Release Radar: KIMYAN LAW, LEX CANDY, MANU DELAGO U.V.M.

Der Release Radar ist eine monatliche Auswahl an Single Releases aus dem Bereich Pop/Rock/Elektronik made in Austria.

AYMZ – „Allerletzter Tag“ (Break Them Records // 10.11.`23)

Auch wenn man es nicht wahrhaben möchte und sich das Schöne vergangener Tage zurückwünscht, gibt es manchmal einfach kein Zurück mehr. AYMZ sehnt sich in ihrem neuen Song, der zugleich Vorbote der Anfang Dezember erscheinenden EP ist, nach den schönen Momenten einer zu Ende gegangenen Beziehung, mit dem Wissen, dass diese unwiederbringlich sind. Daher auch der eher melancholische Grundton des Songs, der zwar ruhig und verhalten startet, sich aber spätestens mit dem Refrain zu einer mitreißenden Tanznummer entwickelt. Ein echter Ohrwurm, der sowohl in Bewegung versetzt als auch berührend ist. Man darf wirklich gespannt sein auf die EP.

AYMZ

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Rahel – „bitte nicht in blicken/Zum Tag des Barsches“ Doppelsingles (Ink Musik // VÖ 10.11.2023)

„Ich küsste dich im Affekt, [denn] niemand ist perfekt.“ – Nein, Rahels neue Single ist keine verspätete antifeministische Positionierung in Luis Rubiales Bussi-Gate. Vielmehr ist es eine emanzipierte Geste, einem sexistischen Klischee die kalte Schulter zu zeigen. Dass sich dies bei Rahel nicht in einer plumpen Kampfansage an das Mannsein per se ausdrückt, war durch die durchgängige Stilsicherheit ihrer bisherigen Veröffentlichungen vorhersehbar.
Statt Männlichkeit zu verteufeln, verkörpert sie eine dem Klischee nach damit konnotierte Eigenschaft durch emanzipierter Selbstsicherheit.
Dies geschieht in einer Fülle von doppelbödigen wie pikanten Anspielungen, die deutlich machen, dass es nicht immer nur die Männer sind, die das Eine wollen, und die Frauen, die alles verkomplizieren. 
„Halt mein Haar – aber nicht meine Hand – Es fliegt höher, wer nicht nach dem Griff verlangt“ ist so eine Zeile, die vermutlich niemand, der nach dem Weltkrieg geboren ist, inhaltlich als provokant bezeichnen würde, aber es ist doch immer wieder schön, wenn jemand dafür schöne Worte findet. Sind wir doch alle glücklicherweise viel mehr als entweder Mann oder Frau.

Rahel (Instragram)

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Und weil keiner immer nur über allen Dingen stehen kann, erscheint als zweiter Teil der Doppelsingle ein Lied des verletzlichen Lyrische Ichs. In „Am Tag des Barsches“ beschreibt es sich als geknackter Panzer. Ein überfordertes Ich, in einer Zeit des Umbruchs, in der „keiner sagen [kann], ob er fällt oder fliegt”.

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5K HD – „Off And On“ (Ink Music  //  08.11)

Studioproduktion oder klassischer Bandsound? Diese Frage stellt sich oft, bevor eine Band ins Studio geht. Mit der ersten Variante lässt sich durch das Hinzufügen von beliebig vielen Tonspuren und Bearbeitungsmöglichkeiten ein distinguiertes Bild erzeugen. Bei der Live-Umsetzung ist dann meist das virtuelle Bandmitglied namens Laptop unverzichtbar, wenn der Song auf der Bühne der Studioproduktion entsprechen soll.
Oder man macht es wie die Wiener Formation 5K HD und experimentiert im Vorfeld mit traditionellen Instrumenten und Effektgeräten, um ihnen wirklich einzigartige neue Sounds zu entlocken. 
Die zarte Stimme von Mira Lu Kovacs und der mal gestrichene, mal gezupfte Kontrabass von Manu Mayr verschmelzen mit dem Synthesizer Arpeggio und progressiven Drums zu einem einzigartigen Song, in dem alle Stimmen gleichberechtigt zu sein scheinen. Abgerundet wird das Sounddesign durch die effektierte Trompete von Martin Eberle.
So reiht sich „On & Off“ in die bisherigen Veröffentlichungen gekonnt und stilsicher ein, und hebt sich parallel dazu von einem Großteil der Masse ab. 

5K HD

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Holli & Sanna – „Keine Festung“ (RAIN // VÖ 03.11.23)

Dieses Herz ist keine Festung, es ist vielmehr ein Schiff”, singen Holli & Sanna auf ihrer aktuellen Single. Und da momentan überall auf der Welt ein sinngemäß hoher Wellengang herrscht, ist es nicht verwunderlich, dass diese dementsprechend melancholisch gefärbt ist. 
Der Song ist ein emotionales Plädoyer, der Soundtrack zur Bitte um Amnestie – eine musikalische Aufforderung, einen begangenen Fehler doch bitte von der emotionalen Seite zu betrachten.
Bei einseitiger Betrachtung ist das nachvollziehbar. Erst recht bei so viel Gefühl in Stimme, Arrangement und Dynamik. 
Von Befangenheit könnte man fast sprechen, wenn man sich dazu noch von dem Bonnie & Clyde inspirierten Musikvideo hat triggern lassen.
Bleibt nur zu hoffen, dass das Empathie Konto der Hörer:innen nicht von der täglichen Wucht an Horror-News bereits überzogen ist.

Holli
Sanna

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Philomena – „Flowergarden“ (VÖ 03.11.’23)

Philomena ist eine junge Vorarlberger Sängerin und Songwriterin. Ihre Single „Flowergarden“ ist eine soulige Jazz-Ballade über das Loslassen. Sanfte Jazzakkorde mit Klavierbegleitung suggerieren pathetische Unzertrennlichkeit. Der Refrain ist da schon einen Schritt weiter. “I never thought i’d be good at leaving” leitet auch musikalisch in eine selbstsichere Stimmung über, die soulige Vorbilder von Adele und Alicia Keys durchscheinen lässt.
Live ist Philomena am 16.11. im Kapu Linz oder am 29.11. im Loop in Wien zu erleben.

Philomena

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Kimyan Law – „Facade [feat. SISKA]“ (PlusPlusPlus Music // 27.10.’23)

Ein Song über den Schein und das sein. Kimyan Law und SISKA sprechen in ihrer Nummer den Gegensatz zwischen dem Inneresten und dem für die anderen dargestellten Äußeren an und welch manchmal emotional zermürbender Kampf es für jemanden ist, diese Fassade ständig aufrechtzuerhalten. Musikalisch zeigt sich der Wiener Elektroniker gewohnt mit eigenständiger Note, die weit über Bereich der elektronischen Musik hinaus erstreckt und auch von der Struktur um einiges variantenreicher erklingt, als vieles aus derselben musikalischen Ecke. Tiefe Bässe, breakige Beats und eine vielschichtige und experimentell angehauchte Soundarbeit sorgen für den atmosphärischen Unterbau, den Sängerin SISKA mit ihrer glasklaren Stimme in eine packende melancholische Richtung lenkt.

Kimyan Law

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LEX CANDY – „Wolverine“ (Gartenhaus Records // VÖ 27.10.’23)

Dass der Eisenstädter Musiker Alexander Grill alias Lex Candy das Händchen für starke Popsongs hat, zeigen seine Veröffentlichungen der letzten Monate. Die Melodien und Gesangslinien, die er in seinen Songs zum Erklingen bringt, sind genau solcher Art, die sich ohne Umschweife in den Gehörgängen festsetzen und für viel Stimmung sorgen. Die neue Single „Wolverine“ zeigt sich diesbezüglich als keine Ausnahme. Der Song vermittelt sich mit seinem positiven Vibe die Aufforderung, sich nicht aufzugeben, so zäh sich das Leben auch zeigt. Leichter überwindet man die Krisen und Hindernisse zu zweit, mit einer geliebten Person an der Seite, die einem die Kraft gibt, immer wieder aufzustehen. Lex Candy

Lex Candy

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Manu Delago – „Modern People feat. Mad About Lemon“ (One Little Independent Records // VÖ 25.10.’23)

Mit „Modern People feat. Mad About Lemon“ liefert Manu Delago den ersten Vorboten auf sein neues, im kommenden Jahr erscheinendes Album „Snow From Yesterday“. Der Song, den der aus Tirol stammendeKomponist, Grammy-Nominierte und gefeierte Perkussionist gemeinsam mit dem Gesangstrio Mad About Lemon („Heidi Erler, Mimi SchmidundAnna Widauer) ist ein Stück Musik ruhigen Tons mit tiefgründiger Message, welches sich über sanft tänzelnde Handpan-Klänge, einen dezenten minimalistischen Beat und wunderbare Gesangsharmonien auf sehr stimmungsvolle Weise erzählt. Manu Delago und Mad About Lemon thematisieren in „Modern People“ die von vielen so sehr geschätzten Technologien und deren sich immer fortsetzenden Entwicklung, sie fragen sich, ob wir diese als Menschen im Angesicht der vielen aktuellen Krisen – wie etwa der unaufhaltsam fortzuschreiten scheinenden Klimakrise – in einigen Jahrzehnten überhaupt noch nützen können. Ein packender Song, der berührt und auch zum Nachdenken veranlasst.

Manu Delago

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Oscar Haag – „Sharpen the knifes” (LKMTV // VÖ 20.10.’23)

„Sharpen the knifes” und spitzt die Ohren, wenn Oskar Haag noch im selben Jahr der Veröffentlichung seines gefeierten Debütalbums mit einer Rumba nachlegt. Laut Wikipedia liegt das besondere künstlerische Merkmal der Rumba im Spiel zweier Partner. In einer gut getanzten Rumba wird intensiv umeinander geworben; im künstlerischen Kontrast dazu sind beide Partner von Zeit zu Zeit fahnenflüchtig und müssen vom anderen zur Rückkehr gelockt werden. Im Vordergrund steht die nonverbale Kommunikation der Protagonisten, zu der sich das Publikum im Idealfall eingeladen fühlt, am spannenden Flirt der Tänzer teilzuhaben.
Eine Übung, die dem Austrian Beauty auch im Alleingang mühelos gelingt. Außergewöhnlich hitverdächtig wird es dann, wenn sich zum verheißungsvollen Tanz noch eine sehnsuchtsvoll exotische Melodie gesellt, die sich über eine stilistisch gelungene Fusion aus synthetischen und akustischen Blechbläser Harmonien legt und somit subito in den auditiven Kortex jener teilnehmenden Hörer brennt. 
Wie sehr der Sound an eine Hitsingle eines anderen genialen Schulabbrechers und dessen Vorliebe für eine Stadt in Frankreich erinnert, wird im Nachhinein egal sein, wenn demnächst die Fans „Sharpen the Knifes“ zu einer Art „Lambada“ ihrer Generation erklären und als Soundtrack zur Huldigung ihrer Allegorie einer neuen Männlichkeit feiern.

Oscar Haag

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BARBARA NEUHAUSER – „Spiegel“ (VÖ: 20.10.’23)

Ein Popsong, der in einen Sound gehüllt ist, der auf wirklich schöne und spannende Weise einen etwas ungewöhnlichen Akzent setzt. Dass die junge Wiener Sängerin und Songwriterin Barbara Neuhauser ihre eigene musikalische Sprache spricht, wurde bereits durch ihre bisherigen Veröffentlichungen, wie etwa “Wie im Traum”, deutlich. Gleiches trifft auch auf ihre neue Single “Spiegel” zu, die vom Keyboarder und Produzenten Angel Vassilev (früher bekannt als Elis Noa) produziert wurde. Der Song betont erneut die außergewöhnlichen gesanglichen Qualitäten von Barbara Neuhauser und vermittelt eine warme Brise, die aufgrund ihres ruhigen und verträumten Charakters eine beeindruckende Atmosphäre schafft. Das Lied lädt dazu ein, sich für einen Moment einfach nur treiben zu lassen und erfasst den Hörer:in mit einer besonderen, angenehmen Energie, die wirklich berührt. Angesichts eines so beeindruckenden Vorboten darf man gespannt auf das für 2024 geplante Debüt der Sängerin sein.

Barbara Neuhauser

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Intra – „Scenes“ (töchtersöhne records  //  17.10.’23) 

Nach zehn Sekunden ist alles gesagt. Oder besser: geschrien. Denn mehr Refrain lässt sich in vier Takten kaum unterbringen. Bianca Ortner, Sängerin und Bassistin von Intra, ist mit „Scenes“ eine wirklich knackige Stoner-Rock-Hymne gelungen.
Virtuosität und Musikalität hat sie bereits auf früheren Veröffentlichungen unter Beweis gestellt. Nun scheint ein feines Gespür für prägnante Hooklines hinzugekommen zu sein. Das Ergebnis erinnert an 90er Größen wie die Guano Apes und kann diesen absofort auch das Wasser reichen.

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Trottoirs – „Herbst in Prag“ (13.10.`23)

Ein von Melancholie begleiteter Spaziergang durch das herbstliche Prag. Die Farbenpracht des Sommers ist längst verblasst, die Wärme des Sommers ist einer den Winter ankündigenden Kühle gewichen. Der Wiener Liedermacher Trottoirs blickt in seiner Debütsingle „Herbst in Prag“ zurück auf eine schöne Zeit, die nun jedoch vergangen ist. Es ist niemand da, der ihn nun begleitet. Die Beziehung ist vorbei, sein Herz gebrochen. Ein Thema, das in der Musikgeschichte bereits oft verarbeitet wurde. Trottoirs tut dies auf eine stille und zerbrechliche folkige Weise, ohne jeden künstlichen Glanz, in einem höchst authentischen Ton. Beim Durchhören des Liedes fühlt man sich wirklich berührt, man fühlt mit, was bei Herzschmerz-Songs nicht immer der Fall ist.

Trottoirs

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