Mit Hans-Joachim Roedelius gastiert am 7. Juni ein Musiker im Wiener Radiokulturhaus, der die Elektronische Musik und die Methoden deren Erzeugung in den vergangenen Dekaden wie kaum ein anderer zu revolutionieren wusste. Der bald 77-jährige in Berlin geborene Klangpionier, der in seiner langen Karriere bereits mit Elektronik-Avantgarde-Größen wie Brian Eno, Holger Czukay oder Dieter Moebius zusammengearbeitet hat, gilt als einer der “Väter der zeitgenössischen elektronischen Instrumentalmusik”. Zu sehen ist Hans-Joachim Roedelius an diesem Abend sowohl solo am Klavier und an Keyboards wie auch mit der Formation „Tempus Transit“ (Albin Paulus, Stephan Steiner, Heidelinde Gratzl).
Spricht man von Hans-Joachim Roedelius, so spricht man von einer der bedeutendsten musikalischen Persönlichkeiten des Landes, man spricht von einem innovativen Künstler, der wie kaum ein anderer die heimische Musikszene durch sein Schaffen mitgeprägt hat. Der im Jahre 1934 in Berlin geborene Elektroniker gilt als einer der Pioniere auf dem Gebiet der Klangkunst und Elektroakustik, versuchte er in seinen Arbeiten doch stets, neue und ungewöhnliche Pfade zu beschreiten. Genauso wie ein Musiker und Komponist ist Hans-Joachim Roedelius auch ein Forscher, dessen Hauptaugenmerk auf der Suche nach neuen Möglichkeiten der musikalischen Verwertung elektrisch generierter Geräusch, Töne und Klänge liegt.
Irgendeinem Kategoriedenken fühlt sich der vielschichtige Avantgarde-Künstler nicht verbunden. Der seit vielen, vielen Jahren in Österreich lebende Elektroniker, der sich auch der Dichtkunst sehr verbunden fühlt, ist ein Freigeist, wie er im Buche steht, er ist ein vielschichtiger Grenzgänger, der sich im Entwerfen seines höchst individuellen Klangkosmos am liebsten an den Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Genres bewegt (Avantgarde-Rock, Elektronik und Neue Musik) und dabei mit Vorliebe über den eigenen Tellerrand hinausblickt, um den eigenen musikalischen Horizont stetig zu erweitern.
Hans-Joachim Roedelius` mittlerweile fast vierzig Jahre andauernde Schaffensperiode umfasst inzwischen etwa 1600 Kompositionen und 1000 Texte. Darüber hinaus hat der bald 77-Jährige bisher an etwa 170 LP/CD Produktionen mitgewirkt. Zu diesen zählen unter anderem jene seiner legendären Musikprojekte “Kluster/Cluster” und “Harmonica”, die auch als bedeutende Beispiele für „Krautrock“ in die deutsche Pop-Historie eingegangen sind.
Irgenwelche Vorhersagen zu treffen, welche Richtung Hans-Joachim Roedelius im Rahmen seines Konzertes einzuschlagen gedenkt, ist nahezu unmöglich. Was die gesamte Sache aber auch so spannend macht. Auf jeden Fall sollten sich Liebhaber anspruchsvoller Avantgarde-Klänge die sich bietende Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen, darf doch an Stilrichtungen und Stimmungen ungemein buntes überaus facettenreiches Klangerlebnis erwartet werden. (mt)
Foto Hans-Joachim Roedelius © Nadine Blanchard / Vienna