Die österreichische Dichterin, Essayistin und engagierte Feministin Elfriede Gerstl, die als jüdisches Kind die Zeit des Nationalsozialismus überlebte, in dem sie sich mit ihrer Mutter jahrelang im Wiener Untergrund versteckte, wäre 2022 90 Jahre alt geworden. Texte und Gedichte von ihr nahm sich nun STEFAN STERZINGER, ein Bewunderer von ihr, her, um sie einer musikalischen Bearbeitung zu unterziehen. Und wie man es von dem Wiener Sänger, Akkordeonisten und Komponisten gewohnt ist, tut er auf seine ganz eigene Art und Weise: eigenwillig und fern jeder Konvention, immer etwas schräg und musikalisch hochgradig aufregend. Zu hören gibt es die Lieder auf dem eben erschienenen Album „Leise im Kreise“ (Bayla Records/Galileo Music).
Man kann von Stefan Sterzinger, einem der prägendsten Persönlichkeiten der Wiener Musikszene in den vergangenen Jahren, eines definitiv sagen, er ist ein Künstler mit ganz eigenen Vorstellungen und einer wirklich eigenen musikalischen Sprache. Man erkennt die rauchige Stimme, den Stil, den Klang der Nummern, wie auch den ironisch-kritischen Unterton des wortgewandten Liedermachers auch mit verbundenen Augen. Und so verhält es sich auch auf diesem neuen, der Dichterin Elfriede Gerstl gewidmeten Album „Leise im Kreise“.
Stefan Sterzinger, der sich mit Gerald Preinfalk (Bassklarinette, Sopransaxofon), Edi Koehldorfer (Gitarre), Franz Schaden (Bassgeige) und Jörg Mikula (Schlagzeug) eine wirklich wunderbare Band um sich geschart hat, schlägt einmal mehr seine unverkennbar eigene musikalische Note an, jene, die auf aufregende Weise zwischen den stilistischen Stühlen Platz nimmt und spannende Akzente abseits des Gewöhnlichen setzt. Der Wiener nähert sich Elfriede Gerstls Texten – wie auch solchen von Konrad Bayer und eigenen – mit gewohnter musikalischer Offenheit an. Jazz und Rock ´n Roll treffen auf Einflüsse aus der traditionellen Wiener Musik, dem Chanson, Kunstlied und Tango und sogar da und dort auf Klangexperimente der Neuen Musik. dazu ein wenig punkige Attitüde und fertig ist ein zugegeben nicht unbedingt alltäglicher Mix, der aber vortrefflich funktioniert und auch bestens zu unterhalten weiß.
Stefan Sterzinger zeigt sich auf „Leise im Kreise“ einmal mehr als ein Künstler, der es blendend versteht, sich immer wieder neu zu erfinden. Es ist jedes Mal immer ein wenig etwas anderes, das man von ihm präsentiert bekommt. Und das ist das Besondere an jedem neuen Album von ihm.
Michael Ternai
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