Ein richtig schön gewaltiges, fettes, hartes, schleppendes und abwechslungsreiches Riffmonster ist es geworden, das neue Album des Grazer Brachial-Rock Duos Reflector „The Heritage“ (Rock Is Hell / Noise Appeal Rec. / Interstellar Rec.). Wie man es von David Reumüller und Andreas Heller gewohnt ist, räumen die beiden einmal mehr mit so ziemlich allen herkömmlichen musikalischen Begrifflichkeiten und Definitionen auf und interpretieren den gitarrenorientierten Rock in einer energetischen Form, die schlicht und einfach nur wegbläst. Und das Schöne daran ist, dass sie das mit Stil und Niveau tun. Was Reflector entstehen lassen, ist ein intensivstes, sich unaufhörlich bis zum Höhepunkt verdichtendes, vielschichtiges Klangerlebnis, das, ungewöhnlich ruhig startend, von Ton zu Ton mehr in den Bann zieht bis es nicht mehr loslässt.
Reflector waren schon immer eine Band, die irgendwie aus dem Rahmen des Gewöhnlichen gefallen ist. Was das Zweiergespann jedoch auf ihrem neuen Album abliefert, durfte man sich wohl beim besten Willen nicht erwarten. „The Heritage“ ist wohl genau das geworden, was man anderenorts als „Opus Magnum“ bezeichnet, ein mächtiges, faszinierendes musikalisches Statement von Größe. Man ist als Hörer mit einem klanglichen Ereignis konfrontiert, das schlicht und einfach in Erstaunen versetzt, das so sehr außerhalb der gängigen Formate angesiedelt ist, dass jeglicher Versuch einer Zuschreibung zu einem Stil oder einer Spielform einfach zu kurz greift.
Ja, es handelt sich um so genannte harte, hochenergetische Musik, um Metal, Doom oder Sludge, um irgendetwas Post-artiges, Noisiges. Die innovative und kunstvolle Art aber, mit der David Reumüller und Andreas Heller mit alle den Versatzstücken umzugehen wissen, mit diesen jonglieren und in einem vielschichtigen Sound zusammenfassen, verleiht dem Ganzen im Ergebnis ein fast schon avantgardistisches Element, welches das Dargebotene aus seinem ursprünglichen Kontext herauslöst. Nicht falsch verstehen, Reflector kippen nie in irgendeiner Form ins Kopflastige. Aber dennoch ist der Musik irgendetwas Undefinierbares inne, eine bestimmte atmosphärische Schwingung, die man nur selten zu Gehör bekommt.
Auf irgendwelche Songstrukturen verzichtet das Duo vollkommen, vielmehr handelt es sich hier um ein einzelnes, bis in letzte Detail ausgearbeitetes instrumentales Stück in Albumlänge. Mit schrägen, akustischen Gitarrenklängen beginnend, steigert und verdichtet sich das musikalische Geschehen unaufhaltbar bis zum absoluten Höhepunkt. Fast endlos, in Loops gespielte Gitarrenriffs verleihen dem Gehörten eine fast schon hypnotische Wirkung, die erst durch noisige Passagen und andere Brüche aufgelöst werden.
Reflector liefern den eindrucksvollen Beweis, dass es in Sachen harter Musik immer noch etwas Neues zu entdecken gibt, das es auch ohne das Zitieren und Wiederholen des Bekannten geht. „The Heritage“, ist ein Album, das herausfordert und genau aufgrund dieses Aspektes auch in höchstem Maße zu begeistern weiß. (mt)
http://www.reflector.at