Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerks: „Volkskultur als Dialog: Volksmusik und Volkslied und / als Moderne“

2021 geht es anhand von Vorträgen, Diskussionen, Workshops bei der Sommerakademie des ÖSTERREICHISCHEN VOLKSLIEDWERKS (25. – 28. August 2021, Gmunden) um das weite Feld der Beziehungen von Volksmusik und/als Moderne. „Traditionelle“ musikalische Ausdrucksformen stehen ganz offenbar nicht im Gegensatz zu unserer Moderne, sondern gehören zu ihr, sind also zeitgenössisch.  

Verwendung von Traditionen

Als traditionell aufgefasste, in verschiedenen Formen überlieferte Volksmusik und Volkslieder dienen heute offenbar als frei zugänglicher Steinbruch. Das geschürfte Material weckt unterschiedliche, jeweils „kulturell gelernte“ Assoziationen. Die können weltoffener wie auch einengender, begrenzender Art sein. Musikalische, sprachliche, gesellschaftlich-historische und regionale Begründungen bieten Analogien und Anregungen zu gegenwärtigen Lebensformen. Es lässt sich überlegen, in welcher Weise „Traditionelles“ anregend bleibt, wenn ihm eine Erzählung, ein Narrativ verpasst wird. Ohne ein Narrativ – ohne die Geschichten – blieben Volksmusik und Lieder konturlos. Um die Geschichten geht es. Was erzählen sie, was transportieren die Versatzstücke, die mehr oder minder großen Brocken des Steinbruchs, der musikalische Volkskultur heißt? Konkret gefragt ist das weite Feld der Inanspruchnahme der Musik und ihrer Kontexte, der Wünsche und Hoffnungen, der ländlichen und urbanen Selbstbilder, die in sie hineingelegt werden. Von diesen Bildern Einheimischer wie Fremder spricht daher in ihrem Eröffnungsvortrag die Historikerin Marie-Theres Arnbom.

Der Verweis auf Tradition und Herkommen ist auch ein Akt der Positionierung. Arbeit an und mit der Tradition ist eine Auseinandersetzung mit ihr und bringt Neues hervor. Bei der Sommerakademie wird daher anhand von Diskussionen mit KünstlerInnen wie Simon Mayer, Teresa Distelberger und der Gruppe Aniada a Noar ihr künstlerisches Schaffen im Kontext von traditionellen Ausdrucksformen erörtert.

Verwertung von traditionellen Ausdrucksformen

Oft wird das Material als (oft fromme) Kontrafaktur, als Parodie ironisch gewendet, im Paraphrasieren zugänglich. Heute gelten Sampling, Collagieren, Montieren oder Crossover als medien- und materialbezogene ästhetische Strategien. Volksmusik und Volkslieder haben immer wieder Anregungen gegeben. „Einfache“ Instrumente wurden „klassischer“ Musik implantiert. Damit gehen oft schwierige rechtliche Fragestellungen einher. Rede und Antwort bieten dazu in Vorträgen Clemens Bernsteiner von der Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften und zum Thema Umgang mit Feldforschungen der Kultur- und Sozialanthropologie Werner Zips.

Mit einem Akzent auf demokratischem Zugang werden in der Schulpädagogik Formen des gemeinschaftlichen und voraussetzungslosen Zugangs praktiziert. Dazu behandelt ein Vortrag das Fremde und das Eigene als Konnotate von Volksliedern im Schulbuch. Der Komponist und Fachinspektor für Musik in der Bildungsdirektion Steiermark berichtet dazu über ein Kunstprojekt „Hergouth!“ mit Volksmusik und neuer Musik.

Musikalische Straßenbahnfahrt durch Gmunden

Anlässlich der Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerks in Gmunden findet am 27. August 2021, 18.00 – 20.00 Uhr in Kooperation mit den Festwochen Gmunden und der Eröffnung des Töpfermarktes der Stadt Gmunden eine musikalische Straßenbahnfahrt durch Gmunden statt. Musikalische Klänge ertönen mit der Gruppe Aniada a Noar aus der Straßenbahn, an den Haltestellen Franz-Josef-Platz/Park, Rathausplatz/Kirchengasse, Klosterplatz und Englhof spielen folgende Gruppen auf: Sepp’n Brass, Zupf-Fiedl-Quetschmusi, Heimathausmusi, Hausmusik Pascuttini, Traunstoana-Musi und Zupft wia Zogn.

Eingeladen mitzufahren sind alle Menschen aus Gmunden und Umgebung sowie Gäste aus Nah und Fern, um Volksmusik und / als Moderne mit seinen vielen Seiten zu erleben.

In diesem Zeitraum ist die Straßenbahnfahrt durch Gmunden kostenlos.

Allgemeine Informationen zur Sommerakademie „Volkskultur als Dialog“

Die Sommerakademie richtet sich mit ihrem Programm an Vertreterinnen und Vertretern von volkskulturellen Verbänden, Initiativen und Ein­richtungen sowie Musikerinnen und Musiker, Tänzerinnen und Tänzer, Studierende, KulturwissenschaftlerInnen, Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Tourismus sowie an alle interessierten Privatpersonen. Tageskarten sind noch jederzeit vor Ort erhältlich (€ 56; erm. € 36 inkl. Verpflegung). Für PädagogInnen gilt die Sommerakademie als Fortbildung. Für Übernachtungsgäste ist die Sommerakademie ausgebucht.

Die Sommerakademie “Volkskultur als Dialog” wird seit 1992 mit Unterbrechungen abgehalten. Sie ist eine Diskussionsplattform, die sowohl den praktischen als auch den theoretischen Zugang zur Volkskultur zu hinterfragen und zu überprüfen versucht. Ziel dieser jährlichen Veranstaltungsreihe ist es, das breite Betätigungsfeld der Volkskultur zu reflektieren und Brücken zu schlagen zwischen jenen, die Volkskultur leben, und jenen, die sich wissenschaftlich damit beschäftigen. Denn Volkskultur ist ein lebendiger Dialog zur Selbstvergewisserung unserer modernen Lebenswelt.

Das Österreichische Volksliedwerk

Seit seiner Gründung 1904 zählen Sammlung, Archivierung, Dokumentation und Vermittlung der musikalischen Volkskultur in vergangenen und gegenwärtigen Erscheinungsformen zu den Hauptaufgaben der Institution. Dabei wird Volkskultur heute nicht mehr ausschließlich als Traditionspflege verstanden, sondern sie eröffnet der Kreativität breiter Bevölkerungsschichten eine Vielzahl, auch zeitgebundener Ausdrucksformen und lässt Raum für interkulturelle Prozesse. Die Funktion des Österreichischen Volksliedwerks als Dachverband der Bundesländer liegt in der Schaffung von Rahmenbedingungen und der Koordination gemeinsamer Anliegen und Projekte auf regionaler bis hin zu internationaler Ebene. Basis der Arbeit stellen die Sammelbestände der Archive dar. Die Angebote im Verbund bleiben nicht nur den ca. 7000 Vereinsmitgliedern vorbehalten, sondern stehen allen Interessierten offen.

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Österreichisches Volksliedwerk