Was alles im Bereich des Jazz auch heute noch möglich ist, stellt das von Daniel Riegler geleitete „Free-Improvisors-Orchestra” Studio Dan auf seinem Zweitlingswerk „Things“ (Jazzwerkstatt Records) auf eindrucksvolle Art und Weise unter Beweis. Begleitet von Vokalistin Nika Zach begibt sich die 17-köpfige Formation auf eine neun Stücke andauernde musikalische Reise, die nur so vor Einfallsreichtum, Facettenreichtum, Spielwitz und überraschenden Wendungen strotzt.
Wer von Studio Dan erwartet, den typischen und anderswo bereits unzählige Male zitierten traditionellen Bigband-Sound präsentiert zu bekommen, der wird beim Durchhören von „Things“ wohl erstaunt feststellen, dass dem nicht so ist. Daniel Riegler und sein Ensemble beschreiten einen vollkommen entgegengesetzten Weg, der mit herkömmlichen Bigband Entwürfen gehörig aufräumt, mehr noch, diese einer bisher noch nicht bekannten Bedeutungsebene zuführen. Was auf dem zweiten Album regiert, ist eine schier grenzenlose Vielfalt an Stilen und Einflüssen, die in neun Songs ideen- und detailreich arrangiert und in Einklang gebracht, ein Klanguniversum entstehen lassen, welches man in solcher Form bisher noch nicht gehört hat.
„Things“ ist eine Sammlung von Liedern, welche die KomponistInnen und Arrangeure der Band in den letzen beiden Jahren gemeinsam mit der Vokalistin Nika Zach entwickelt haben. Und eines wird schon nach dem ersten Mal Durchhören klar, irgendwelche Grenzen bei der Umsetzung der Ideen und Berührungsängste zu anderen Spielformen dürften die Beteiligten während des Entstehungsprozesses wahrlich keine gehabt haben. Studio Dan ist schlicht und einfach der Versuch einen Schritt weiter zu gehen und das ohnehin schon sehr weite Klangspektrum des Jazz durch die Hinzunahme unterschiedlichster Elemente aus anderen Genres nochmals zu erweitern.
Besonders hervorzustreichen ist auch die Tatsache, dass bei keinem einzigen Stück eine Voraussage darüber zu treffen ist, in welche Richtung es sich letztlich entwickelt. Die MusikerInnen von Studio Dan offenbaren ein ausgeprägtes Verständnis für das Entwerfen von Spannungsbögen, für das in Szene setzen von musikalischen Momenten, sowie ein gutes Händchen darin, den Stücken die passende Dramaturgie zu verpassen.
Auch nach mehrmaligem Durchhören der CD offenbaren sich verborgen gebliebene Nuancen und Zwischentöne. „Box“, der Opener etwa, beginnt auf eine sehr schräge verspielte Art und führt über virtuos dargebrachte Improvisationseinlagen hin zum swingenden Finale. „Duck“ wiederum steigert sich von einem anfänglich verhaltenen und wunderbar melodiösen, fast schon poppigen Zusammenspiel zwischen Sängerin Mika Zach und einer gezupften Violine unaufhaltsam zu einem opulent arrangierten orchestralen Höhepunkt. Nicht einmal vor großen Progrock-Entwürfen der siebziger Jahre schreckt man zurück, wie der Track „Princess“ eindrucksvoll zeigt.
„Things“ ist ein Stück Musik geworden, mit dem Daniel Rieger und sein Experimentalorchester einmal mehr ihre Ausnahmestellung innerhalb der heimischen Jazzszene unter Beweis stellen. Bleibt zu hoffen, dass mit diesem Album das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist, denn möglich ist bei Studio Dan noch einiges mehr. (mt)
Foto: Ditz Fejer
Studio Dan