Dass sich der moderne Jazz nicht notwendigerweise immer in übermäßiger Vertracktheit verlieren muss, um ein interessanter und fordernder zu sein, sondern auch in eher zugänglicher Form spannend bleiben kann, das zeigt das Wiener Trio Sweet & Lovely auf seinem soeben erschienenen „Heros“ (Listen Closely).
Wenn sich drei Jazzer wie Werner Zangerle (Tenor & Sopransaxophon), Walter Singer (Bass) und Niki Dolp (Schlagzeug) dazu entschließen, ein Trio aus der Taufe zu heben, dann kann davon ausgegangen werden, dass musikalisch wohl alles, aber auch wirklich alles passieren kann. Mit Bands und Formationen wie Braaz, Trio ZaVocc, Werner Zangerle Quartett, Arktis/Air, Memplex, Hypnotic Zone und Schmieds Puls auf er Visitenkarte, kann man sich als Kenner der heimischen Jazzszene ausmalen, in welche Richtung sich das Dreiergespann bewegt.
Jazz ohne Sperrigkeit
Was von Sweet & Lovely praktiziert wird ist eine Form des Jazz, in der erfreulicherweise jede Sperrigkeit tunlichst vermieden wird. Nicht, dass das Spiel der drei freigeistigen Herren nicht komplex und herausfordernd wäre, natürlich ist es das. Die unkonventionelle Art aber, mit welcher sie in beschwingter Leichtigkeit und fern jeder künstlichen Verkopftheit ihr instrumentales Können in elegant unaufgeregter Form in abwechslungsreiche und spannungsgeladene Nummern übersetzen, das lässt einen in Verzückung staunen.
Die Melodien, die Harmonien, der Rhythmus, die Soloeinlagen, die schönsten Brüche und Übergänge perfekt in Einklang gebracht, wandelt das Dreiergespann richtig lässigen Schrittes und ohne jeden ausladenden Gestus durch die verschiedensten Regionen der weiten Jazzwelt. Werner Zangerle, Walter Singer und Niki Dolp improvisieren und jonglieren mit den Stilen was das Zeug hält und lassen es auch zudem ordentlich grooven und swingen.
Verführende Musik
Zudem zeigen sie das Gespür dafür, Spannungsbögen zu erzeugen und diese auch bis zum letzten Ton zu erhalten. Es sind überaus unterhaltsame und in ihrer Note von lyrisch bis experimentell reichende musikalische Geschichten, die das Trio erzählt. Die Handlung niemals wirklich vorhersehend, wird man als Hörer nicht selten auf eine falsche Fährte gelockt, um dann im nächsten Moment sogleich wieder in eine andere Richtung geführt zu werden.
Die Musik, die Sweet & Lovely auf „Heros“ zu Gehör bringen, ist eine, die schlicht und einfach Spaß macht, gleichzeitig aber auch jene Qualitäten besitzt, die alle oberflächliche und uninspirierte Gefälligkeit durchbricht. Definitiv nicht nur ein Album für ausgewiesene Jazzfans.
Michael Ternai