MARIA BURGER alias OSKA veröffentlicht seit Mitte des Jahres unter dem kanadischen Label nettwerk ihre eindringlichen Singer-Songwriter-Popsongs. Im August hat die ambitionierte Wahlwienerin den XA – Music Export Musikpreis gewonnen. Dieser soll unter anderem jungen Nachwuchskünstler*innen eine solide Basis für einen internationalen Erfolg bieten. Isabella Klebinger und Michael Franz Woels erzählte die sensible und selbstsichere 23-jährige Newcomerin von ihren musikalischen Wurzeln und geografischen Einflüssen, dem Fuß fassen im Musikbusiness, sowie negativen Erfahrungen in einer männerdominierten Musikwelt.
Du kommst aus einer sehr musikalischen Familie. Wie sehr hat dich das beeinflusst?
Maria Burger: Ich würde heute nicht Musik machen, wenn ich das nicht von zu Hause mitbekommen hätte. Meine Mutter hat mit uns Kindern gesungen und sich selber intensiv mit irischen Balladen beschäftigt. Mein Vater hat in einem Kärntner Chor gesungen, meine Mutter hat einen Chor geleitet. Ein Bruder war bei den Wiener Sängerknaben und alle Geschwister haben Instrumente erlernt. Ich weiß gar nicht, wie viel Zeit wir fünf Kinder musizierend in unserem elterlichen Wintergarten verbracht haben. Mein ältester Bruder hat getrommelt, wir haben zusammen vor allem irische Lieder gesungen. Ich als Jüngste wollte dann alles lernen, was meine ältere Schwester gemacht hat: Singen und Gitarre spielen. Meine Mutter hat ähnlich wie Joan Baez gesungen und oft in der Früh schon ihre Platten aufgelegt. Wir sind morgens allesamt mit Joan Baez aufgewacht. Ich bin aber die einzige, die Musik zu ihrem Beruf gemacht hat.
Billy Joel scheint ja auch einen Einfluss auf dein musikalisches Schaffen gehabt zu haben, in einem Video spielst du kurz den Song „Vienna“ an. Welche Bedeutung hat er für dich?
Maria Burger: Ein Freund von mir aus Irland hat mich auf dieses Lied aufmerksam gemacht. Ich habe auf die Lyrics gehört und es hat mich beruhigt, wenn Billy Joel singt, dass man sich auch ruhig Zeit lassen kann; und nicht immer überehrgeizig seinen Träumen hinterher hetzen muss: „Dream on but don´t image they will all come true“. Es ist ok, wenn nicht alles Erhoffte sofort eintritt. Als Musikerin habe ich oft das Gefühl, nicht genug Zeit zu haben, um bis 30 erfolgreich zu werden. Diesen Stress mache mich mir, seit ich 18 Jahre alt bin und mich dafür entschieden habe Musikerin zu werden. Es ist einfach eine Herausforderung selbstständig und selbst für alles verantwortlich zu sein. Mein Kopf rattert fast immer.
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Wann hast du eigentlich angefangen, selber Songs zu schreiben?
Maria Burger: Mit 12 Jahren habe ich angefangen, alleine Songs zu schreiben, auch schon auf Englisch. Mein erstes Lied habe ich mit meinem ältesten Bruder Oskar auf der Geige geschrieben. Von ihm leitet sich auch mein Name OSKA als Musikerin ab.
Wie bist du auf die Idee gekommen, dich in Wien als Straßenmusikerin zu probieren?
Maria Burger: Tatsächlich habe ich bis jetzt nur in Wien Straßenmusik gemacht. Außer einmal auf der bekannten Einkaufsstraße Grafton Street in Irland. Da steht alle paar Meter ein Straßenmusiker und ich habe einfach einmal einen gefragt, ob ich mich dazustellen und mitmusizieren darf. Da ist schon eine Art Traum in Erfüllung gegangen. Ich weiß auch nicht mehr genau, warum ich das mit 18 Jahren nach der Matura unbedingt wollte. Was hat mich gereizt daran? Den Mut zu haben, sich da einfach hinzustellen? Diese Routine hat mir jedenfalls Selbstbewusstsein gegeben. Was man meiner Meinung nach im Musikstudium nicht lernt, ist, dieses musikalische Miteinander zu verstehen. Es ist ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten: die Leute bleiben stehen und hören zu, lachen dich an, du lächelst sie an, die Kinder tanzen – es ist einfach verbindend. Auf meine Art und Weise möchte ich gerne anderen Menschen helfen und Freude bereiten. Wenn ich nicht Musik machen würde, hätte ich mich vermutlich für einen sozialen Beruf entschieden. Am Ende meines Musikstudiums habe ich dann nicht mehr so oft auf der Straße musiziert und jetzt bin ich viel im Studio. Aber wenn ich Zeit habe reizt es mich immer noch.
Hat das Musizieren im Straßenmusik-Kontext dir auch für die Arbeit im Studio geholfen?
Maria Burger: Es sind schon zwei sehr unterschiedliche Sachen. Aber ich habe die Angst vor dem Live-Spielen verloren, ich habe gelernt auf Dinge eingehen zu können und mit Leuten in Austausch zu treten. Mit einer Band auf der Bühne ist es dann nochmal eine andere Herausforderung. Das Selbstbewusstsein im Studio habe ich mir auch erst erarbeiten müssen und das Wissen, welchen Sound ich eigentlich will. Da ist das Musizieren auf der Straße im Vergleich dazu natürlich viel einfacher.
Mit welchen anderen Musiker*innen hast du in letzter Zeit zusammengearbeitet?
Maria Burger: Auf einem Songwriting-Camp in Frankreich, fast genau vor einem Jahr, habe ich zum Beispiel die Band HAEVN kennengelernt. Dort war auch Marion Roudette, mit ihm habe ich auch ein schönes Gespräch über Unsicherheiten und Nervositäten bei Sessions geführt. Ich wusste aber nicht wer er war, als ich mit ihm gesprochen habe. Mit Marion Roudette und HAEVN hatte ich gleich am ersten Tag eine Session. Das Lied, das dort entstanden ist und bei dem ich singe, wird vielleicht auch noch veröffentlicht werden. Als ich dann wieder in Wien zurück war, wollte ich gern eine Zeit lang in einer anderen Stadt leben, Wien aber nicht aufgeben. Dann kam ein paar Wochen später der Anruf von HAEVN, dass sie mich gerne als Support auf ihrer Tour in den Niederlanden dabei hätten. Als ich dann mit ihnen auch in einer der größten holländischen Talkshows live auftreten konnte, war das ziemlich surreal – 1,2 Millionen Leute haben da zugesehen. Die Tour wurde leider verschoben, sie wäre diesen Mai gewesen.
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Haben dich auch andere Städte oder Länder nachhaltig geprägt?
Maria Burger: Griechenland hat mich auch stark geprägt. Mein Vater lebt auf Samos. Dort hatten wir jedes Jahr zwei Monate lang unsere Familienurlaube. Für ein Musikvideo, in dem es auch um meine Familie geht, habe ich alte VHS-Kassetten durchgesehen. Ich habe auf dem Dachboden alte Video-Kassetten gefunden und ich werde Ausschnitte für die kommende Single „Love you´ve lost“ verwenden. Das ist eigentlich das älteste Lied auf der EP. Oft erinnert man sich ja vor allem an Dinge, die nicht so gut waren. Aber diese Videos waren der Beweis, dass ich eine schöne Kindheit hatte. An das Alter bis 3 Jahre kann man sich ja nicht mehr gut erinnern. Nun sehe ich mich auf diesen Videos in einer Küche in Griechenland mit meinen Geschwistern zur Kelly Family tanzen. Ich kann mich auch daran erinnern, wie wir zu dritt in einem Pick-up gesessen sind, und mit runtergekurbelten Fenstern laut zu Janis Joplin gegrölt haben und so zum Strand gefahren sind.
Du hast bereits Joan Baez und Janis Joplin erwähnt. Welche Musiker*innen habe dich noch geprägt?
Maria Burger: Ich bin ein großer Edith Piaf-Fan. Sie ist frech und tiefgründig zugleich. Als Vorbild würde ich sie nicht bezeichnen. Sie hat Charisma, ihr glaubst du einfach jedes Wort, auch vielleicht gerade, weil sie so ein hartes Leben hatte. Dieser ehrlich thematisierte Schmerz, der nicht leidend vorgetragen wird; das finde ich authentisch.
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Gibt es auch österreichische Einflüsse – Stichwort Austropop? Wo siehst du dich selbst in der österreichischen Musiklandschaft?
Maria Burger: Wir haben mit meiner Mutter auch von Ludwig Hirsch „Die Omama“ gesungen. Lustigerweise habe ich auch ein Tape wiederentdeckt, auf dem ich die ganze Zeit „Viel Glück und viel Segen“ singe. Ich würde meine Musik, die ich jetzt mache, als Singer-Songwriter-Pop bezeichnen. Man ist halt auch gleich in einer Schublade. Ich wollte immer Indie-Musik machen, aber irgendwie funktioniert das nicht für mich.
Mit welcher österreichischen Musiklegende wärst du gerne mal auf einen Kaffee gegangen?
Maria Burger: Ich habe jetzt sofort an Falco gedacht. Der hätte sicher coole Geschichten zu erzählen. Oder Mozart oder Beethoven, die waren sicher auch lustige Dudes. Ich habe einmal von einem Briefaustausch Beethovens mit seinem Bruder gelesen. Sein Bruder hat den Brief unterschrieben mit: „Dein Bruder, Gutsbesitzer”. Er hat zurückgeschrieben: „Dein Bruder, Hirnbesitzer”. (lacht)
Gibt es Kollaborationen mit anderen Musiker*innen, die du gerade andenkst?
Maria Burger: Da gäbe es viele, mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde, national wie auch international. Aber die Labels stellen sich da manchmal quer. Gerade arbeite ich an einer Kollaboration mit Stu Larson. Er war dafür auch einen Tag in Wien. Dieser australische Musiker war viel mit der Band Passenger unterwegs. Im November erscheint ein Duett von uns, es sind zwei Songs aneinandergereiht. Ich merke immer mehr, wie cool es ist mit anderen zusammenzuarbeiten und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.
Wie steht es denn um deine EP?
Maria Burger: Die ist prinzipiell schon fertig und kommt dann im Jänner 2021. Zurzeit arbeite ich auch an einem Album, das auch nächstes Jahr erscheinen wird. Die EP war schon Anfang des Jahres fertig. Nach dem Release der ersten Single sind dann Labels auf mich zugekommen. Die Strategie meines Labels nettwerk, bei dem ich seit Juni bin, ist das Veröffentlichen von Singles im Abstand von zirka zwei Monaten. Es ist für mich ein neues Konzept, denn mit dieser Überlegung habe ich die EP damals eigentlich nicht geschrieben – jetzt bekommen alle Songs viel mehr Raum und stehen für sich. Dadurch können sie natürlich auch „geplaylistet“ werden, die Strategie hat also Vorteile. Und seit Jahren habe ich den Wunsch, ein Album zu veröffentlichen. Aber die Zeiten ändern sich einfach, und dieser schnelllebige Musikkonsum basiert auf Singles in Playlisten. Die EP hatte ich mit einer anderen Idee im Kopf konzipiert: Manchmal versteckt man aber auch gerne die ganz persönlichen Songs hinter fünf anderen. Doch jetzt bin ich schon viel sicherer beim Umgang und der Veröffentlichung von ruhigeren, älteren Liedern.
„MANCHMAL VERSTECKT MAN AUCH GERNE DIE GANZ PERSÖNLICHEN SONGS HINTER FÜNF ANDEREN.“
Wie sieht es denn generell für dich als Newcomerin bei der Mitsprache im Label oder bei deinen musikalischen Entscheidungen aus?
Maria Burger: Seit vier Jahren kommen Labels auf mich zu und fragen mich, ob ich bei ihnen unterzeichnen mag. Aber ich habe mir Zeit gelassen und auch vieles abgelehnt und nicht unterschrieben. Ich wollte schon davor jemanden, der mir hilft und mich berät und deshalb habe ich mein Management. Dieses hat mir auch geraten zu warten und zu schauen, ob und wer sich meldet. Dann ist wirklich Interesse da, und man muss nicht ständig „an Türen klopfen“. Eine relativ neue Sache in Wien, bei der sich Musiker*innen und Manager*innen begegnen können, ist auch der Musikerstammtisch.
Das kanadische Label nettwerk ist ein größeres Indielabel, welches es schon seit den 1980er Jahren gibt. Der CEO und Yoga-Lehrer Terry McBride entdeckte meinen Song „Distant Universe“ in einer Playlist und hat mich dann persönlich kontaktiert. Das Label verfolgt eine Strategie bei den Veröffentlichungen, aber künstlerisch habe ich freie Hand. Sowohl bei den Musikvideos, als auch wie ich etwas „sounde“.
Wie läuft der Prozess des Songwriting bei dir ab?
Maria Burger: Es sind nicht bloß Phasen, in denen ich mich auf das Musikschreiben konzentriere. Das ist ein relativ konstanter Prozess. So entstehen alle paar Tage Lied-Skizzen auf der Gitarre, die ich aufnehme. Und im Monat entstehen ein oder zwei fertige Lieder. Es gibt Lieder, die in 20 Minuten so gut wie fertig sind, aber auch solche, bei denen man nach einem halben Jahr wieder darauf zurückkommt und dann noch weiterschreibt. Ganz häufig habe ich vor dem Einschlafen Melodien und Sätze im Kopf, die ich dann aufnehme. Sonst schreibe ich im Moment gerne mit meinem Mitbewohner Johannes Römer, der manche Songs mitproduziert. Mit ihm sind ein paar Lieder auf der EP entstanden. Mit anderen Musikern*innen zu schreiben, das mache ich erst seit zwei Jahren. Ich habe auch in Irland einen Workshop besucht, denn man holt sich doch Inspiration von diesen Sessions. Trotzdem schreibe ich gerne alleine.
„EINE GESCHICHTE ZU ERZÄHLEN, DIE EINEM AUCH SO EIN BISSCHEN DAS HERZ BRICHT.“
Bis jetzt gibt es zwei offizielle Musikvideos, und zwar zu den Songs „Somebody“ und „Distant Universe“. Es scheint, als ob dir das Schauspielern darin auch Spaß gemacht hat?
Maria Burger: Es ist ja alles möglich und es gibt auch keine Regeln: Aber vor der Kamera zu sitzen und zu singen, das traue ich mich aus irgendeinem Grund noch nicht, da muss ja dann immer alles so perfekt sein. Ich mag Musikvideos, in denen eine Geschichte erzählt wird. Bei ein paar Liedern hatte ich beim Schreiben schon Bilder im Kopf. Das war bei „Distant Universe“ auch so. Ich habe das Storyboard zeichnen sehr genossen. Der Song „Somebody“ hätte vielleicht von der Produktion her ein happy strahlendes Popvideo vertragen, aber ich wollte lieber etwas Schräges machen. Mir war es wichtig, eine Geschichte zu erzählen, die einem auch so ein bisschen das Herz bricht.
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Wie ist dein Blick in die Zukunft als junge Musikerin, aber auch generell als junger Mensch?
Maria Burger: Ich will genau das machen, was ich zurzeit mache. Aber ich weiß nicht, ob ich es für immer machen kann. Wenn ich Kinder kriegen möchte, dann gibt es für Künstler*innen dafür noch zu wenig Hilfe vom Staat. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre eine super Sache für Künstler*innen, die sie entlasten würde. Es müsste sich so viel tun. Das Thema Kinder-in-die-Welt-setzen beschäftigt mich und meine Freundinnen sehr. Wie wird das Leben in zehn Jahren sein? Werden wir uns das leisten können? Wird es für uns Pensionen geben? Ich habe meine schönsten Zeiten meiner Kindheit in Griechenland verbracht, andere Kinder wollen sich umbringen, weil sie dort nicht überleben können. Das macht mich total traurig, viel zu viel läuft schief.
Dann gibt es auch noch die Klimakrise, wo niemand weiß wie schlimm es wirklich wird. Ich glaube einfach, da kommt noch viel auf uns zu. Ich hoffe natürlich, dass wir die Kurve kriegen. Ich schreibe mittlerweile immer öfter darüber, aber ich will nicht mit dem Zeigefinger auf diese Themen hinweisen. Ich bin da auch in einem Zwiespalt, es ist mir persönlich wichtig, aber dann habe ich andererseits selbst ein IPhone und weiß, dass Kinder irgendwo aus den Minen die Materialien beschaffen, damit wir so leben können wie wir leben. Es ist schon stark dieses Gefühl in mir: Wir zerstören gerade so viel. Ich brauche aber noch Zeit, einen Weg und eine Sprache zu finden, um das auf eine Weise auszudrücken, die dem gerecht wird. Da bin ich denke ich einfach noch nicht.
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„ALS FRAU MUSS MAN LERNEN, SICH DURCHZUSETZEN.”
Möchtest du uns einen Einblick hinter die Kulissen, oder auch auf die Schattenseiten deines Musikerinnenlebens geben?
Maria Burger: Man muss selbst sehr viel auf die Beine stellen, sich auch überlegen, wie man gewisse Sachen finanziert. Es gehören sehr viele Aufgaben dazu, die nichts mit Kunst zu tun haben. Es gibt Tage, an denen ich 14 Stunden durcharbeite, zum Beispiel wenn ich im Studio bin. Danach brauch ich auch einen Tag, an dem ich nur herumliege und Netflix schaue. Manchmal ist es schon extrem, man hat auch kein Wochenende. Es fällt mir oft schwer abzuschalten. Ich arbeite auch daran, dass ich mir nicht so viel Stress mache wegen bestimmten Dingen.
Das Songschreiben ist für mich das Schönste von allem. Schön ist auch, live zu spielen; wenn man berührt und die Leute abholt. Nicht so fein finde ich die Meinungen, die ich von allen Seiten ungefragt bekomme. Das hat mit einem Gesangslehrer begonnen, der mir gesagt hat: „In Österreich kann man eh nur von Kommerzmusik leben. Und als Frau ist es mit 30 Jahren dann sowieso vorbei.“ Diese vorwiegend männlichen Meinungen waren lange in meinem Kopf.
Welche Erfahrung in einer männlich geprägten Musikwelt als junge Frau im Musikbusiness hast du noch gemacht?
Maria Burger: Ich habe einmal bei einem Label einen Mann getroffen, der mir gesagt hat, dass er von Künstlerinnen, mit denen er arbeitet aufschreibt, wann sie ihre Periode haben. Weil er dann nicht mit ihnen im Studio arbeitet. Das fand ich echt arg. Oder ein anderer hat zu mir gesagt: „Ich muss mir erst ansehen, wie dein Wesen ist, wie du gehst.“ Ich war damals 19 Jahre alt und total perplex. Heute würde ich dem Typ schon Konter geben.
Was mich bei Interviews total genervt hat, war die Frage, ob man sich mit anderen Musikerinnen vergleichen sollte, die in Österreich ähnliche Dinge machen. Und ich habe mir gedacht: „Bekommen auch ein Lemo oder ein Julian Le Play so eine Frage?“ Es nervt mich, dass es aus deren Sicht nicht sein kann, dass es mehrere junge deutschsprachige Musikerinnen geben kann – obwohl wir ja musikalisch total unterschiedlich sind. Oder ein anderes Beispiel: Ich hätte für einen Job fürs Einsingen 400 Euro bekommen. Einem befreundeten männlichen Kollegen hätten sie 750 Euro angeboten. Wir haben uns dann abgesprochen und solidarisch jeweils 1000 Euro dafür verlangt und auch bekommen. Männer dominieren immer noch das Musikbusiness und die Musikwelt in Österreich – auch wenn es viele Sängerinnen gibt. Man wird als junge Musikerin mit so vielen Meinungen von Männern konfrontiert und es gibt echt immer wieder echt schräge Sager – etwa auch von Dozenten. Als Frau muss man echt lernen, sich durchzusetzen.
Ich habe mich zum Beispiel auch ganz lange im Bandproberaum wie das kleine Mädel gefühlt. Die Männer die mit denen ich jetzt arbeite sind nicht so, da ist mir eine familiäre Atmosphäre sehr wichtig, wir sind Freunde und unterstützen uns gegenseitig. In meiner Generation ist das alles nicht so ein Thema, da läuft es ganz anders. Ich suche mir ja auch bewusst die Leute aus, mit denen ich viel zu tun habe. Das fühlt sich an wie Familie. Insgesamt hab ich halt auch viel gelernt durch diese Erfahrungen. Ich würde mir aber jedenfalls wünschen, dass nicht jede*r solche Erfahrungen machen muss und dass das auch einige DozentInnen lesen und überlegen, was sie jungen Menschen mitgeben und sagen.
Welche Bedeutung hat der XA – Music Export Award für dich, den du kürzlich bekommen hast? Ist es für dich ein Plan der da gerade aufgeht, international bekannt zu werden?
Maria Burger: Es ist meine erste Auszeichnung. Es kam total überraschend, weil eben die Leute nominiert waren, die nominiert waren. Im Vorfeld gab es zwar gute Rückmeldungen, aber ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet. Ich habe für das Waves-Festival extra ein halbstündiges Video eingereicht. In diesem Video wird beginnend im Fahrstuhl, dann im Treppenhaus und im Hof, in jeder Station ein Lied gesungen. Alles Songs, die gerade neu entstanden sind. Ich und mein Team, wir haben uns wirklich sehr gefreut über diese Auszeichnung, das Preisgeld und den Tour-Support. Ich arbeite ja immer an meinem OSKA Projekt. Der Preis war so super, weil es sich dann für alle die mitgewirkt haben, auch ausgezahlt hat. Es wäre geplant gewesen, dass ich nächstes Jahr einige Showcase-Konzerte spiele. Das wird aber wahrscheinlich leider aufgrund der Pandemie flachfallen.
Insgesamt ist das Musikmachen für mich ein Wunsch, der in Erfüllung gegangen ist. Dass das international aufgeht, habe ich zwar gehofft, aber nicht gedacht, dass das geht. Es war Glück. Man muss Warten, geduldig sein und viel aushalten können; trotzdem weitermachen. Es wird auch immer mehr zu einem Weg, wo sich Türen öffnen und ich merke, dass es gut ist dem nachzugehen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Isabella Klebinger und Michael Franz Woels
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