Stellungnahme zum Urhebervertragsrecht: Mag.art. Ulf-Diether Soyka (Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe / Sektion Musik, Fachgruppe Komposition)

Stellungnahme zum Urhebervertragsrecht: Mag.art. Ulf-Diether Soyka (Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe / Sektion Musik, Fachgruppe Komposition)Bereits seit vielen Jahren beschäftigt sich mica – music austria für den Musikbereich mit dem Thema Urhebervertragsrecht. Auch in der Parlamentarischen Enquete “Zukunftsmusik” vom 3. Juni 2008 hat mica – music austria Geschäftsführer Peter Rantasa erneut ein starkes Urhebervertragsrecht zur Stärkung der österreichischen Musikschaffenden gefordert. Durch die alarmierenden Ergebnisse der Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen erhält dieses Anliegen neue Aktualität. Aus diesem Grund hat das mica – music austria einen Brief mit der Bitte um Stellungnahme zu der Thematik  an Personen und Organisationen aus dem österreichischen Musikleben versandt, um einen weiteren Impuls für diese Diskussion zu setzen. Nachfolgend die Stellungnahme von Mag.art. Ulf-Diether Soyka (Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe / Sektion Musik, Fachgruppe Komposition)

Sehr geehrter Herr Präsident Seierl,
sehr geehrter Herr Direktor Rantasa,

 

die Fachgruppe Komposition wurde um Stellungnahme zu den folgenden Fragen aus der Perspektive Ihrer Organisation gebeten:

 

1) Wie stehen Sie zur Forderung nach einem Urhebervertragsrecht in Österreich ?

 

Eine aktuelle Regelung aller offenen Punkte zum Urhebervertragsrecht entspricht einer langjährigen Forderung der komponierenden Berufsgruppen in Österreich, und wird von der Fachgruppe Komposition ebenso vertreten. Die Arbeit komponierender Berufe lässt sich dabei ebenso wenig staatlich begrenzen wie ihre Rechte.

 

Der Fachgruppe Komposition waren Ansätze und Vorentwürfe zum Urhebervertragsrecht für Österreich bekannt, und sie fordert, dass diese kompetent beraten, erneuert und umgesetzt werden.

 

2) Welche konkreten Punkte müssten aus Ihrer Sicht auf jeden Fall in einem solchen Gesetz geregelt werden, welche wären darüber hinaus wünschenswert?

 

Da nicht nur Staaten, sondern zunehmend auch staatsübergreifende Organisationen einen Kulturauftrag wahrzunehmen haben, gilt es, die Vereinbarungen in einer international fasslichen Form für die Betroffenen zu gestalten.

 

Großteils ungeregelt sind  z.B.:

 

. Legistische und vertragliche Erfassung des sich kulturell ändernden Arbeitsbegriffs,
. AMS-Anspruch auf Teilzeit-Arbeitslosengeld bei Verlust eines von mehreren Teilzeit-Jobs,
. Verträge zur Chancengleichheit neuer Musik mit alter Musik in Medien, Produktionen usw.,
. Recht auf zeitgemäße (= zunehmend “kulturelle”) Arbeit,
. Vertragliches Recht darauf, nicht durch Automaten ersetzt zu werden,
. Klarstellung des Rechts auf Arbeitseinkommen für komponierende Berufstätigkeit,
. Klarstellung und rechtliche Berücksichtigung der typischen Eigenschaften dieser Berufe,
. Arbeitsplatz-Situation in neuartigen Musikproduktionen (Steuer-Absetzbarkeit usw.),
. Vertragsgestaltung für internationalen Austausch Komponierender und neuer Kompositionen
. Vertragsmodelle für Composer in residence (regional und international),
. Vertragssicherheit für Musikschaffende bei Musikexport und Austauschprojekten,
. Vertragliche Gleichstellung der in Komposition Ausgebildeten mit anderen Musikberufen,
. Vertraglicher Wert der Autographe im e-Zeitalter (Unterschied Manuskript / Datenträger),
. Adäquate (d.h. je unterschiedliche) Vertragsbedingungen in Audiokunst und Life-Musik,
. Vertragsverhältnisse lebender Komponierender mit dem ORF in den Bundesländern,
. Offenlegung der Zulassungsbedingungen neuer Musik zu Medien, Konzertsälen usw.,
. Schutz der kreativ am neuem Content Mitwirkenden in allen Bereichen des Internet usw.
. Rechtssicherheit internationaler Arbeitsverträge und staatenübergreifender Regelungen,
. Internationale Ausweitung der Rechtsberatung und Rechtsersicherung Komponierender,
. Angemessene Akkordierungen im Urheber-Nachfolgerecht,
. Vertragsregelungen f. Arbeitsstiftung und Vermittlungsagentur für Kompositionsaufträge,
. Rechtliche Möglichkeiten Durchsetzung der Honorarrichtsätze für Kompositionsaufträge,
. Schutz vor unseriösen “Selbstzahler-Notenverlagen”, “Selbstzahler-Uraufführungen” etc.,
. Angemessene Abrechnungsmodi (z.B. für Internet-Notenverlage und Tonträger-Download),
. Recht auf Schutz vor automatischer Tonträgerberieselung (Urheber hat Untersagungsrecht),
. Gesetzliche Deklarationspflicht für Playback-Veranstaltungen,
. Arbeitsrechtlicher Schutz für die Komponist/innen (auch von Audiokunst),
. Kollektivvertragsähnliche Klarstellung des komp. Arbeitsaufwandes je nach Musiktypus,
. Schutz vor Selbstausbeutung durch Scheinselbständigkeit,
. Koordination divergierender Beobachtungszeiträume zwischen selbständig / unselbständig,
. Ausarbeitung haltbarer Musterverträge für Kompositionsaufträge u.dgl.
. Recht auf kompetente Vertragsberatung und Hilfe bei der Ansuchen- u. Vertragserstellung,
usw.
usw.

 

Die Fachgruppe Komposition macht aufmerksam darauf, dass nicht nur die Film- und Musikindustrie als Vertragspartner gefordert sind, sondern sämtliche beteiligten Organisationen – also auch staatliche und zwischenstaatliche Einrichtungen, Sponsoren, Veranstaltungsorganisationen, Festivals usw., und dass diese daher ebenfalls entsprechende Arbeitsbedingungen vorfinden müssen, wenn das Musikleben nicht zum Automaten erstarren soll.

 

Auch macht die Fachgruppe Komposition darauf aufmerksam, dass Sponsoren mit jährlich abzurechnenden Werbebudgets prinzipiell nicht geeignet sein können als Partner für Produktionen, in denen komponierende Berufe mitwirken (die Vorlaufzeit ist dabei größer). Mehrjahres-Arbeitsverträge widersprechen der Finanzierung durch Jahresbudgets, durch diese allein können also lebendige Musikbetriebe nicht nachhaltig gesichert werden: Hierfür braucht es neuartige Organisationsmodelle und Vertragsformen, die auch legistische Anerkennung brauchen werden.

Die Fachgruppe Komposition schließt sich darüber hinaus folgenden Forderungen der IG Kultur Österreich ausdrücklich an:

 

. Klärung der Zweckübertragungstheorie (kein Buy-out) ,
. Bestsellerparagraf (unerwartete Erfolge müssen auch den KünstlerInnen zugute kommen),
. Use-it or lose-it  Klausel (automatisches Rückgeben unbenützter Rechte an UrheberInnen), . . Stärkung der Position der FilmkomponistInnen.

 

3) Welche Pläne haben Sie oder Ihre Organisation, um diese Forderung zu unterstützen? Hat Ihre Organisation bereits Initiativen gesetzt ? Wenn ja, welche ?

 

Die Fachgruppe Komposition vertritt die Anliegen komponierend berufstätiger Menschen im Rahmen der Gewerkschaftssektion Musik, sowie gegenüber ihren regelmäßigen Ansprechpartnern – wie z.B. Ministerien, Landesregierungen, AuftraggeberInnen, Musikproduktionen usw. Regelmäßig wurden und werden betroffene Gewerkschaftsmitglieder beraten und rechtlich unterstützt, welche durch ungeklärte Vertragsverhältnisse in Schwierigkeiten gekommen sind. Zusätzlich werden in den Publikationen der Gewerkschaft die Mitglieder der Fachgruppen aufmerksam gemacht auf aktuelle neue Herausforderungen im Rechtsbereich.

 

Wer komponierend mitarbeitet, braucht den Schutz der Freiheit der Kunst ebenso wie den der Sozialrechte, welche aus gesicherten Arbeitsverträgen und -rechten in jeder Berufsbranche resultieren bzw. resultieren sollten.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

am 2.7.2009 für die Fachgruppe Komposition:
Mag.art. Ulf-Diether Soyka

 

 

Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe

http://www.kmsfb.at/