Die Innsbrucker Rapperin SPILIF hat am 6. Oktober ein ausgereiftes Debütalbum veröffentlicht. „Irgendetwas das du liebst“ ist auf dem Label UNSERALLEREINS erschienen und beschäftigt sich unter anderem mit der Entschleunigung einer ständig unter Druck stehenden Leistungsgesellschaft. „Der Weg ist das Ziel, aber ne Strecke ohne Zeitplan“ klingt dabei durch ihre Texte als authentisches Credo.
Wer sich die Arrangements der aktuellen Platte von Rapperin Bettina Filips alias Spilif anhört, merkt sofort, dass hier nicht einfach mit oberflächlichen USPs der Aufmerksamkeitsindustrie gefeilscht wird. Zu jeder durchlebten und durchdachten Verszeile wird ein passender Sound durch die Band arrangiert.
„Rapmusik und Live-Band gehören nicht zusammen“ hört man immer wieder nostalgisch konservative Puristen sagen. Real solls sein. Nur wird fälschlicherweise Realness oft mit ursprünglich übersetzt. Nun ist es ja so, dass Kultur sich immer gegenseitig inspiriert und entwickelt. Musik so zu machen, nur weil sie in einer bestimmten Form ihren Ursprung gefunden hat, bewegt sich eigentlich schon im Inzestuösen.
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Die Musik
Schlagzeug und Bass erzeugen auf dem Debütalbum „Irgendetwas das du liebst“ so viel Druck, dass man kaum umhin kommt, die schweren Takte nickend zu markieren. Nun, das allein ist noch kein Qualitätsmerkmal. Viel bemerkenswerter ist, dass dies über die gesamte Länge des Albums anhält, ohne eintönig zu werden. Abwechslungsreich legen sich die Arrangements wie Flasche um die Post auf See und vereinen den Vibe von Oldschool-Hip-Hop mit starken Einflüssen aus Funk und Soul sowie dynamischen Indie-Produktionen.
Conscious Rap
Conscious Rap ist politisch oder sozialkritisch motivierte Musik. Es ist in dem Sinne kein eigenständiges Subgenre, sondern vielmehr eine Art, wie sich die betreffenden Musiker selbst verstehen. In begrenztem Maß bildet der Conscious Rap einen Gegenpol zum aggressiven Gangsta-Rap in denen meist Status durch Luxus bekundet wird. (wikipedia)
Nun sind Meinungen aber auch ein Ausdruck von Status. Und Menschen äußern gerne Meinungen, nach denen zu leben für andere Menschen viel problematischer sei.
Doch Spilif hält sich aus diesem Kulturkampf heraus. Sie verbreitet weder Schmähungen noch sogenannte Luxusmeinungen und erzählt in ihren Liedern von ihrer reflektierten Lebenserfahrung.
Es geht ums Älterwerden. Um den Drang, oder vielleicht besser den Mangel an Drang, sich behaupten zu müssen. „Alle wollen überholen, ich bleib in meiner Einfahrt ey“, sagt sie in „retrospektiv“. Dieser so selbstbewussten Zeile gingen vielleicht Jahre des schlechten Gewissens wegen vermeintlicher Unproduktivität voraus. Negative Energie, die sich dann vielleicht in Form eines reifen Debütalbums verwandelt. Die flache Kehrseite der Medaille wird nun zur mehrdimensionalen Hauptseite. Der unvermeidliche Vergleich mit anderen wird zum Antrieb, die eigenen Ziele zu verfolgen. Nur nicht beirren lassen und ja nicht hudeln.
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„Der Weg ist das Ziel, aber ein Weg ohne Zeitplan“.
Und so hat sich das Debütalbum der 1989 geborenen Rapperin Zeit gelassen. Dafür passt jetzt alles zusammen und das Album zeichnet sich nicht nur durch fette Drums und viele Reime aus, sondern zudem durch ausgereifte Songs und jede Menge Lebenserfahrung. Auch wenn die raue Stimme von Spilif schon einiges an Lebenserfahrung vermuten ließ, so kann das nun auch als erwiesen angesehen werden.
Dominik Beyer
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