Release Radar: SPILIF, VERIFIZIERT, CHRISTL, GAVIS DEAN, uvm…!

Der Release Radar ist eine monatliche Auswahl an Single Releases aus dem Bereich Pop/Rock/Elektronik made in Austria. Die aktuellen Veröffentlichungen zusammengefasst von Dominik Beyer.

Bipolar Feminin – „Wie es ist“ (Buback Tonträger GmbH // VÖ 31.03.23)

„Wie es ist“ besingt inhaltlich den namensgebenden Titel des im Mai erwarteten Debütalbums „Ein fragiles System“. Frontfrau Leni Ulrich thematisiert im zweiten Single-Vorboten in trockener und fast schon Hildegard Knef-scher Manier die Stärke von Zusammenhalten langwährender Systeme. Als erklärte Kämpferin gegen das Patriarchat wird der Song enervierter Frustration vorgetragen. Denn scheinbar bleibt alles wie es ist – wie es bleibt.
Der Mensch ist gut, aber träge. Wir müssen alle ganz fundamental unsere Weltsicht ändern. In so vielen Bereichen. Sowas überfordert. Zumal wir uns naturgemäß auch stark an unseren Vorfahren orientieren. Aber die Welt hat sich in den letzten paar Jahren rasant zu einer anderen gewandelt. Dringend Zeit für viele neue Role Models. Leni Ulrich scheint dafür geeignet zu sein. Vielleicht ist es ihre Gelassenheit. Exaltiert und gleichzeitig kontrolliert. Mal ernst und dann wieder voller Ironie. Bipolar im besten Sinne.
Denn die Welt ist nie so oder so. In nächster Zeit aber auf jeden Fall mal so.

Bipolar Feminin

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rossvanboss – „malamore“ (benebene // VÖ 31.03.23)

Wenn der festgefahrene Blick auf die Dinge des Alltags die Sicht vernebelt, so hilft Reisen. Das erheitert das Gemüt und verhalf schon Johann Wolfgang von Goethe zu unerwartet künstlerischer Schöpfungskraft. Allen voran die „Italienische Reise“ des Dichterfürsten ist ein frühes und prominentes Dokument dieses heilsamen Paradieses.
Und mehr denn je ist nahezu jedes italienische Wort so positiv symbolträchtig aufgeladen, dass man davon ein Lied singen könnte. Ja eigentlich sollte. Und genau das tun im Moment nicht nur Roy Bianco & die Abbrunzati Boys. Seit 2021 macht sich diesen Mechanismus auch il cantante Rosso di Bosso aka rossvanboss zum Vorteil, und lässt die Ergebnisse der was-reimt-sich-auf „Grissini“-Suche durch das ‘Gianna Nannini Preset’ seines Vocoders sausen. Die knusprigen Beats, die ebenso zeitlos wie ein Vespa-Roller durch die Boxen knattern, garniert der junge Musiker mit eingängig phrasierten Melodien zu einer musikalischen Pizza Rossini. 

rossvanboss

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Toxic Violin – „Payback Time“ (VÖ 08.03.23)

In die Abteilung queere und rhythmisch komplexe Kuriositäten fällt der Song „Payback Time“, der am 08.03.23 das Licht der Welt erblickt.
Roxanne Szankovich singt und spielt an der Strom-Violine während sie von Sylvia Deixler am E-Bass begleitet wird. Unter dem Namen Toxic Violin ist das Duo eindeutig dem Genre Feminist Heavy Rock zuzuordnen. Die begeistern das Publikum mit einer im Peepshow-Charme vorgetragenen Performance, deren femininer Charakter nicht nur durch die hohe Stimmlage der Sängerin unterstrichen wird.
In besonderem Maße aber diejenigen, die nicht ihre Finger beim Zählen beobachten müssen, um die virtuos wechselnden ungeraden Metren zu entschlüsseln. Manche Sachen muss man einfach auch sehen und nicht nur hören. 

Toxic Violin

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Spilif – „irgendetwas das du liebst“ (unserallereins // VÖ 03.03.23)

Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden, (…) Hast mich in eine beßre Welt entrückt!”, dichtete Franz von Schober in seinem Loblied auf die Kunst der Musik, dass in der Komposition von Franz Schubert zu einem seiner bekanntesten und schönsten Lieder wurde.
Nun ist es ja so, dass man auch abseits der Musik eine friedensstiftende Leidenschaft finden kann, die einen auch abseits wirtschaftlicher Verwertbarkeit und somit quantitativer Messbarkeit mit Stolz erfüllt.
Dafür plädiert die Tiroler Rapperin Spilif in ihrer aktuellen Single „irgendetwas das du liebst“. Das klingt nicht so nach Glöckchen wie damals bei Elisabeth Schwarzkopf, dafür aber unverkennbar nach Reibeisen. 
Unterlegt werden die Aphorismen im puristisch groovenden Bandsound. Und weil die Message des Tracks so zentral ist, wird das kommende Album den gleichnamigen Titel tragen, das viel mehr als nur nach einem Hobby klingt. Könnte man gleich im Mental Health Tagebuch vermerken. Du holde Kunst, ich danke dir dafür!

Spilif

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Träum schön – „uncut“ (Futuresfuture // 03.03.23)

“uncut” heißt die neue Single von Clemens Bobich alias Träum Schön. Der junge Sänger veröffentlicht seit 2020 poppige Singles. Mittlerweile auf dem Label Futuresfuture
Als Vertreter des Genres Emo Rap widmet er sich auf sensible Weise, emotionalen Themen wie Liebeskummer Depressionen oder Angst. Der gepresste Stimmklang der, wie die Kollegen der Hip Hop Szene, das vom intensiven Straßenleben erschöpfte Individuum simuliert, paart Clemens mit einprägsamen Melodien. Sag‘s mir „uncut“, du weißt eh, ich verkraft‘ das klingt gefühlsbetont und besitzt gleichzeitig Resilienz. Zeigen tut es sich in hochauflösenden Videos.

Träum Schön

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EsRAP & Gasmac Gilmore – “Reden über Wien” (Springstoff // VÖ 03.03.23)

EsRap nutzen Rap als politisches und emanzipatorisches Ausdrucksmittel, um sich gegen veraltete und unzeitgemäße Diskurse, die Menschen mit Migrationserfahrungen am Rande der Gesellschaft verorten, zu positionieren. Menschen mit Migrationserfahrungen sollen als alltäglicher Teil und normales Phänomen der Gesellschaft verstanden werden (Wikipedia). Jeder sechste Wiener kommt aus Belgrad rappt EsRap in der aktuellen Single “Reden über Wien”. Wenn man bedenkt, dass jeder dritte Wiener nicht wahlberechtigt ist, erkennt man schon einen Aspekt der Schieflage.
In einem Musikmix aus HipHop und türkisch-orientalischer Arabeske mengt in dieser Kollaboration die Rockband Gasmac Gilmore noch metallisch schwere Beats in den interkulturellen Mix.

EsRap

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Verifiziert – “One call away (prod. Hardy X / Tobias Kuhn)” (Verifiziert / Columbia // VÖ 02.03.23)

Verifiziert hat ihr Debütalbum „adhs“ veröffentlicht. Zum Release kommt gleichzeitig ein Video zur Single „one call away“ mit einer Menge Thug Life Footage direkt aus dem Smartphone.
Der Song geht über eine unerwiderte Liebe. Zwischen den Zeilen klingt aber durchaus auch die Enttäuschung des unerfüllten Versprechens der Silicon Valley Werbemaschinerie mit.
Das sequenzierte Motif der Chorus Line “Wart auf deinen Namen am Display – Hab gedacht du bist mein one call away“ gleicht in seiner absteigenden Tonfolge selbst schon dem Klingelton des leider schwer Erreichbaren. Dass ich sehe dass er online ist, während er nicht rangeht, macht die Sache nicht besser. Ob hierbei das neuere Smartphone Abhilfe schaffen kann?
Die Werbelügen der Digital Imperien, lassen alles Interessante, weil nicht immer verfügbare, zu jederzeit greifbar erscheinen. Alle Freunde und die vielleicht noch größere Liebe nur einen Klick entfernt. Heilung verspricht das Metaverse.
Das Album ist nach einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung benannt und soll auf die Thematik bei erwachsenen Frauen aufmerksam machen. Jedenfalls auffällig, dass auf einmal so viele von dieser Diagnose betroffen ist. Ohne eine ärztliche Diagnose in Frage zu stellen, gilt es zu überdenken ob der intensive Gebrauch des Smartphone der vielversprechende Heilbringer ist. Denn „Bildschirme sind Drogen“ singt auch der deutsche Rapper Prinz Pi auf seinem aktuellen Album mit dem Namen: „ADHS“

Verifiziert

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CHRISTL – “Female Gaze (Woman Enough)” (Ink Music // VÖ 24.02.2023)

Holy Jesus Christl. Wer Gleichberechtigung anstrebt, dem muss die Ungleichverteilung von Schönheit wie ein Affront vorkommen. Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, behaupten Anhänger der Body Positivity Bewegung ganz einfach alle Körper sind schön.
Der Philosoph Baruch de Spinoza sagte wiederum: „Nicht, weil eine Sache gut ist, begehren wir sie. Sondern weil wir sie begehren, erscheint sie uns gut.“
Dass hingegen das Schönheitsideal einem Wandel durch gesellschaftliche Normen unterliegt, ist genauso bekannt. Bestes Beispiel ist die Venus von Willendorf. Die Kate Moss der Jungsteinzeit.
Schönheit ist heutzutage nicht mehr unschuldig. Denn der Einfluss der patriarchal-materialistischen Norm ist kein Geheimnis. 
Schön anzusehen, wenn Christl, begleitet von einer stimmgewaltigen souligen Performance, zu einer diverseren Sichtweise dieser Welt beiträgt, und den Differenz Charakter unseres Daseins eindrucksvoll veranschaulicht.
Body Positivity: 1 – Body Neutrality: 0

Christl

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5K HD – „Consider“ (fiveK Records // VÖ 24.02.2023)

„Consider“ die neue Single der Avant-Pop Band 5K HD.
Sängerin Mira Lu Kovacs lädt zur maßlosen Verschwendung von Liebe und Lust. Verschwendung ist natürlich im besten übertragenen Sinn zu interpretieren. Soweit so gut.
Wenn es aber darum geht, dass mit nur einem Partner bis ans Lebensende zu teilen, wird es vielen dann doch zu katholisch und sie ziehen sich verängstigt in die freie Einsamkeit zurück. Denn die Freiheit ist doch unser höchstes Gut, dass wir uns so hart erkämpft haben in den letzten Jahrhunderten. Immer öfter kommt aber auch der Egoismus im Deckmäntelchen der Freiheit daher. Corona Diktatur und so…
Hier wird aber nicht zum Ehevertrag gebeten, sondern mit sanft beruhigender Stimme, begleitet von einer kontemplativen Groove, lediglich die Bitte geäußert, es sich doch nur einmal vorzustellen. Denn wir wissen ja, Generation Snowflake ist sehr sensibel.

5K HD

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Gavis Dean – “juckt mich nicht” / prod. YoungWhite & Polbeats (Gavis Dean // VÖ 19.02.23)

Gavis Dean der mit bürgerlichem Namen Giovanni Antonio Sokic heißt, macht Rap. Seine Distinktionsmerkmale sind Aphorismen, die sich von den derzeitigen woken Moralstandards nicht unterwerfen lassen, ein Nike Pflaster auf der Wange und jede Menge Goldschmuck. Zusammen mit dem natürlich in Cash bezahlten Lamborghini ergibt das diesen einzigartigen Drip, dem die Damenwelt, ob nun glücklich liiert oder nicht, logischerweise nur hilflos ausgeliefert sein kann wie die Trauermücke dem Gelbstecker. 
Das Narrativ der aktuellen Single „juckt mich nicht“ des in Wien lebenden Rappers, scheint einem nun auch in Österreich angekommenen Trend zu folgen, der bislang hauptsächlich in Deutschland große Popularität bei den Kids aus dem Speckgürtel erlangte.

Gavis Dean

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