SongschreiberInnen, deren Musik auf SPOTIFY gespielt wird, die aber bislang leer ausgegangen sind, also kein Geld für das Streaming ihrer Songs bekommen haben, sollen sich bei SPOTIFY melden. Insgesamt 21 Mio. Dollar (das sind umgerechnet knapp 19 Mio. Euro) sollen ausgeschüttet werden. Dafür sorgt eine Vereinbarung, die das Unternehmen mit der RECORDING INDUSTRY ASSOCIATION OF AMERICA (dem Verband der US-Musikindustrie) abgeschlossen hat.
Der Hintergrund: Spotify stand bei vielen Musikerinnen und Musikern in der Kritik, nicht oder nicht genügend Geld für die Verwendung der Musiktitel zu bezahlen. mica – music austria berichtete dazu ausführlich.
Die Liste der MusikerInnen, die im Gefolge von Thom Yorke und Taylor Swift ihre Songs vom Dienst abgezogen hatten oder sich zumindest medial wirksam beschwert hatten, war immer länger geworden: Bryan Adams etwa lancierte, dass er für einige Millionen Abrufe in den Jahren 2010 bis 2014 nur rund 2.500 Dollar erhalten habe. Ähnlich Geoff Barrow von Portishead: Für 34 Millionen (!) Streams hätten er bzw. seine Band nur 2.300 Euro an Tantiemen verdient. Auch Pharrell Williams stieß ins gleiche Horn, als er sich darüber beschwerte, dass sein Welthit „Happy“ im letzten Jahr 43 Millionen Mal gestreamt worden war, er aber nur 2.700 Dollar dafür erhalten habe. Und die Brooklyner Band Grizzly Bear beklagte sich via Twitter, für 10.000 Streams ihrer Songs via Spotify seien nur 10 Dollar abgerechnet worden.
Und auch die Gerichte werden bemüht: Der US-Rockmusiker David Lowery hat das Unternehmen aus Schweden wegen Verletzung von Urheberrechten auf die Zahlung von 150 Mio. Dollar verklagt. Spotify habe seine Songs ohne Erlaubnis gestreamt, so Lowery. Die Folk-Sängerin Melissa Ferrick hat eine Sammelklage gegen das Unternehmen eingereicht – kolportiert wird, dass es dabei um 200 Mio. Dollar geht.
Wie man auf diese wahrlich astronomischen Summen kommt, wissen wahrscheinlich nur die KlägerInnen selbst bzw. deren Anwältinnen und Anwälte.
Fakt aber ist, dass Spotify mit der jetzigen Zusicherung, 21 Mio. Dollar auszuschütten, dem Drängen der US-Musikindustrie nachgegeben hat. Die aber ist das eigentliche Problem. Das System Streaming begünstigt nämlich jene, die ohnehin schon weich gebettet sind: Mit einem Hitalbum lässt sich via Spotify noch einmal abkassieren, während es unbekanntere Acts im Schatten der Stars schwer haben, also verhältnismäßig wenig verdienen. Das Volumen stimmt. Nicht immer aber – oder nicht in ausreichendem Ausmaß – findet das Geld seinen Weg zu den Musikerinnen und Musikern, sondern bleibt bei den Labels hängen. Vor allem für die Kunst aus der Nische scheinen die Verdienstmöglichkeiten bescheiden bis nicht vorhanden zu sein. Auch die Verteilungsgerechtigkeit kann man getrost als nicht gegeben bezeichnen.
Mittlerweile nutzen 30 Mio. Menschen den Streamingdienst Spotify. Im wachsenden Streamingmarkt ist die schwedische Firma der dominierende Anbieter. Der Umsatz belief sich letzten Zahlen zufolge auf 599 Mio. Dollar, Tendenz stark steigend. Zwischen 0,5 und 0,6 (Quelle: The Tripchordist) bzw. 0,84 Cent (Quelle: Spotify) werden ausgeschüttet.
Das Geld aber versackt in den althergebrachten Strukturen. Oder mit anderen Worten: Das Problem liegt weniger bei den Streamingdiensten als bei den Rechteinhaberinnen und -inhabern, Labels etc., die offensichtlich den größten Teil einnehmen und nur einen Bruchteil dessen weitergeben.
Spotify erklärte, in manchen Fällen sei kein Geld geflossen, weil das Unternehmen keinerlei Informationen über die Komponistin bzw. den Komponisten oder die Rechteinhaberin bzw. den Rechteinhaber gehabt habe. An der jetzigen Einigung wurde vor allem von den Klagsvertreterinnen und Klagsvertretern der laufenden gerichtlichen Auseinandersetzungen Kritik geübt. Man wolle sich so seiner gerichtlichen Verantwortung entziehen, ließ etwa Lowerys Anwalt Mona Hanna verlautbaren.
Bleibt die praktische Seite: Wie genau es funktionieren soll, Spotify bezüglich nicht ausgeschütteter Tantiemen zu kontaktieren, also den berechtigten Anteil einzufordern, verschweigen die Pressemeldungen geflissentlich. Auch in den FAQ auf der Spotify-Site ist diese Frage verständlicherweise nicht gelistet.
Laut Siegfried Samer ist Spotify mit der AKM diesbezüglich noch nicht in Kontakt getreten. Angesichts der Tatsache aber, dass Spotify weltweit mit etwa hundert Verwertungsgesellschaften Verträge hat, fragt man sich allerdings auch, ob das erstens überhaupt geschieht und zweitens, wie viel von den zu verteilenden Millionen dann konkret übrig bleiben.
Nicht nur für jene also, die deshalb noch kein Geld von Spotify gesehen haben, weil sie ihre Rechte selbst verwalten, sondern auch für jene, die ihre Rechte an die AKM abgetreten haben, ist es vermutlich das Beste, auf der Spotify-Site die genaue Vorgehensweise mit dem unter „Kontakt“ zur Verfügung gestellten Kontaktformular zu erfragen.
Markus Deisenberger
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Spotify
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Dieser Beitrag wurde von der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) gefördert.