Eigentlich braucht es keiner großen TV-Castingshows, um das ganz große Raptalent des Landes zu suchen. Hätte Sido mit den Blockstars bloß hinterm Berg gehalten. Österreich kann doch schon längst mit viel Größerem aufwarten; unter anderem mit mit RAF 3.0. Bis vor kurzem kannte man den Rapper noch unter dem Pseudonym RAF Camora. Doch mit der Veröffentlichung des vierten Albums folgte ein Imagewechsel, der der Beliebtheit des Exilwieners jedoch keinen Abbruch tut.
Dem in der Romandie geborene Sohn einer Französin und eines Vorarlbergers wurde die Berufung zur zukünftigen Rapperkarriere praktisch in die Wiege gelegt. Szenetypische, soziokulturelle Background-Merkmale weist er zumindest zuhauf auf: In Rudolfsheim-Fünfhaus aufgewachsen, der Bezirk der für seinen großen Migrantenanteil bekannt ist, hat sich Raphael Ragucci dort hauptsächlich seiner Muttersprache bedient und im Alter von 14 Jahren seine ersten Raps auf französisch produziert. Mit 15 Jahren riss von Zuhause aus, wobei er ein Jahr ohne Wohnmöglichkeit und ganz auf sich alleine gestellt, die Wiener Straßen unsicher machte. In dieser Zeit kam er mehr und mehr mit dem österreichischen Hip Hop-Underground in Berührung und gründete mit seinem polnischstämmigen Freund die Crew Rapatoi. In den darauffolgenden Jahren geriet RAF immer enger in den Kreis der Rapszene und erzielt erste relevante Erfolge als Mitglied der Gruppe Family Bizz, die sogar einen Vertrag mit EMI unterschrieb und auf einige Charterfolge zurückblicken konnte.
RAF strebte jedoch immer nach einem eigenen Stil, entfremdete sich kontinuierlich von seinen Musiker-Kollegen und startete letztendlich als RAF Camora eine Solokarriere. Eine, die große Wellen bis nach Deutschland schlug. So kam es auch, dass der Österreicher – gemeinsam mit seinem Landsmann Chakuza- schnell ins Umfeld von Bushidos Label ersguterjunge geriet. Im Jahre 2007 folgte daher ein Umzug nach Berlin, ohne jedoch den Kontakt zu heimischen Kollegen wie Kamp oder Nazar abzubrechen.
Mit dem Vorhaben, seine stilistische Individualität in Deutschland stärker auszubauen, ist mittlerweile eine wahrlich musikalische Metamorphose vonstatten gegangen. Zu Beginn 2011 hat der Wiener MC und Produzent sein Pseudonym ausgetauscht und nennt sich seitdem RAF 3.0. Der Mann zeigt also kein Interesse daran, auf Gedeih und Verderben seinen Markennamen zu schützen. Tatsächlich scheint das Gegenteil der Fall zu sein und so stürzt sich der Künstler auf ein komplett neues Gebiet, lässt Sprechgesang nur mehr bedingt in sein neues Produkt einfließen, näher sich dafür umso mehr einer Gesang-Struktur an. 3.0 weist Richtung Zukunft. Und diese erweckt den Eindruck, als hätte RAF 3.0 seine musikalischen Präferenzen nicht mehr alleine auf Rap beschränkt, Genauso wird auch anderen Genres eine faire Chance gegeben . Gegenwärtig vereint RAF 3.0. Southside mit Roots-Reggae und Dubstep. Ruhige und emotionsgeladene R’n’B Vokals wechseln mit energiegeladenen Dancehall-Toastigs ab und als Grundtempo sind gemütliche 75 BPM angesetzt, die jedoch – um nicht auch auf Elektronik-Effekte vergessen zu haben – mit Synthieklängen durchbrochen werden.
Seit 24. Februar steht das neue Album in den Verkaufsläden. Die Veröffentlichung auf dem Label Irievibrations Records hat dem Rapper unter anderem die Türen zum weltbekannten Reggae-Mann Sizzla geöffnet, der auf dem Song “Nicht Mit Uns” einen gelungenen Beitrag leistet. Hat RAF Camora seinen Alben inhaltlich freien Lauf gelassen, setzt RAF 3.0. nun auf ein Konzeptalbum, welches Alles rund um die Digitale Welt zum Thema hat. Fernab von allen Rap-Klischees rund um die Themen Drogen, Sex und Alkohol, wird nun auf die virtuelle Welt und deren Schattenseiten eingegangen. Alles andere als eine Schattenseite ist der Fakt, dass RAF 3.0 auf seiner Facebook- Seite mehr als 71.000 Fans verzeichnen kann. Muss wohl auch so sein, wenn man bedenkt, dass die soeben gestartete „Alles Roboter…Bevor die Welt untergeht-Tour“ durch Deutschland und Österreich zum Teil schon ausverkauft ist.
Am 23. März wird RAF 3.0. das neue Soundmaterial in seiner Heimatstadt präsentieren. Tickets für die Szene Wien sollten daher schleunigst besorgt werden! (bw)
Foto: Groove Attack