Release Radar: LöweLöwe , Hunney Pimp, Yajin, GutlauniNger, uvm…!

Der Release Radar ist eine monatliche Auswahl an Single Releases aus dem Bereich Pop/Rock/Elektronik made in Austria. Die aktuellen Veröffentlichungen zusammengefasst von Dominik Beyer.

Magdalena Wawra – „Tage die später mal sind“ (Magdalena Wawra // VÖ 17.02.23)

Die ausgebildete Musicaldarstellerin Magdalena Wawra veröffentlich seit zwei Jahren lyrische Indie Musik.
„Tage die später mal sind“ ist ein durch Entbehrung inspiriertes Gedicht mit sanfter Klavierbegleitung. Diese Melancholie, des unwiederbringlich Verlorenem, wird durch die Metapher „und wieder ist Sonntag im Spiegel“ ausgedrückt. Die erste Zeile „da wo du eigentlich nicht groß geworden bist“, lassen Hörende in Kombination mit der Kindermelodie der Spieluhr das schlimmste befürchten. Wer oder was, ist jedoch für die Hörenden nicht von Bedeutung. Gewertet wird sowieso auch nicht. Ohne Schatten kein Licht.
Magdalena Wawra setzt sich für dieses Jahr das Ziel, alle sechs Wochen einen neuen Song zu veröffentlichen. So kann man sich die Öffentlichkeit ein wenig zu Nutze machen, und den trüben Tagen den Kampf ansagen. Durch Ablenkung. Sollte die Willenskraft mal von Antriebslosigkeit überschattet sein.

Magdalene Wawra

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Pale Male feat. Rydell – “Friends Like Mine” (Pale Male // VÖ 10.02.23)

Pale Male ist die Fusion Band rund um den Gitarristen Paul Male.  Auf dem Debutalbum „I’ve been away“ der fünf Instrumentalisten gab es bereits schon ein paar Vocal features. „Movin‘ fast“ feat. Soia sei an der Stelle besonders hervorgehoben.
Auf der aktuellen Single „Friends like mine“ wird die austro-amerikanische Schauspielerin Kimberly Rydell vorgestellt. Die überzeugt mit kräftiger Stimme und souligen Melismen. Im Musikvideo, geißelt sie in androgyner Cowgirl Optik den bleichgesichtigen Kopf der Gruppe Pale Male. Schaut ganz so aus, als würde es wohl nicht nur bei einer Single bleiben in Zukunft. 

Pale Male

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Baiba – „GHOSTED“ (Super Plus Records // VÖ 10.02.23)

Baiba Dekena, die lettische Wahltirolerin, widmet sich in ihrer aktuellen Single dem Thema ghosting. So nennt man das, wenn der Beziehungsquittierende vergisst, seine Entscheidung auch dem Partner mitzuteilen. Meist nachdem der Seelenfrust abgeladen wurde. „Oh Boy you’re a tragedy“ singt die Künstlerin mit außergewöhnlich tiefer Stimme. Und weil das Hinterherlaufen und betteln um Aufklärung, laut gängiger Therapeutenmeinung nicht viel bringt, gilt es das Trauma selbst aufzuarbeiten.
Baiba schafft das mit ernsten Texten und einer antagonistisch heiteren Elektro Pop Produktion. Im quietschig queeren Musikvideo wird allerhand Schabernak getrieben, und eine zynische Herzblattparodie mit modernen Traumpärchen liebevoll in Szene gesetzt. 

Baiba

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YATWA – „Marvin Morser“  (LasVegas Records // VÖ 10.02.23)

Jesus Christus, Neo, Superman, Harry Potter. Der Erlöser hat viele Namen. Die Band YATWA setzt ihre Hoffnung in „Marvin Morser“. Zumindest im aktuellen Release. (Kann in diesem Zusammenhang durchaus mit Befreiung oder Erlösung übersetzt werden)
Denn die Gottessehnsucht muss auch in der säkularisierten Moderne in irgendeiner Weise gestillt werden.
C. G. Jung, sowas wie der Mozart der Psychoanalytiker, will das auch bewiesen haben. Nachzulesen in C.G.Jung – „Archetypen“. Der Mensch gibt scheinbar seine Hoffnung also ganz automatisch in übernatürliche Hände. Und je mehr die Kirche an Glaubwürdigkeit verliert, desto zahlreicher sind die Alternativen in Folge dessen. Blöd nur, dass dieser „Marvin Morser“ eine Nachricht nach dem Refrain hinterlassen hat. Man solle ihn nicht mehr anrufen, denn er hat keine Antworten auf unsere Fragen. Schade. Bleibt alle Hoffnung bei der Band YATWA selber. 
Tatsächlich fühlt man sich ein wenig wärmer ums Herz, wenn Valentin Seißler seine schmerzlösende Stimme psalmodierend über den vier Minuten Reggae erhebt. Höchste Zeit dem Fanclub dieser, ansonsten eher rockigen,  Wanderprediger beizutreten – nachdem der Trompetenengel fertig soliert hat.

YATWA

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Modest Oda – “New Heart” (Modest Oda // VÖ 10.02.23)

Modest Oda ist das neue Pseudonym des einstigen alternative Rockers Lukas Wassermann. Mit nun elektronischer Instrumentierung, entstanden in den letzten zwei Jahren mehrere Elektro Pop Singles in Eigenregie. Beim Durchstöbern diverser Live-Interpretationen eigener Lieder oder zahlreichen Coverversionen wird einem schnell klar, dass sich hier keiner hinter dem Effekt versteckt. Elektronische Hilfsmittel wie Harmonizer und Autotune dienen gekonnt als Erweiterung musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten. Die aktuelle Single „New Heart“ ist geradezu der Soundtrack dieses Neubeginns, des mittlerweile nach Wien gezogenen Multitalents.

Modest Oda

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Glam – „Bookshelf“ (teacup records // VÖ 10.02.23)

Mit „Bookshelf“ kündigt Gloria Amesbauer das im Frühjahr kommende Debütalbum  „The Color, The Dark“ an. Wer, vielleicht fehlgeleitet durch das mit Oberflächlichkeit konnotierte Pseudonym Glam, heitere Popmusik erwartet, ist fehl am Platz. Denn der Opener schleppt sich im trauermarschartigen Viertelpuls und zarter Kopfstimme zwischen den beiden Harmonien nur zaghaft hin und her. Bei Minute 2:20 öffnet sich die Erde und eine vierminütige Höllenfahrt à la „My Body is a Cage“ von Arcade Fire beginnt. Durch massiven Einsatz von Distortion, und somit von den Instrumenten kaum mehr zu unterscheiden, gibt Gloria Amesbauer mit den Zeilen„all the cries, archived in no bookshelf“ ein düsteres Abbild dieser Tage ab.  

Glam

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LöweLöwe – „Fliegen“  (LoeweLoewe // VÖ 03.02.23)

„Ich wurde von meiner Mama, nachdem sie vom Spital nach Hause gekommen ist, direkt ans Klavier gelegt und hab angefangen, Klavier zu lernen“, erzählt Christian Hummer 2016 im FM4-Interview.
Nach dem Klassik Klavier Studium folgten ausschweifende Konzerttourneen als Keyboarder der Band Wanda. Um Energie und Zeit für seine Band LöweLöwe zu sparen, hat er Wanda zuletzt noch verlassen. So konnten noch zwei Singles veröffentlicht und einige Demos und Fragmente aufgenommen werden.
„Fliegen“ ist die erste posthum veröffentlichte Single, die Christians Schwester Marie Hummer wenige Monate nach seinem tragischen Ableben beendete und nun veröffentlicht. 
Der Song verdichtet vergangene Beziehungen zu einer symbolischen Geschichte. Der Refrain metaphorisiert mit den Worten „beim Fliegen steht die Zeit still“ ein Sehnsuchtsgefühl. Das Verlangen nach einer vorübergehenden Befreiung der seelischen Last, die zwangsweise bei unausgewogenen Beziehungen entsteht, und sicher Thema für das musikalische Genie (Zitat Marko Wanda) war, der Zeit seines Lebens mit soviel Talent wie Erfolg und Rastlosigkeit gesegnet war.
Am 5. Februar wird es ein kleines Tribute-Konzert für Christian Hummer im Supersense in Wien geben.

LöweLöwe

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Hunney Pimp – “Die Beseste” (Big MonnNy // VÖ 02.03.23) 

Mit überzeugender Ernsthaftigkeit, und rhythmischen Skills, veröffentlicht Hunney Pimp mit „Die Beseste“, einen neuen Banger, und kündigt ihre gleichnamige EP für den 20.April an. Unverkennbar mit oberösterreichischer Mundart, webt die Puffmutter ein rhythmisches Geflecht, dass – trotz cloudiger Produktion von Fid Mella und Lex Lugner – ordentlich Druck macht.

Hunney Pimp

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Yajin – “den” (Yajin // VÖ 27.01.23)

Yajin ist ein junger Produzent aus Wien. Seine Tracks sind transparente Geräuschkulissen. Die Single „den“ klingt ein wenig als würde man seine Ohren in diverse Schalen, Töpfe und Kugeln eines Klangmuseums stecken, und den Schallwellen beim Eindringen in das eine Ohr, bis zum Ausdringen am anderen verfolgen können. Entfremdete Vocal Samples werden zu interessanten Gebilden gebastelt. Very James Blake-ish. Die repetitive Struktur, die niemals eine Wiederholung gleich der vorangegangenen klingen lässt, eignet sich auch gut als Meditationsübung. Man stelle sich zu Übungszwecken vor, man schwämme mit geschlossenen Augen auf einem Leukozyt durch den kleinen Kreislauf der Blutbahn und konzentriere sich auf alle Geräusche. Mit dem Fade out können wir die Augen wieder langsam zu öffnen.

Yajin

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GutlauniNger – „Vielleicht“ (Gutlauniger // VÖ 27.01.23)

Wem hin und wieder mal alles verkrampft, narzisstisches Treiben nach den echten großen Emotionen, Sounds und Trends auf die Nerven geht, dem sei der unprätentiöse wie unterhaltsame Künstler Gutlauninger ans Herz gelegt. Der versucht erst gar nicht das Rad neu zu erfinden. Denn das Konzept mit Falco Timbre in der Stimme und 80iger Synthwave Begleitung bietet vielleicht nicht die Grundlage, die internationale Musikwelt zu erobern, ist aber, durch die charmanten Texte und auch in sonst jeder Hinsicht eine Bereicherung fürs Gemüt und den Dancefloor.
„Vielleicht“ gleich in die Playlist!

Gutlauninger

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EFEU – „In Wien“ (Assim records // VÖ 27.01.23)

Die fünf funky „Falcos“ aus Vorarlberg besingen in ihrem Debüt ihr lieb gewonnenes Exil „In Wien“. Denn da schnappt man andere Luft als im Ländle. Und so tanzen die jungen Römer torkelnd im Testosteron geschwängertem Katerschick durch die Gassen und den green screen und gönnen sich solange Weiß gespritzt, bis die Herzen wieder frieren. Aber wie sie richtig singen, sind sie zu jung um zu Verlieren. Im Frühjahr kommen dann weitere Lobeslieder feuchtfröhlicher Nachtwanderungen im puristisch knackigem Bandsound, und helfen der Sonne die Knospen der Liebe zu entfalten.

EFEU

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Picobello – „Lass uns so tun“ (Feber Wolle // VÖ 26.01.’23)

Picobello verarbeiten in ihrer neuen Single „Lass uns so tun, als wär alles gut“ ihre ambivalente Einstellung derer die, unbeeindruckt der Bürden unserer Zeit, sich dem Hedonismus verschrieben haben. Der zynische Song geht an all die schönen Menschen, die in ignoranter Ekstase am Donaukanal in ihren Seifenblasen tanzen, oder sich auf imperialen Dachterrassen ihr Näschen pudern, um den Himmel schon zu Lebzeiten zu beschnuppern. Die sollten mal mehr Mitgefühl an den Tag, oder besser in die Nacht, legen. Natürlich denjenigen, denen es nicht so gut geht. 

Picobello

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