RELEASE RADAR: FRAEULEIN ASTRID, MYNTH, OEHL, BEX, UVM…!

Der Release Radar ist eine monatliche Auswahl an Single Releases made in Austria aus dem Bereich Pop/Rock/Elektronik. Die aktuellen Veröffentlichungen zusammengefasst von Dominik Beyer.

All Faces Down – “Sick” (Forevermore Records // VÖ 09.12.2022)

Die Signale unserer Umwelt sind eindeutig. Daran zweifelt wohl niemand mehr, außer vielleicht die Partei, die sich lediglich die Initialen mit der Band All Faces Down teilt. Ganz anders nämlich, besingen die harten Jungs der Posthardcore Formation die Symptome der zu lang verschleppten Selbstlüge.
Ich habe meine Gesundheit für meine Bad Boy Attitude verkauft, singt Lukas Mantsch in der neuen Single „Sick“ frei übersetzt. Körperliche und seelische Erkrankungen sind die Folge und sind ein weiteres Indiz der Fehldiagnose, die neue Volkskrankheit Depression als Modeerscheinung einer verweichlichten Generation einzuordnen. Denn nach Softies klingen sie nicht. Die Aussage des lyrischen Ichs steht natürlich genauso für den dramatischen Zustand des kollektiven Wir, und lässt erkennen, warum Medizin hier auf Dauer nicht helfen kann. Die Band setzt sich im Video schonmal vorbildlich im therapeutischen Stuhlkreis zusammen. Folgender Termin empfiehlt sich daher zur gemeinsamen seelischen Entschlackungskur: All Faces Down spielen am 09.06.2023 am Nova Rock Festival. 

All Faces Down

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Naked Cameo – “Quick Bliss” (Futuresfuture // VÖ 07.10.’22)

Naked Cameo’s Chartplatzierungen sprechen auf jeden Fall eine internationale Sprache. Zeit für einen kurzen Gesundheitscheck, bevor es auf Weltreise geht.
Bei der Erstuntersuchung der Single „Quick Bliss“ (Videorelease 20.12.’22) sind keine pathologischen Auffälligkeiten zu erkennen. Angenehm natürliche Phrasierung und konstante Amplituden im Rythmusbereich. Erhöhte Klickzahlen durch gekonnt gestaltete Hooks. Verdacht auf Liquido Syndrom. Gefahr der Ansteckung durch einen Ohrwurm ist jederzeit gegeben.

Naked Cameo

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Litha – „Into Thin Air“ (Green Papaya Records // VÖ 02.12.’22)

Lisa Lurger hat mit ihrer unverkennbaren Stimme zahlreichen Aufnahmen als Backgroundsängerin den Soul eingehaucht. Unter dem Namen Litha veröffentlicht die Niederösterreicherin seit letztem Jahr eigene Neosoul und RnB Bretter. Gesegnet mit einer Stimme, die dem empfindsamen Hörer schon bei der Begrüßungsansage Gänsehaut verpasst, wäre sie eine der Musikerinnen, die guten Gewissens eine solo a cappella Platte veröffentlichen könnte.
„Into Thin Air“ ist der dritte Single Release der Ausnahmestimme, zu der sich die soulmates Jay Choma & Manu Diem sowie Produzent Andreas Lettner gesellen.
Und weil soviel Emotionen kaum auszuhalten sind, ist die frische Musikvideoperformance im kühlen Art déco Stil des Amalienbades bestens gewählt.

Litha

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Fraeulein Astrid – “r u really ok” (Fraeulein Records // 16.12.2022)

Fraeulein Astrid besitzt ein feines Gespür für Instrument und Stimme. Mit ihrer Gedichtvertonung „Herbstseufzer“ hat sie auch ihr Talent als Songwriterin unter Beweis gestellt.
„R U Really Ok“ erinnert aufgrund des präsenten Einsatzes des Vocoders zunächst an „Hide & Seek“ von Imogen Heap, ist aber nicht nur durch die Kollaboration des Kinderchores, dem sie einst angehörte, zu einem ganz eigenständigen Song geworden. Ein Song über die Selbstwahrnehmung in der Zeit des Erwachsenwerdens. Gefühle, die sich einem förmlich aufdrängen, wenn man mit etwas Abstand wieder das Elternhaus betritt.

Fraeulein Astrid

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MYNTH – „Wandering“ (Assim Records // VÖ 09.12.’22)

Als Irrfahrt kann man die Beschreibung der vergangenen zwei Jahre nur mit einer gehörigen Portion understatement begreifen. Denn in dieser Zeit waren die Geschwister von Mynth alles andere als ziellos. Es sind zahlreiche Produktionen für andere Artists entstanden und ganz nebenbei auch ein großartiges Festival (10Volts) ins Leben gerufen worden.
Jedenfalls war es jetzt wohl wieder Zeit für das Wesentliche. Ein neues Album voller eigener Musik. “Wandering” ist die erste Single, des gar nicht mehr so elektronischen Duos. Das Album “Four” darf im März 2023 erwartet werden. Release Tour steht bereits.

Mynth

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OEHL – „Kleinigkeiten, die keine sind“ (Groenland Records // 02.12.2022)

 „Nichts Besseres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn hinten, weit, in der Türkei die Völker aufeinander schlagen. (…) Dann kehrt man abends froh nach Haus und segnet Fried und Friedenszeiten.“ Dieses Zitat aus Goethe’s „Faust“ regt vielleicht in Kombination mit dem weihnachtlichen warmen Arrangement des Songs „Kleinigkeiten, die keine sind“ zum Nachdenken an. Ob der Künstler hiermit der Verletzlichkeit der Demokratie, den Rückzug des Kanzlers aus sämtlichen politischen Angelegenheiten oder gar dessen Nachwuchs gedenken wollte? Denkbar wäre alles in diesen (Feier)tagen.

OEHL

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NELAVIE – “Wollt’ ich nur mal sagen (Danke dafür)” (NELAVIE // VÖ 02.12.2022)

Alles ist politisch in diesen Tagen. Die Wahl der Kleidung, der Mahlzeit oder natürlich auch die Wortwahl beim Song schreiben. Für letzteres hat NELAVIE in der Vergangenheit jedoch poetisches Feingefühl bewiesen und schaffte es subtil auf verbesserungsbedürftige Zustände hinzuweisen, ohne dabei die Spaltung der erhitzten Gemüter voranzutreiben. Sicherheitshalber schenkt sie uns für die Adventszeit einen Song, dem aber nicht mal zwischen den engsten Zeilen irgendein versteckter Hauch von Kritik zu hören ist. Ein simples Klavier begleitet die liebevollen und ehrlichen Zeilen der Dankbarkeit in diesem puristischen Liebesbekenntnis. Da erscheint es auch absolut nebensächlich, ob man die Gesangshook im Postchorus schonmal irgendwo gehört hat oder nicht.

NELAVIE

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Tape Moon – “Time Is Runnin’ Out” (Mottalon Music // VÖ 02.12.2022)

“Absent” heißt das Debutalbum von Michael Naphegyi alias Tape Moon, dass fernab des klassischen Songwriting mit Synthesizern und Drums experimentierte. Mit „Time is Runnin‘ Out” folgt jetzt eine Synthpop Single auf dem Eigenlabel Mottalon Music. Die Zutaten sind die gleichen geblieben. Diesmal in altbewährte musikalische Formteile gegossen. 

Tape Moon

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BEX – „Midnight Playground“ (Fiakka Records // VÖ 25.11.2022)

Nach ihrem Debüt auf W1ZEs EP “Down Low” ist “Midnight Playground” der zweite Song von Rapperin Bex. Ein Produkt aus der Kollaboration mit Producer Elias Stejskal aka Nono Punch. Nach dem atavistischen „Bounce“-Banger hat Bex ihre Krallen zumindest um die Hälfte auf Zentimeter gestutzt. Nach Dirty Talk ist jetzt Deep Talk angesagt. Bex ist nun keine Feature Nummer mehr. Nono Punch weiß damit musikalisch bestens umzugehen.

BEX

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BOARDALLEIN – “is OK”  (Futuresfuture // VÖ 18.11.2022)

Gegen unnötigen Überfluss zeigt BOARDALLEIN mit Schlafmaske auf der Stirn und lustigen Puschen auf, und lädt zu einer Ruhepause in Form eines Picknicks im Bruno Kreisky Park auf. Hier können die slacker und quiet quitters, fern von Berufsverkehr und Shoppingmeile, noch am ehesten dem Reiz der sich selbstoptimierenden Gesellschaft entkommen, und ihre work-life-balance austarieren. Kapitalismus Kritik unterlegt mit chilligen Beats samt Buchempfehlung (T C Boyle – “Wassermusik”) gegen die Langeweile.

Boardallein

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