generation – und das nicht bloß innerhalb der österreichischen Landesgrenzen.

Line up:
Matthias Frey – vocals, violin, guitar, drums, banjo, ukulele
Lukas Pöchhacker – cello

David Weidinger

Foto © Christian Pitschl

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