SHE AND THE JUNKIES sind der Band gewordene Rock-Stilmix. Gitarren des Indie-Rock, Sound-Auslotung und Instrumentierung des Psychedelic Rock der 70er, Energie und Spirit des Punks und eine Stimme, die alles zusammenfügt. Neben dem musikalischen Inhalt transportieren die vier Musiker aus St. Pölten auch eine gesellschaftliche Botschaft.
Seit 2011 feilen She and the Junkies aus St. Pölten schon an ihrer Version von musikalischer Vielfalt. Den aktuellen Zustand dieser Version kann man sich über das selbstbetitelte Debütalbum (Panta R&E) aus dem Jahr 2015 zu Gemüte führen. Die Devise lautet offensichtlich: Ein Genre ist nicht genug. Auf eklektische Art und Weise bedient sich die Band bei verschiedenen Stilen, um ihren eigenen zu formen: „Junk Rock“ – laut Eigendefinition der Band. Neben konzeptuellen und klanglichen Anleihen aus der psychedelischen Musik der 1970er-Jahre, dem Soundgewand der Indie- und Alternative-Bewegung der 2000er und Einsprengseln aus allem, was dazwischen passiert ist (wie Glam, Glitter, Grunge und Sonstiges), bleibt als Fundament wie immer die Rockmusik. Dementsprechend agiert man prinzipiell auch mit der Standard-Rock-Instrumentierung von E-Gitarre (Dominik Boria), E-Bass (Andreas Grubner) und Schlagzeug (Leo Ihrybauer), allerdings angereichert um ein Arsenal an Synthesizern. Oder zumindest deren Sounds.
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Höret den Synthesizer
Der auffällige Mann an den Tasten ist Matthias Ihrybauer, dessen vielfältiger Einsatz des Synthesizers als Kerninstrument She and the Junkies ein gewisses Alleinstellungsmerkmal gegenüber ähnlichen Bands des Rock-Spektrums gibt. Nicht dass es nicht andere Bands mit Synthesizern oder Keyboards geben würde, aber im Falle von She and the Junkies sind die modulierten Sounds des Klangrepertoires des Synthesizers so aufdringlich und entrückt, dass sie einem förmlich ins Gesicht respektive ins Ohr springen. Oft passiert das in Form des Sounds einer Hammond-Orgel, aber man schreckt auch vor technoiden Sounds beileibe nicht zurück. Die anderen Musiker müssen sich jedoch auch keinesfalls verstecken. Ist man beim Erstkontakt mit den Songs der Band noch verleitet, die restliche Instrumentierung als zurückhaltend bis einfach zu beschreiben, wird bei wiederholtem Hören klar, dass das rhythmische Fundament von E-Bass und insbesondere Schlagzeug durchaus gefinkelt arrangiert und technisch auf hohem Niveau aufgenommen ist. Man muss prinzipiell allerdings kein Wiederholungshörer sein, um von She and the Junkies angesprochen zu werden, und das liegt vordergründig am sehr eingängigen und international klingenden Gesang von Sänger Andreas Grubner. Seine Stimme fungiert über weite Strecken des Debütalbums wie ein Sekundenkleber, der die wilde Mischung an Genres und Sounds sowie die anspruchsvollen Instrumentalleistungen einerseits zusammenhält und andererseits sofort angreifbar macht. Diese Eingängigkeit zeigt sich am besten in Songs wie „Foreigner“ und „Elektro“, die sich trotz des bereits erwähnten Tiefgangs sofort als Ohrwürmer festsetzen. Somit positionieren sich She and the Junkies nicht nur in verschrobenen Clubs für fortgeschrittene Rock-Jünger, sondern auch als Act auf den großen Bühnen des FM4 Frequency. Der Rest Europas hat schon Notiz genommen, wie etwa eine ausgedehnte Tournee Großbritanniens im Jahr 2015 und weitere Konzerte in Deutschland, Italien und den Niederlanden beweisen. She and the Junkies eilt ein Ruf als hervorragende, oberkörperfreie Live-Band voraus.
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Aufgeigen und Meinung geigen
Nur musikalisch aufzugeigen ist manchen Musikern jedoch bisweilen nicht genug, auch die Meinung gehört gegeigt. So nahmen She and the Junkies ihre 2016 erschienene Single „Arrival-Departure“ und insbesondere deren Video zum Anlass, ein durchaus politisches Statement von sich zu geben. In einer interessanten Kooperation („WAR SAW“) mit dem Performance-Künstler donhofer. ließen sich die Musiker in drei großen europäischen Städten – Warschau, Berlin und Wien – während der Live-Darbietung des Songs in einem Metallkäfig vom Künstler per Kettensäge befreien und dabei filmen. Eine Metapher dafür, sich aus seiner Komfortzone zu befreien und sich in unsicheren Zeiten – wie derzeit in Europa – politisch zu äußern, für seine Werte einzustehen und aktiv zu werden. Dass dies oftmals nur funktioniert, wenn man die nötige Energie an den Tag legt, wird vom energischen Sound des Songs betont. „Imagine there is no war and no crime, the air we breathe is no one’s property“, schmettert Andreas Grabner und macht damit auch die Positionierung der Band unmissverständlich klar. Der Einsatz von Megafon-Vocals dürfte wohl auch kein Zufall sein.
Es gibt aber auch ein Statement, dass allein dem Sound der Band innewohnt. Bei aller Diversität der heraufbeschworenen Stimmungen – von Seriosität durch Lyrics bis Spaß durch abgedrehte Synthesizer – ist ihnen eines gemein: Ohne volle Kraft voraus geht nichts. She and the Junkies strotzen nur so vor Kraft, Geschwindigkeit und Energie. Der Fuß wird sozusagen nur selten vom Gaspedal genommen. Das erinnert beinahe ein bisschen an Punk-Musik.
Wer sich manchmal ein bisschen verrückt und voller Kraftreserven fühlt, darf bei She and the Junkies auf jeden Fall ein Ohr und etwas Adrenalin riskieren. Gute Laune gibt es womöglich obendrauf.
Sebastian J. Götzendorfer
She and the Junkies live:
10.12. frei:raum St. Pölten