SCARABEUSDREAM – „Tacet, tacet, tacet“

Wenn man nur noch auf Genre-PuristInnen hören würde, gäbe es die Band SCARABEUSDREAM gar nicht. Denn das burgenländische Duo hat sich einen so eigenen Stil antrainiert, dass man sie in nicht einmal in einen erweiterten Billy-Kasten stecken kann. Auf dem neuen Album „Tacet tacet tacet“ tragen sie alle Stilelemente auf, die sie haben.

 
„Schweigt, schweigt, schweigt“ heißt der Titel aus dem Lateinischen übersetzt. Und er hat fast schon etwas Ironisches an sich, denn hier wird sicher nicht geschwiegen. Manchmal gibt es subtile, zurückhaltende Töne, doch im Großen und Ganzen ist das, was aufgetischt wird, pure Energie. Und im diesen Sinne hat es dann wieder etwas mit dem Schweigen zu tun, denn auch eine gewählte Zurückhaltung kann ein starkes Statement sein.
Dass so viel Power hinter der Musik von Scarabeusdream steckt, kann auch nicht weiter verwunderlich sein, wenn man weiß, in welchem Bereich die zwei Musiker gestartet haben. Sie kommen aus der Hardcore-Szene der 1990er und haben so einen natürlichen Hang dazu, alles rauszulassen, was geht. In einem Interview wurden sie gefragt, mit welcher Hardcore-Band sie gerne touren würden. Ihre Antwort war: Catharsis, Battery und Abhinanda. Und wenn man diese drei Bands kennt, oder sie zumindest erfolgreich im Internet gefunden hat, dann kann man sich schon denken, warum. Die wahnsinnige Energie der Frontmänner, die teils fröhlichen, teils düsteren Gitarren: Das alles findet man bei Scarabeusdream, aber eben anders.

Punk, Jazz und Noise

Scarabeusdream (c) Julia Sternthal

Denn die 1990er sind schon eine Zeit her und das Duo ist gereift, sodass seine Musik auch ein wenig erwachsener klingt. Vor allem, wenn man Jazz mit Erwachsensein in Verbindung bringt. Auf „Tacet tacet tacet“ findet man nämlich eine – zum Teil ziemlich chaotische – Mischung aus NuJazz, Punk und Noise. Das Chaos ist zwar gewollt, kann aber eine Hürde für neue Hörerinnen und Hörer bedeuten. Als zugänglich kann man eben nicht alle Songs beschreiben.

Vor allem der Opener des Albums und das darauffolgende „Something For Trumpet“ gehen eher in die Richtung Jazz. Letzeres Lied könnte man im Entferntesten mit der Musik von Flying Lotus oder The Notwist vergleichen. Neu Eingestiegene, die eher die punkige Seite der Band schätzen, sollten also mit „Where Is My Life?“ anfangen, das nicht nur wegen dem Titel an „Where Is My Mind?“ von den Pixies erinnert.

Bekannte Klänge, neu interpretiert.

Die zwei Songs teilen das Grundgefühl der verzweifelten Identitätssuche und leben von einer starken Stimme. Trotzdem sind sie musikalisch ziemlich weit auseinander. Und das ist wohl auch die Basis für die Musik des Duos: Beim Hören hat man das Gefühl, Vergleiche ziehen und sich an dem schon Bekannten orientieren zu können. Doch wenn man die Vergleiche dann ausspricht, stimmen sie nicht ganz überein.
„Tacet tacet tacet“ bewegt sich also in einer Art „Uncanny Valley“ der Musik. Dieser Begriff aus der Robotik umschreibt das unheimliche Gefühl, wenn ein Roboter einem Menschen zwar ähnlichsieht, aber noch nicht menschlich genug ist. So ist die Musik von Scarabeusdream irgendwie schon wie etwas, was man schon einmal gehört hat, aber eben nicht ganz gleich, und das macht sie zu einem interessanten Erlebnis.

Anne-Marie Darok

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Scarabeusdream