Nicht schlecht gestaunt haben bei der Vorstellung der Nummer 23 des Salzburger Xtra Ordinary-Samplers die anwesenden Pressevertreter*innen, als ihnen statt der gewohnten CD eine Audiokassette in die Hand gedrückt wurde. Denn, so ROCKHOUSE-Geschäftsführer WOLFGANG DESCHO, „es ist Zeit, der CD Lebewohl zu sagen“.
Nicht nur habe sich das Konzept des Streamings gegenüber der Silberscheibe längst erfolgreich an die Spitze der Absatzmärkte gesetzt, „es kommen auch immer öfter Rückmeldungen, dass die jeweiligen Endnutzerinnen und -nutzer schlichtweg keine CD-Player mehr haben“. Entsprechend dieser Sachlage habe sich das Rockhouse nun also entschlossen, die 23. Ausgabe des „Xtra Ordinary“-Samplers auf Kompaktkassette zu veröffentlichen.
Aber wieso eine Kassette und nicht ein USB-Stick? Wolfgang Descho darauf: „Bei aller Benutzerfreundlichkeit des Streamings und der Downloads fehlt es dann doch immer wieder an der Haptik, denn beim Analogen kann das Endprodukt in den Händen gehalten werden. So was evoziert positive Gefühle, für die Älteren vor allem die Nostalgie in Verbindung mit den Erinnerungen daran, vor dem Radio zu sitzen und stundenlang auf den Lieblingssong zu warten, um ihn aufnehmen zu können. Für die jüngeren Semester bringt es einen Kultfaktor mit sich.“
Zudem gebe es seit mehr als zehn Jahren eine sehr rege und innovative Musikszene, die das Format Kassette für sich neu entdeckt habe, inklusive neu gegründeter Tape-only-Labels und vieler aktueller Tape-Veröffentlichungen. Aber keine Angst: Dem heurigen „Xtra Ordinary“-Sampler liege natürlich ein Download-Code bei, damit man die Songs immer und überall hören könne.
Herausgekommen sei dabei (nicht nur wegen des Formats) ein Sampler, der wirklich „wie ein selbst aufgenommenes Mixtape mit allen Lieblingssongs von Salzburger Bands“ daherkomme. Denn leicht hat es sich die 16-köpfige Jury auch diesmal nicht gemacht, und das hört man auch bei den 26 Acts, die nun auf den zwei Kassettenseiten vertreten sind. Frei nach dem Motto des Rockhouse-Programmleiters Wolf Arrer besticht der Sampler dabei vor allem durch das Markenzeichen „regional, aber nicht provinziell“.
Zu hören gibt es dabei Synth-Pop (Mynth, Noyoco), Pop/Rock mit 80er-Jahre-Feeling (Gospel Dating Service, Yakata), 90er-Jahre-Hit-Potenzial (Ro Bergman), Singer-Songwritertum (Good Wilson) und Stadion-Pathos (The Sellout) ebenso wie genuinen Millennials-Pop, der mal auf Pathos (Please Madame), mal auf Party (Dandelion), mal auf Stadion (Coperniquo) und mal auf Power-Pop (Manchester Snow) setzt und dazu auch schon mal die amtliche Formel zum Radiohit (Karl Kayzer) sowie herausragenden Elektro-Futurismus (Neon Neet) zum Vorzeigen hat.
Auf dem Indie-Sektor gibt es Indie-Surfbeat-Nostalgie mit den Shamamas, gewohnt ruppig-charmanten Low-Fi-Pop mit Julian Nantes, zwingenden Diskurs-Rock mit Waste Of Ink, 70er-Jahre-Rock-Appeal ohne Genierer mit Low Light sowie den sich immer mehr zu einer Liga für sich entwickelnden Magic Delphin.
Dazu gesellt sich amtlicher Roots-Reggae (Moby Stick), zeitgenössischer Hip-Hop (Mace), Dialekt-Rock (Glue Crew), Folk-Pop (Dream Catchers), jazzy Westcoast-Reminiszenzen (The Magic Voodoo Club) sowie die Singer-Songwriterin Amelie Tobien. Wobei die Reverse-Taste (um sich ein Stück auf einer Kassette gleich noch einmal anhören zu können) möglicherweise beim ebenso frechen wie avancierten Elektro-Pop in genuiner Jugendsprache von Amy Wald sowie beim hypnotisierenden und alles richtig machenden Post-Psychedelic-Rock aus der Acid-Punk-Garage von The Velvet Swing wohl am öftesten gedrückt werden wird.
Erhältlich ist der Sampler im Rockhouse Service Center und im hauseigenen Onlineshop sowie auf allen gängigen digitalen Plattformen (Spotify, iTunes, Deezer etc.).
Heimo Erbse Förderpreis 2020
Gleichzeitig wurde auch heuer wieder der aus dem Nachlass des Komponisten Heimo Erbse finanzierte, von Markus Melms, Christian Salić und Max Kickinger gestiftete und mit jährlich 3.000 Euro dotierte Preis für MusikerInnen aus dem Großraum Salzburg vergeben. Die Verwendung des Preisgeldes obliegt dabei den Künstlerinnen und Künstlern selbst, soll aber als Beitrag zu konkreten Produktionen (Recording, Video, Promotion) verwendet werden und so der zukünftigen Weiterentwicklung der jeweiligen Projekte dienen.
2020 geht der Heimo Erbse Förderpreis an die junge Salzburger Indie-Pop-Band Dandelion, welche die Jury vor allem durch ihr stetiges Wachstum und die damit verbundene kontinuierliche Weiterentwicklung seit ihrer Gründung 2015 überzeugen konnte. Die Jury dazu: „Bei der Auswahl, wem der privat gestiftete Förderpreis zugesprochen wird, spielt vor allem das Erkennen von Potenzial eine Rolle. Wenn DANDELION ihren bisherigen Weg so motiviert weiterbeschreiten wie bisher, sieht die Jury eine vielversprechende Prognose für die Zukunft der Musiker und möchte sie bei diesem Unterfangen gerne unterstützen.“
Dandelion veröffentlichten 2016 ihre Debütsingle „Microgravity“ und im gleichen Jahr noch den Song „Fading Embers“, für den sie mit dem GoTV Local Hero ausgezeichnet wurden und der auch auf den „Xtra Ordinary“-Sampler gewählt wurde. Kurz darauf erschien die erste EP „Obvious“, es folgten Clubshows in ganz Österreich, Support-Gigs mit großen Acts wie I Am From Barcelona und We Are Scientists und ein Auftritt am Donauinselfest.
Im Mai 2019 erschien die EP „A!O!“, auf der eine deutliche Weiterentwicklung des Sounds zu erkennen war. Danach ging es erstmals auch im Ausland auf Tour. Mit dem Preisgeld wollen Dandelion nun vor allem ihr ihr erstes Album in Angriff nehmen, bei dem „jeder Schritt der Produktion künstlerisch selbst in die Hand genommen wird“.
Didi Neidhart
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